N E U N U N D Z W A N Z I G

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»Wissen deine Eltern mittlerweile das ihr zusammen seit?« neugierig schaute ich dabei zu wie Aurora an Marias Nägeln feilte. Mit einem Blick zur Küche, in der Chiara sich immer noch die Seele aus dem Leib kochte, seufzte sie niedergeschlagen.  »Nein, immer noch nicht. Luca weiß es inzwischen, aber nur weil er uns erwischt hat. Ihm sind fast die Augen ausgefallen, aber er sich sogar gefreut und beglückwünschst mit den Worten 'Meine Schwester hätte jemand schlimmeren kriegen können, wenigstens einer aus der Familie'.« Sie verdrehte die Augen als sie Luca zitierte. Ich musste grinsen, sowas kann nur von Luca kommen. Wenigstens hat er es entspannt aufgenommen. »Aber warum erzählst du es ihnen denn nicht? Denkst du sie haben was dagegen?« Maria die die ganze Zeit noch nichts gesagt hatte, sah Aurora nun verständnislos an.  »Ich weiß auch nicht. Einerseits hat es sich nicht ergeben und andererseits habe ich Angst vor ihrer Reaktion, irgendwie..« Sie verstummte, denn Chiara betrat den Raum mit einem Blech.  »Ach meine Süßen ich habe ein paar paninis gemacht, nehmt euch welche wenn ihr mögt.« Sie hob und das Blech hin und wir, also Aurora und ich da Marias Nägel noch nicht trocken waren, griffen zu.  »Ich leg dir auch zwei hin, ja?« Chiara fragte Maria die sofort nickte. »Danke Mamma.« Chiara gab Aurora einen Kuss auf die Wange und verschwand wieder.

»Irgendwie habe ich gar keinen Hunger« gab ich lustlos von mir. »Ellie, wann hast du das letzte Mal was richtiges gegessen?« besorgt schaute Aurora mich an.  »Heute gab es Kartoffelbrei, ich habe die Hälfte gegessen.«  »Ich möchte dir nicht zu Nahe treten Ellie. Aber haben du Rafael eine besondere Beziehung?«  »Was meinst du damit?« Ich verstand nicht was Maria mir damit sagen wollte.  »Ich dachte das ihr naja, ein Paar wärt?Zumindest verhaltet ihr euch so.« Perplex sah ich sie an. »Nein wir sind nicht zusammen, wie kommst du darauf?« Verhielten wir uns wirklich wie ein Paar? Ich versuchte in meinem Kopf die letzten Wochen und Tage durchzugehen an denen Rafael und ich etwas unternommen haben. Meisten sahen wir uns einen Film an oder gingen Essen. Oder mussten zu irgendwelchen Terminen die uns Angelo aufgetragen hatte. Aber wir verhielten uns eigentlich normal. Wie Freunde eben. Außer die Sache mit dem Kuss, aber da waren wir alleine und die Sache war eigentlich auch schon vergessen. »Naja, wir machen uns alle Sorgen um ihn, weil er Verschwunden ist, aber dir geht es offensichtlich wirklich naja und weil man bei euren Blicken, spürt und sieht das da etwas zwischen euch ist. Du kannst mir nicht sagen das es dir nicht aufgefallen ist wie er dich ansieht.« Völlig überrascht von ihrer Aussage ließ ich mich auf meinem Stuhl zurückfallen.  »Ich schwöre dir das zwischen uns überhaupt nichts läuft. Ich mache mir einfach Sorgen, vielleicht mehr als üblich aber so bin ich eben. Wir sind einfach nur Freunde, was auch schon ein Wunder ist. Frag Aurora, am Anfang haben wir uns gehasst.«  »Das stimmt, am Anfang. Nach drei Wochen waren sie plötzlich Freunde und seit dem unzertrennlich, wie mir gerade auffällt. Maria hat schon recht, ihr beide hab schon eine gewisse Anziehung zueinander. Und nur weil ihr es noch nicht realisiert habt, heißt das nicht das da nicht schon was im Gange ist.« Verblüfft hielt ich inne.

Sahen wir für die anderen tatsächlich aus wie ein Paar? Ich habe schon oft gesagt das ich ihn attraktiv finde, seine blauen Augen in Kombination mit den schwarzen Haaren sieht umwerfenden aus und auch sein Körper den ich schon einmal ausgezogen betrachtet habe, ist alles andere als hässlich. Und auch wenn man ihn besser kennen lernt ist merkt man wirklich was für ein toller Mensch er ist und dass er einen wundervollen Charakter hat, aber sind das die Gefühle von denen man spricht wenn man verliebt ist oder sich dabei ist zu verlieben?  »Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung. Noch nie in meinem Leben war ich verliebt und nur weil ich finde das Rafael gut aussieht und einen tollen Charakter hat, ist das ist aber nicht gleich Liebe. Oder verstehe ich da was falsch?« Aurora nickt. »Du hast schon recht, das ist nicht gleich Liebe aber nur Freundschaftliche Gefühle empfindest du auch nicht mehr, du hast gerade förmlich gestrahlt als du von seinem 'tollen Charakter und dem guten Aussehen' geschwärmt hast .« Ups.  »Ja kann sein, das ich vielleicht ein bisschen mehr für ihn übrig habe.« beschämt sah ich zu Boden.  »Aber ich bin nicht verliebt.« stellte ich klar und sah beide eindringlich an, was sie zum Lachen brachte.  »Ja schon gut, aber ist doch süß. Dann hätten wir noch ein Pärchen hier. Maria und Luca, Teresa und Michele, Giuseppe und ich und dann ihr zwei. Also ich finde das toll.« begeistert klatschen Aurora in die Hände.  »Ja freu dich nicht zu früh. Ich finde ich gut, ja aber das heißt ja nicht das er in mir auch mehr wie eine Freundin sieht.«  »Doch natürlich, er sieht dich als seine Freundin.« Ich boxte Aurora gegen den Arm.  »Was redest du da? Mach deine Arbeit und sei Still, Sklave. Ich will jetzt auch hübsche Nägel.« Maria und Ich tauschten die Plätze und nun war ich dran mit aufhübschen.

Am nächsten Morgen wachte ich mit Nackenschmerzen auf. Ich musste schmerzhaft feststellen, dass ich auf der Couch eingeschlafen war. Rechts und links von mir lagen Aurora und Maria. Wir haben uns gestern noch einen Film angesehen und haben es wohl alle nicht mehr ins Bett geschafft. Ich streckte mich erstmal, bevor ich dann aufstand um in die Küche zugehen. Es war noch niemand wach, ob Teresa, Michele und Giuseppe schon zurück waren wusste ich nicht, geschweige denn von Rafael. Heute war Freitag und mit einem Blick auf die Uhr entschied ich heute einfach nicht in die Schule zu gehen. Der Unterricht hatte vor 20 Minuten begonnen und ich brauchte alleine zwei Stunden um mich fertig zu machen und dort anzukommen. Da ich aber auch nicht entspannen konnte entschied ich einfach meine Zeit sinnvoll zu nutzen. Jetzt würde ich erstmal aufräumen. Das Wohnzimmer sah von unserem Filmabend nicht gerade ordentlich. Ich räumte gerade den Tisch ab, als mein Handy aufblinkte.

Sind in zehn Minuten da. Leider nichts gefunden. - Teresa

Toll, die Suche geht weiter. Wenigstens weiß ich jetzt wo die drei sind. Aber wegen Rafael mache ich mir immer noch Sorgen. Luca kam die Treppe herunter und rieb sich die Augen. »Guten Morgen, musst du nicht zur Schule?«  »Nein, wie du siehst haben wir gestern ein wenig überzogen und es würde sich von der Zeit nicht mehr lohnen. Mein Unterricht begann vor 30 Minuten. Deswegen räume ich jetzt auf.« Ich stand auf und brachte die restlichen Gläser in die Küche. In dem Moment betraten die drei Musketiere den Raum. Sie begrüßten mich mit einer Umarmung und griffen sich direkt etwas zu essen aus dem Kühlschrank, auch Luca stieß dazu.  »Wie viel hat meine Mutter den bitte gemacht? Damit könnten wir eine ganze Fußballmannschaft ernähren.« Dann musterte er Teresa, Michele und Giuseppe von oben bis unten.  »Sag mal, wart ihr draußen?«  »Hast du es denn nicht mitbekommen? Wir waren die ganze Nacht unterwegs in Hurricane und haben Rafael gesucht. Leider ohne Erfolg.« Luca machte große Augen.  »Nein ich wusste das nicht. Hättet ihr bescheid gesagt wäre ich mitgekommen.« Ich nahm mir auch etwas zu Essen und gemeinsam frühstückten wir in der Küche um die beiden schlafenden auf der Couch nicht zu wecken.

Mit ein wenig Boxen versuchte ich mich abzulenken. Seit der Streit mit Francesco war, den ich übrigens seit dem auch nicht mehr gesehen habe, trainiere ich kaum noch. Aber heute brauche ich das. Es ist seltsam meine Zeit nicht mit Rafael zu verbringen, obwohl es nur zwei Tage sind. Aber zwei Tage zu viel, ohne zu wissen wo er ist. Ich habe ich so an ihn gewöhnt, das er ein fester Bestandteil meines Tages ist und jetzt fühle ich mich irgendwie allein. Klar habe ich noch die anderen und ich fühle mich auch nicht wirklich alleine, aber habe besonders die letzte Woche hauptsächlich mit Rafael verbracht und das hat Spuren hinterlassen. Ehrlich gesagt vermisste ich ihn. Seine ruhige Art, so ruhig wie sie für einen Italiener nunmal sein kann, die auf einen abfärbt und seine Fürsorge wenn ich schlecht gelaunt bin, welche mich eigentlich nervt aber die ich jetzt gerne zu spüren bekommen würde.
Vielleicht empfinde ich tatsächlich mehr für ihn als nur Freundschaft. Ich habe es zwar gestern vor Aurora zugegeben, aber nur damit sie mich in Ruhe lässt. Und jetzt gebe ich es eben vor mir selbst zu. Ich mag ihn wirklich, ob es Liebe ist kann ich aber nicht beurteilen.

Erschöpft und frisch geduscht, zum Glück haben wir unten auch eine Dusche, ging ich die Treppe hoch. Vielleicht gab es ein paar Neuigkeiten, der Detektiv von Angelo hat sich zumindest noch nicht gemeldet. Mit meiner Wasserflasche in der Hand und mit gesenktem Kopf lief ich Stufe für Stufe hoch ins Wohnzimmer und hörte bereits wie die Wohnungtür aufging, vielleicht kam Chiara von ihren Einkäufen nach Hause. Die Vorräte nahc ihrer gestrigen Kochwut waren nämlich restlos aufgebraucht.

Doch als ich im Wohnzimmer ankam und zur Tür schaute, traute ich meinen Augen nicht. Vor schreck ließ ich meine Flasche fallen und starrte ihn an. Rafael stand dort, nach zwei Tagen Ungewissheit, mit einem müden Blick und einer Bandage am Kopf, aber lebend. Ohne zu zögern rannte ich auf ihn zu und schlang meine Arme um ihn.

Rafael lebt.

P R O M I S E SWo Geschichten leben. Entdecke jetzt