Kapitel 6 (überarbeitet)

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Ich liebte unser kleines Haus. Es war unscheinbar und wie es in London üblich war, sah es aus wie jedes andere Haus in unserer Straße. Mom hatte das ganze Haus magisch vergrößert und liebevoll eingerichtet. An der Wand im Flur hingen Bilder von meiner Schwester Mira, Dad und mir. Es waren uralte Bilder, doch jedes Mal, schaute ich sie mir erneut an und musste sofort lächeln. 

Wir waren immer eine glückliche Familie gewesen, bis Dad starb. Es ist nicht so, dass wir nun nicht mehr glücklich waren, doch es war anders. Mom war nicht mehr so fröhlich und auch auf uns lastete der Tod noch schwer. Dad war ein Muggel gewesen und ich hatte ihn immer Lachen sehen. Selbst als der Krebs ihn zerfraß lag auf seinem Gesicht immer ein Lächeln und in seinen Augen ein Strahlen. In meinem Hals bildete sich ein dicker Kloß. 

„Er fehlt mir auch so sehr.", flüsterte Mom und legte den Arm um mich. Ich drückte sie an mich und küsste ihr auf den Kopf. 

„Ich weiß Mom. Ich packe mal meine Sachen aus.", sagte ich liebevoll, nahm meinen Koffer und ging die Treppe nach oben in mein Zimmer. Dort angekommen, warf ich ihn auf mein großes Bett und räumte meine Kleider in den Schrank. Dann zog ich mir etwas Bequemes an und begab mich nach unten in die offene Wohnküche. Mom kochte gerade Tee und lächelte mich an.

„Möchtest du auch eine Tasse?", fragte sie und ich nickte. Ich setzte mich an die Theke und sie reichte sie mir. 

„Kannst du mir bitte sagen, was es mit diesem Blicke austauschen mit Tiana auf sich hat?", fragte ich sie und pustete den Tee. 

„Das hast du gesehen?", erwiderte sie unruhig. 

„Wie hätte ich das übersehen sollen? Es war ja nicht gerade unauffällig. Also sag bitte was los ist.", hackte ich nach. Sie lehnte sich gegen die Küchenzeile, schloss ihre Augen und atmete tief durch. 

„Ich wollte es euch eigentlich schon viel früher erzählen, doch irgendwie hat sich nie die Gelegenheit ergeben.", begann sie und starrte in ihre Tasse, „Ich habe eine Herzkrankheit. Eine Fehlfunktion des Herzens, es schlägt nicht gleichmäßig und somit bin ich allgemein etwas eingeschränkt." 

„Ist das der Grund, wieso du immer so schnell aus der Puste bist?", fragte ich sie. 

„Ja genau, das hängt damit zusammen, aber ich komme damit klar, Liebling. Eigentlich habe ich es ja schon mein ganzes Leben, doch man hat es bisher nicht entdeckt.", sagte sie und lächelte mich an.

„Oh Mom.", flüsterte ich und streichelte ihre Hand, „Du hättest uns doch erzählen können. Was dachtest du, wie wir reagieren?" 

„Ich weiß nicht, irgendwie hatte ich Angst, dass ihr euch zu große Sorgen macht. Manchmal vergesse ich, wie erwachsen ihr seid.", antwortete sie und lächelte mich liebevoll an. Sie strich mir sanft eine Haarsträhne hinters Ohr. 

„Ach Mom, du brauchst dir doch keine Sorgen um uns machen. Mira und ich schaffen das schon.", sagte ich liebevoll.

„Ich weiß. Ihr seid meine zwei tapferen Mädchen.", erwiderte sie.

„Hallöööchen!", rief Emily, die plötzlich mitten im Zimmer stand. Sie setzte sich zu mir und grinste uns an. 

„Na dann kocht ihr mal schön, aber setzt bitte nicht meine Küche in Brand.", sagte Mom lachend und stellte ihre Tasse in die Spüle, „Ich werde jetzt mal nach oben gehen und mich ein bisschen in die Wanne legen. Viel Spaß euch zwei." 

„Du hast aber ein großes Vertrauen in uns.", erwiderte Emily voller Sarkasmus und schaute sie beleidigt an. Mom lachte, stupste ihre Nase und ging die Treppe nach oben ins Bad. 

„Nun gut, dann lass uns kochen, sonst werden wir nie rechtzeitig fertig.", sagte Emily und grinste mich an. Wir zauberten einen Braten mit Kartoffeln und zum Nachtisch einen Kürbiskuchen. Gerade als wir den Tisch fertig gedeckt hatten, klingelte es. 

Teil 1: Zwei Seelen.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt