Kapitel 16

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Unruhig lief er in seinem Labor auf und ab.
Es war kurz vor sieben und inzwischen war sein Verstand natürlich schon wieder so weit abgekühlt, dass er sich überhaupt nicht mehr sicher war, ob er das Richtige tat.
Ein weiterer Versuch eines Gegenmittels war gescheitert – diesmal war die Flüssigkeit zu einer betonharten Masse verklumpt.
Aber er war auch nicht wirklich bei der Sache gewesen...
Auf was hatte er sich nur eingelassen?
Jetzt gab es kein Zurück mehr... oder doch?
Konnte er einfach in seinem Labor bleiben und so tun, als ob er über der Arbeit eingeschlafen wäre?
Oder sollte er gleich zwei von den wenigen Schlaftabletten nehmen, die er besaß?
Würde das wirklich was nützen oder das Problem einfach nur auf den nächsten Tag verschieben, wo er es dann wieder würde lösen müssen?
Vermutlich.
Was brachten seine ganzen Abschlüsse ihm nun?
Keiner von ihnen hatte ihn darauf vorbereitet, zwischen seinem rationalen Verstand und seinem so verwirrten, schwachen Herz zu entscheiden, nicht zu vergessen diesem nicht enden wollendem Kribbeln in seinem Körper, sobald seine Gedanken sich auf den Boss richteten.
Es war zum Verrückt werden!
Aber war er das nicht schon irgendwie?
Der Minutenzeiger rückte vorwärts.
Nein, er war niemand, der einen Rückzieher machte. Er hatte damit begonnen, jetzt würde er in den sauren Apfel beißen und diese Sache bis zum Ende durchstehen.
Entschlossen schlüpfte er aus seinem Mantel und den orangen Handschuhen und warf beides über eine Stuhllehne.
Ohne weiter nachzudenken stapfte er aus dem Labor, verschloss es hinter sich und vergrub die Hände in den Hosentaschen.
Sein Weg führte ihn direkt in die große Eingangshalle, wo er schlagartig stehen blieb.
Wenn er etwas in der Hand gehalten hätte, dann wäre es ihm nun vermutlich entglitten und zu Boden gefallen.
Innerhalb eines Sekundenbruchteiles hatte er sich wieder gefangen und eilte an die Seite der blonden jungen Frau, die ihm den Rücken zugewandt hatte.
„Cassandra! Was in drei Teufels Namen machst du hier?", zischte er und sie wandte sich ihm zu, ein entspanntes Grinsen im Gesicht.
„Ganz ruhig, Smarty. Dein Boss hat mich herbestellt und ich bin gekommen", entgegnete sie und er blinzelte sie ungläubig an.
Black Hat hatte was?
War er etwa dahinter gekommen?
Wollte er ihr etwas tun?
„Cass, was...."
„Er hat mir nichts getan, Smarty. Um ehrlich zu sein, bin ich gerade wieder dabei zu gehen. Hab nur noch drauf gewartet, dass du hier aufkreuzt", grinste sie und er atmete mental durch.
„Und..."
„Er wollte nur die Konkurrenz etwas durchleuchten. Anscheinend werde ich genau so viel gebucht wie Dementia", unterbrach sie ihn und er schloss den Mund wieder, schloss sie dann fest in die Arme.
„Das nächste Mal schreibst du mir und verpasst mir nicht so einen Herzinfarkt", keuchte er und sie lachte ehrlich, erwiderte die Umarmung.
„Kein Problem, Smarty. Aber du solltest mich jetzt los lassen – dein Boss sieht nicht gerade begeistert aus", flüsterte sie und langsam beendete er die Umarmung, wandte sich der Freitreppe in die oberen Etagen zu.
Black Hat stand tatsächlich am oberen Fuße der Treppe und sah mit einen schwer zu deutenden Blick zu ihnen herab.
„Ich pack's dann wieder... Einen wunderschönen Abend, Lord Black Hat. Man sieht sich, Smarty."
Mit einem letzten Handzeichen verabschiedete sich seine Schwester und verschwand dann hastig durch die Eingangstür.
Flug sah ihr noch kurz nach, schluckte und wandte sich dann seinem Boss zu. Mit schweren Schritten kämpfte er sich die Treppe hinauf.
Zu seinem großen Erstaunen reichte Black Hat ihm jedoch die Hand und nachdem Flug sie zögerlich angenommen hatte, führte er ihn durch die Gänge – jedoch vorbei an Black Hat's Büro.
Ihr Ziel war eine relativ unscheinbare Seitentür.
Flug konnte sich nicht erinnern, diese Tür schon einmal benutzt zu haben und als Black Hat sie für ihn aufhielt, wurde ihm auch klar weshalb.
Er betrat ein gewaltiges Zimmer, das als Wohn- sowie Schlafzimmer diente. Auf der einen Seite stand ein gigantisches Bett, ausgestattet mit schwarzen und roten Kissen, sowie einer warm aussehenden schwarzen Decke.
Gegenüber dem Bett flackerte ein kleines grünes Feuer in einem ungewohnt unscheinbaren Kamin, zwei Sessel standen davor, ein kleiner Tisch dazwischen.
Die deckenhohen Fenster waren mit schweren Samtvorhängen zugezogen und sorgten somit für ein schweres Dämmerlicht, dass die beiden Männer umhüllte.
„Bitte, Doktor, setz dich", meinte Black Hat ruhig und deutete zu den beiden Sesseln.
Flug atmete tief durch, nickte und ließ sich dann auf dem linken nieder. Sein Boss machte es sich auf dem anderen bequem, stützte den Kopf auf die linke Hand.
„Du kennst also Miss Smith?"
„Wir...wir haben uns öfter bei Kunden getroffen. Sie ist nur ein sporadischer Kontakt...", antwortete er verlegen und Black Hat legte den Kopf leicht schief.
„Für einen sporadischen Kontakt gehst du bei ihr sehr offen mit Umarmungen um", bemerkte er und der Wissenschaftler zuckte die Schultern.
Wenn er Cass beschützen wollte, durfte er ihr gegenüber keine Schwäche zeigen...
„Sie hat bisher auch noch nie versucht mich auf irgendeine Weise zu verletzen", entgegnete er und getroffen senkte der Dämon den Blick.
„Das tut mir leid...Was ich früher getan habe", murmelte er und Flug riss ungläubig die Augen auf.
„Sir?"
„Ich weiß nicht, warum ich so brutal zu dir war oder warum ich dich nie so ernst genommen habe, wie du es verdienst...aber ich verspreche dir, dass sich das nicht wiederholen wird."
„Bitte, versprechen Sie nichts, was Sie nicht halten können", bat Flug, schluckte.
„Warum sollte ich es nicht halten können?"
„Soll ich es Ihnen wirklich noch einmal sagen?", hielt er dagegen, erntete ein amüsiertes Lächeln.
„Mir geht es gut, Doktor. Und bitte, wir sind unter uns, du kannst das Förmliche ruhig weg lassen..."
Der Dämon wandte sich dem kleinen Tisch zu, öffnete eine dort stehende Weinflasche, goss zwei Gläser ein.
Eines reichte er Flug, ließ sich dann wieder in seinem Sessel nieder.
„Es befinden sich keine Kameras in diesem Raum, ebenso wenig andere elektrische Geräte. Du kannst die Tüte ruhig abnehmen", meinte er, nachdem er bemerkt hatte, wie der Wissenschaftler zuerst sein Glas und danach die Umgebung genau gemustert hatte.
„Auf Ihre...deine Verantwortung", korrigierte sich Flug und stellte das Glas kurz auf dem Tisch ab, zog sich zuerst Schutzbrille und danach die Tüte vom Kopf.
Froh der Wärme der Tüte entkommen zu sein fuhr er sich mit einer Hand durch die halblangen Haare, nahm mit der anderen wieder sein Glas.
„Da ist mein wundervoller Doktor", flüsterte Black Hat und hielt Flug sein Glas zum anstoßen hin.
Mit einem letzten tiefen Durchatmen folgte der Wissenschaftler der Aufforderung.
„Und jetzt erzähl mir ein wenig von dem über dich, was ich noch nicht weiß..."

Villainous -  Accidentally in LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt