Kapitel 14

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Song Empfehlung:
Glue von Bicep

Reese

Stöhnend halte ich mir den Kopf, als ich unten in der Küche sitze und ein Glas Wasser mit Aspirin schlucke. Man könnte meinen als Werwolf bekommt man keinen Kater, aber das ist die größte Lüge die existiert. Wir bekommen einen und wie wir einen bekommen.
Müde lege ich meinen Kopf auf den Arm und starre aus dem Fenster.
Ich kann mich kaum noch an was erinnern, was gestern passiert ist. Nach dem fünften Mal an der Bar, wird alles so verschwommen, bis alles komplett schwarz ist. Ich weiß nicht mal, wie ich in mein Bett gekommen bin. Heute Morgen bin ich nur in meiner Schlafanzughose aufgewacht. Wahrscheinlich hat mich Jake ins Bett gebracht, aber wann und wie ist total weg.
„Hey...", kommt es leise hinter mir. Langsam drehe ich mich um und sehe in das blasse Gesicht von Jake.
„Morgen.", murmele ich und lasse meinen Kopf wieder auf den Tisch fallen. Ich höre wie Jake sich einen Kaffee kocht und sich mir gegenüber setzt.
„Kater?", fragt er mich leise in die Tasse. „Hm.", murre ich. „Sag mal, hast du mich ins Bett gebracht?", neugierig schaue auf. „Ja... weißt du das nicht mehr?", er nimmt ein paar Schlücke seines schwarzen Kaffees. „Nein...", seufze ich. „Ich kann mich an nichts mehr erinnern. Nach dem zehnten Schnaps ist alles weg.", seufze ich. Laut hustend spuck Jake seinen Kaffee aus.
„Bäh!! Jake!", angewidert wische ich den Kaffe aus meinem Gesicht. „Was soll denn das?"
Mit großen Augen sieht er mich an.
„Du... Du kannst dich an nichts erinnern?", krächzt er. „Ja... habe ich doch gesagt. Wieso? Ist irgendwas passiert??", sofort reiße ich meine Augen auf.
„Äh... nein, nichts ist passiert. Alles gut.", nervös kratzt er sich am Nacken. „Ich äh... ich geh mich mal fertig machen. Du weißt schon... Ritual und so.", murmelt er und begibt sich wieder nach oben.
Verwirrt sehe ich ihm hinterher, er verhält sich merkwürdig. Naja, vielleicht ist er nervös wegen heute Abend.
Schulterzuckend lege ich meinen Kopf wieder auf den Arm.

~

Den gesamten Tag habe ich im Bett verbracht. Nach einer ausführlichen Dusche fühle ich mich schon viel besser. Ich ziehe mir kurze graue Shorts an und darüber eine graue Strickjacke. Am Ende des Rituals müssen wir uns alle verwandeln, was bedeutet, dass wir wenige Klamotten anziehen müssen. Nervös steige ich in ein paar weiße Sneaker und laufe nach unten, wo Jake schon auf mich wartet.
Er trägt nur schwarze Shorts und seine schwarzen Adidas.
„Bist du soweit?", fragt er mich. Nickend stelle ich mich neben ihn. Ein leichtes Beben geht durch meinen Körper.
Die Angst, die ich gerade spüre, kann man nicht ansatzweise in Worte fassen.
„Hey... ganz ruhig.", flüstert Jake und legt beruhigend seine Hände auf meine Schultern. „Es wird doch alles gut gehen, oder?", meine Stimme zittert leicht. „Komm her.", Jake schlingt seine Arme um meinen bebenden Körper und streicht mir über den Rücken. Er setzt einen kleinen Kuss auf meine Schläfe und löst sich wieder von mir.
„Es wird schon alles gut gehen, Kleiner! Versprochen.", nickend sehe ich durch die offene Haustür zu seinem Pick-up. Wir beide gehen auf das Auto zu und setzen uns rein. Nervös knete ich meine Hände, ehe Jake seine Hand auf meine legt.
Tief atme ich durch. Er wird das packen! Ja, er muss!

Als wir am Haupthaus ankommen, stehen schon eine Menge Leute da. „Reese, bevor wir aussteigen...", fängt er an. Fragend schaue ich zu ihm. „Es wird sich nie etwas zwischen uns ändern, klar? Ich werde immer bei dir bleiben. Egal ob du auf's Collage gehst oder ich eine... eine Familie gründe. Du wirst immer das Wichtigste für mich bleiben, bitte vergiss das nie.", murmelt er und sieht mich durchdringend an. Überrumpelt sehe ich zu ihm und nicke, ehe wir aussteigen.
Die Leute sind nervös, aber auch so unglaublich erleichtert bald einen neuen Alpha zu haben. Sie verehren Jake, das haben sie schon immer. Selbst in der Schule war er ein Anführer. Sie lieben ihn, doch nicht ansatzweise so sehr wie ich ihn liebe.
Wir laufen in den Wald rein, wo sich eine kleine Lichtung erstreckt. Viele Menschen haben sich in den buntesten Farben versammelt. Das Gras unter unseren Füßen scheint heute noch viel saftiger und stechender als jäh zu vor. Der Wind ist in Aufruhr. Kräftig weht er durch die Baumkronen und lässt die kleinen Glocken erklingen, die die Ältesten hineingehängt haben. Wir alle hören die Tiere, wie sie ihren neuen Anführer, über diese Wälder erwarten. Ich laufe schräg hinter Jake, der schnurr stracks zum Altar läuft, auf dem es passieren wird.
Meine Augen mustern die vielen Leute um uns in den bunten Klamotten. Sie singen das Lied über unsere Vorfahren und den ersten Werwolf, der existiert hat. Überall auf meinem Körper breitet sich eine Gänsehaut aus. Mein Magen fühlt sich wie beflügelt an, von der Atmosphäre hier. Es ist wie in einer anderen Welt, fern von jetwilliger Zivilisation. Jeder aus dem Rudel ist hier und erwartet den neuen Alpha.
Selbst Jace und seine widerwärtigen Freunde sind hier. Doch ihr Blick richtet sich nur auf meinen Bruder, der so unglaublich mächtig in diesen Moment aussieht. Er bleibt vor dem Altar stehen, so wie ich ein Stück hinter ihm. Eine alte Frau, schon sehr faltig, aber unglaublich weise, stellt sich vor ihm hin und malt ihm mit weiteren anderen jungen Frauen, kleine Runen über seinen Oberkörper. Die Farbe ist aus irgendeiner orangenen Blume gemacht wurden, die ihm Kraft geben soll. Die ältere Frau murmelt irgendetwas in einer längst vergessenen Sprache. Sie ist mächtig und schon Jahrhunderte alt. Normalerweise bekommt man sie nie zu Gesicht, aber an so einem besonderen Tag wie heute, dient sie als Brücke für Jake zu unseren Vorfahren. Der Gesang hinter uns wird immer lauter und einnehmender. Zerstörerisch wütet der Wind durch die unzähligen Bäume, doch scheint er uns nie zu erreichen. Unter meinen Schuhen fühlt es sich an, als würde der Boden beben. Als sie die vielen Runen auf Jakes muskulösen Körper gemalt haben, gibt die ältere Dame ihm eine Phiole, in der eine Lösung von Wolfswurz enthalten ist. Sie wird Jake nicht töten, aber ihn schwächen. Ohne zu zögern schluckt er es und schließt schmerzerfüllt seine Augen, doch sofort schaut er wieder ausdruckslos nach oben. Es muss höllisch brennen. Plötzlich stoppen die Gesänge und nur der Wind und die Glöckchen in den Bäumen sind zu hören. Die alte Frau sagt irgendwas laut in den Himmel und malt nun mit einer blauen Farbe über seine Stirn, die ihm ins Reich der Toten bringen soll, aber hoffentlich auch wieder zurück. Nur so kommt er zu unseren Vorfahren. Leicht zitternd gehe ich nun ein Stück nach vorne.
Aufmunternd lächelt mich die alte Dame an und überrascht sehe ich zu ihr. Ich habe sie noch nie lächeln sehen. Sie reicht mir einen in Akonit getränkten Dolch. Er ist wirklich schön, mit seinen silbernen und goldenen Verzierungen. Um seinen Griff ist ein ledernes Band gebunden, was ich nun umgreife. Ehrwürdig hebe ich ihn hoch und sehe unsicher zu Jake, der sich nun zu mir dreht. Viele ziehen scharf die Luft ein, da sie wahrscheinlich damit gerechnet haben, dass die Aufgabe Jakes besten und langjährigen Freund Henry gebührt. Man muss eigentlich darin geübt sein und auch sehr kräftig.
Bis heute verstehe ich nicht, warum Jake mich dafür wollte. Es hätte mich nicht verletzt, wenn er Henry erwählt hätte. Doch nun stehe ich hier, mit einem Dolch in der Hand und vor mir mein Bruder. Wir sehen uns in die Augen, und langsam setze ich den Dolch an seine warme Haut. „Es ist okay.", murmelt Jake, als er meinen verunsicherten Blick auf den Dolch bemerkt. Kleine Tränen bilden sich in meinen Augen.
Ich kann das nicht! Ich kann das nicht! Verdammt nochmal er ist mein Bruder! Ihn zu erdolchen steht nun wirklich nicht auf meiner ToDo-Liste. Schwer schlucke ich den Klos in meinem Hals hinunter und schließe meine Augen, ehe ich mit einem Mal den Dolch tief in ihn versenke. Er zuckt kurz zusammen, doch lässt er keinen Ton über seine Lippen kommen. Jake ist einfach zu stolz um zu offenbaren, wie schmerzhaft es sein muss.
Er lehnt seine Stirn an meine und zusammen sinken wir auf die Knie.
Gott, bitte lass ihn das überstehen.
amo te tam multo.", flüstert er und bricht in sich zusammen.
Was jetzt passiert liegt ganz bei ihm. Schnell kommen seine besten Freunde zu uns, die ihn auf den großen Altar heben, über dem sich sein Blut verteilt. Langsam zieht Henry den Dolch aus seiner Brust. Zitternd und nahe an einem Zusammenbruch gehen wir zu den anderen und knien uns auf den Boden, ehe wir das Lied wieder anstimmen und hoffen, dass er wieder zu uns zurück findet.
Jake, bitte...

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