Kapitel 4

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Jake

Eine ungewohnte Hitze umgibt mich, die mich aus dem wohltuenden Schlaf reißt. Blinzelnd versuche ich gegen die Helligkeit im Zimmer anzukommen. Plötzlich entdecke ich einen Wuschelkopf auf mir liegen. Schmunzelnd beobachte ich Reese, wie er total verdreht in der Decke liegt, mit leicht geöffnetem Mund auf meiner Brust schläft und leise schnarcht. Sachte streiche ich ihm durch die Haare, was ihm zu gefallen scheint, denn er streckt sich meiner Hand entgegen. Sein weicher wohliger Duft steigt mir in der Nase. Ich könnte nicht mal beschreiben, nach was er überhaupt riecht. Schon seit er ein Baby war riecht er so, der Duft verzaubert und lässt einen sofort nach mehr verlangen. Deswegen gebe ich mich dem hin und vergrabe meine Nase in seinem Haar.
Seufzend lehne ich mich wieder zurück und schaue auf die Uhr auf seinem Nachttisch. In 20 Minuten, würde der Wecker klingeln. Genervt verdrehe ich die Augen, gestern war anstrengend und die Omegas, die in unser Reservat kamen wollten Unruhe stiften. Es wird Zeit, dass ich Alpha werde, damit sowas nicht ständig vorkommt. Widerwillig versuche ich unter Reese hervor zu kommen. Um ehrlich zu sein will ich uns dieses unangenehme erwachen ersparen, denn auch, wenn es mich nicht stört, spüre ich sein morgendliches Problem gegen meinen Oberschenkel drücken und so, wie ich Reese kenne, wird es ihm extrem unangenehm sein.
Also schiebe ich ihn schweren Herzens sachte von mir. Schnell stehe ich vom Bett auf und sehe, wie sich Reese zusammenrollt und in die Decke kuschelt.
Entzückt nehme ich mein Handy vom Nachttisch, was ich gestern dort hingelegt habe und schieße ein Bild von ihm. Schmunzelnd gehe ich ins Bad und stelle mich unter die Dusche.

Als ich fast fertig bin, höre ich Reese's Wecker klingeln. Lächelnd verlasse ich das Bad und sehe wie ein verschlafener Reese mit einem Star Wars Schlafanzug in der Zimmertür steht. Müde reibt er sich über die Augen. „Morgen", murmelt er. „Guten Morgen, Schlafmütze.", gebe ich belustigt von mir. Langsam schlurft er ins Bad.
Kopfschüttelnd gehe ich nach unten und mache mir ein Kaffee und Reese einen Tee. Fix mache ich noch sein Frühstück für die Schule und lese meine Nachrichten und E-Mails auf meinem Handy. Seufzend über die Menge, setze ich mich hin und schlürfe an meinem Kaffee.
Ich höre wie jemand die Treppen herunterkommt, nach seiner Teetasse greift und sich mir gegenübersetzt. Reese hat sich einen roten Kapuzenpullover angezogen und eine zerrissene blaue Jeans. Seine Locken liegen wild auf seinem Kopf. „Soll ich dich in die Schule fahren?", frage ich und hoffe insgeheim er sagt ja. „Nein, musst du nicht. Ich fahr mit Willow Bus.", erklärt er. Ich mag Willow nicht. Nicht, weil sie ein Mensch ist, das auf keinen Fall, es hat andere Gründe...
„Okay.", sage ich. „Wann kommst du heute nach Hause?", fragt mich Reese. „Nicht sehr spät wahrscheinlich schon so 16 Uhr." Nickend trinkt er seinen Tee aus. Ich kann riechen, wie sehr er sich über die Tatsache freut. Hätte er auch nur eine halb so gute Nase, wie ich, dann hätte ich schon oft in Schwierigkeiten gesteckt. Ich bin zwar extrem gut im Verbergen, aber gegenüber ihm schaffe ich es einfach nicht. Als unsere Tassen leer sind schnappe ich mir meine Autoschlüssel und Reese seinen Rucksack. Vor der Tür strubble ich ihm über den Kopf. „Bis heute Nachmittag, Kleiner.", verabschiede ich ihn. „Bis dann, Jake.", sagt er und läuft die Straße runter, Richtung Haltestelle. Entspannt steige ich in meinen Pick-Up und fahre zu unserem Haupthaus. Dort treffen sich immer die wichtigsten Rudelmitglieder. Das Rudel ist groß, jeder Werwolf in der Stadt gehört dazu. Das bedeutet auch viel Verantwortung, doch ich mache mir darum keine Sorgen. Mein Vater hat mir schon früh beigebracht ein Anführer zu sein. Ich parke zwischen den ganzen anderen Autos und schaue zu dem hölzernen großen zweistöckigen Haus.
Oben auf der Terrasse erkenne ich Henry, meinen besten Freund eine rauchen. Kopfschüttelnd steige ich aus dem Auto. „Ich dachte du wolltest aufhören?", rufe ich ihm grinsend zu. Ertappt drückt er die Zigarette schnell aus. „Ich weiß nicht von was du sprichst...", grinst er. Lessig springt er von der Terrasse runter und drückt mich kumpelhaft. Werwolf zu sein hat seine Vorteile. „Was geht Alter? Alles klar bei euch zu Hause?", fragt er mich, während wir auf das Haus zu gehen. „Es gab einen weiteren Vorfall...", erzähle ich ihm seufzend. „Ernsthaft?!", fragt er überrascht. „Ja und er will mir einfach nicht erzählen, wer ihm das antut. Er denkt ich weiß nur von den dreien, doch ich bekomme es immer mit, kann hören wie sein Körper heilt."
Plötzlich spüre ich wieder diese geballte Wut über mich einbrechen. Er ist mein ein und alles und, wenn ich die erwische, die ihm das antuen, dann gnade ihnen Gott. „Wow, Alter, beruhig dich, du verwandelst dich!", versucht mich Henry zu beruhigen. Tief atme ich ein und aus und denke an meinen Anker. „Wir werden diese Wichser finden und dann bekommen sie das, was sie verdienen."
Henry hat Recht, sich jetzt aufzuregen bringt nichts. „Ich verstehe nur nicht, warum sie so etwas tun. Jeder weiß, dass er mein Bruder ist und damit wissen sie auch der Gefahr deren sie ausgesetzt sind, wenn ich rausfinde, wer sie sind. Sie müssen irgendwas gegen ihn in der Hand haben, sonst könnte ich mir nicht erklären, warum er schweigt.", überlege ich laut.
„Uh... Ihr habt Geheimnisse untereinander. Das hätte ich niemals gedacht. Ich dachte ihr seid immer wie Zwillinge und wisst alles übereinander.", kichert er.
„Wir sind keine Zwillinge!", knurre ich ihn an, denn es stört mich, wenn er sowas sagt. „Jeder Mensch hat Geheimnisse...", sage ich und betrete endlich das Haus.
Ein lautes Stimmengewirr schlägt mir entgegen.
Als sie mich sehen, stürzen sie sofort auf mich zu. „Jacob! Wir müssen etwas dagegen unternehmen!", kommt Alan auf mich zu. Unbemerkt zucke ich zusammen, als er mich Jacob nennt. So hat mich nur meine Mutter genannt. Er ist einer der Ältesten hier und war schon immer gut mit unserer Familie befreundet. „Ich habe mich darum gekümmert.", sage ich und schaue Henry vielsagend an. „Wie?" „Das ist unwichtig, wichtig ist, dass sie uns so schnell nicht belästigen werden.", erzähle ich allen. Es würde ihnen nicht unbedingt gefallen, wenn sie wüssten, wie ich die Dinge geklärt habe. Hauptsache der Wald ist jetzt erstmal sicher. Ich dränge mich durch die kleine Ansammlung von Menschen und gehe auf die große Tischplatte zu. Selbstbewusst stemme ich mich mit meinen Armen auf dem Tisch ab und schaue in die vielen Gesichter. „Gibt es noch etwas Wichtiges zu klären?", frage ich in die Runde.
Mr. Andrews tritt hervor. „Ja, ich hätte da noch ein persönliches Anliegen. Vor drei Tagen, wurde einer meiner Seitenspiegel zerstört.", teilt er mir mit. Wenig interessiert hebe ich die Augenbraue. „Was hat das mit mir zu tun, Mr. Andrews?", frage ich ihn neutral. „Es war ihr Bruder." Plötzlich halten alle ihren Atem an. „Wie bitte?", frage ich zwischen zusammengepressten Zähnen. Mein Blut kommt in Wallung, mein Herz fängt an stetig und kräftig gegen meinen Brustkorb zu schlage. Mein kompletter Körper ist bereit meinen Bruder zu beschützen, wenn auch nur verbal. Viele machen einen Schritt zurück, wollen mich auf gar keinen Fall provozieren, denn was meinen Bruder angeht, verstehe ich keinen Spaß. „Er hat am Freitagabend einen meiner Seitenspiegel abgeschlagen, ich habe sogar einen Videobeweis.", er reicht mir den Stick.
Angepisst ziehe ich das offenstehende MacBook auf dem Tisch zu mir und schließe den Stick an. Sofort beginnt ein Video von einer Überwachungskamera zu laufen. Ein paar Sekunden sieht man nichts außer das Auto am Straßenrand. Doch dann sehe ich, wie Reese nach hinten fällt und den Seitenspiegel erwischt. Er sieht stark mitgenommen aus. Nur zu gut erinnere ich mich, wie ich ihn am Freitag aufgefunden habe. Würde ich seinen Duft nicht meilenweit gegen den Wind riechen können, hätte ich ihn niemals so schnell gefunden. Ich sehe, wie Reese versucht aufzustehen. Ruckartig klappt Mr. Andrews den Mac zu, verwirrt sehe ich ihn an. „Sehen Sie, er war es! Ich möchte dafür eine Entschädigung!" „Lassen Sie mich das Video zu Ende sehen.", sage ich bestimmt und will den Mac wieder aufklappen, doch wieder schließt ihn Mr. Andrews. „Das Video ist vorbei, es passiert nichts weltbewegendes mehr." Auffordernd sehe ich Henry an, der so gleich Mr. Andrews am Arm packt und damit ungestört das Video weitersehen kann. Ich sehe wie Reese auf dem Boden kniet und irgendwas sagt, was mir verdächtig nach ‚Bitte' aussieht. Dazu noch sein flehender Gesichtsausdruck. Überraschenderweise taucht eine weitere Person im Bild auf, die Reese am Kragen seines grauen Hoodies packt. Er hebt ihn hoch und lacht ihn aus. Ich sehe ihn irgendwas sagen, doch nicht zu Reese, sondern zu weiteren Personen, die außerhalb des Bildes stehen. Der Kerl schmeißt ihn wieder auf den Boden, tritt ihm nochmal in den Bauch und packt ihn dann wieder am Kragen, ehe sie aus dem Bild verschwinden und dann passiert nichts mehr. Leise schließe ich den Mac und schaue auf den Tisch. „Erklären Sie mir das.", fordere ich ihn ruhig, aber bestimmt auf. „Was soll man da erklären, ihr Bruder randaliert!", beschimpft er nun auch noch das Wichtigste in meinem Leben. Was für ein dummer, dummer Mann. „Wenn mich nicht alles täuscht, war der andere Kerl ihr Sohn, richtig?", frage ich ihn und schaue nun in seine blauen Augen. Stumm nickt er. „Können Sie mir dann erklären, wieso der Fuß ihres Sohnes auf den Bauch meines Bruders ein tritt?", nun baue mich vor ihm auf.
„Es war Notwehr.", erklärt er. Er riecht nur so nach Lüge. „Sie hören mir jetzt genau zu! Sie werden jetzt in die Schule fahren, bringen ihren Sohn auf der Stelle hier her und ich werde über Ihre dreiste Lüge hinwegsehen. Denn einen Hale, lügt man nicht an." Eingeschüchtert nickt er und geht schnellen Schrittes auf die Tür zu. „Henry, pass auf, dass er seinen Sohn auch wirklich hierherbringt.", ordne ich an.
Wer meinem Bruder etwas antut, wird es bereuen!

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