Z W E I U N D D R E I ẞ I G

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Zwar bin ich Aurora den restlichen Abend aus dem Weg gegangen und ich habe sie nur noch kurz verabschiedeten, doch auch eine andere Person war den restlichen Abend nicht mehr zu sehen. Rafael ist nicht zuhause gewesen als wir losgefahren sind und ehrlich gesagt störte es mich ein wenig. Das würde ich nicht offen zugeben, denn für Aurora wäre das wieder ein gefundenes Fressen. Ich bin nicht in ihn verliebt, aber es darf mich trotzdem stören wenn ein guter Freund nicht kommt um einen zu verabschieden.

Im Flieger konnte ich es nicht mehr abwarten. Noch eine halbe Stunde, dann würden wir landen. Ehrlich gesagt bin ich etwas aufgeregt. Ich bin noch nicht lange ein Teil dieser Familie und dementsprechend war ich auch noch nie bei so einem Treffen dabei, geschweige denn habe ich andere Leute aus unseren Kreisen kennengelernt, die uns auch wohlgesonnen sind.

Luca neben mir hatte es sich gemütlich gemacht und schnarchte seit wir etwa fünf Minuten in der Luft waren. Da aber gerade vom Pilot angesagt wurde, das wir in Kürze landen würden, stupste ich Luca am Arm. »Schlafmütze, los aufwachen.« Er gab ein murren von sich und drehte sich mit dem Rücken zu mir.  Ich rüttelte ihn ein wenig.  »Luca wir landen gleich, wach jetzt auf.« Er fing an laut zu gähnen und setzte sich auf, praktisch einen Privatjet zu haben indem man liegen konnte. Müde rieb Luca sich die Augen und checkte dann die Umgebung.  »Sind wir schon da?«  »Nein, aber gleich. Ich dachte vielleicht ich sollte die wecken bevor wir landen.« Er nickte nur verschlafen und richtete dann seinen Sitz auf.  »Ja, danke.«

Im Hotel angekommen, kam ich aus dem Staunen nicht mehr raus. Angelo hatte für jeden von uns eine Juniorsuit gebucht. In meinem ganzen Leben habe ich noch nie in einem so luxoriösen Ort gelebt. Der Eingangsbereich war hell beleuchtet durch die großen Fenster und man kam direkt ins Wohnzimmer. Dort stand ein großes hellgrünes Sofa, passend zur cremfarbenen Tapete. Der Fernseher war gegenüber in der Wand angebracht. Der Couchtisch war rund und aus Glas mit einer Orchidee darauf. Die Wand in der der Fernseher befestigt war diente als Raumtrennung zum Schlafzimmer. Dieses war, genauso wie der Wohnbereich ein heller und offener Raum. Das große Doppelbett in der Mitte des Zimmers, nahm den größten Teil ein.  Von der Tür aus rechts an der Wand, war ein deckenhoher Kleiderschrank, neben ihm eine Tür die ins Badezimmer führte. Gegenüber des Bettes war noch ein Fernseher, aber ein wenig kleiner. Zur linken Seite ging es raus auf den Balkon, der sich über die zwei Räume verteilte.

Das erste was ich tat als ich das Schlafzimmer betrat, war mich auf das riesige Bett zu schmeißen. Es war so gemütlich, das ich auf der Stelle hätte einschlafen können. Doch ein Klopfen durchkreuzte meinen Pläne. An der Tür stand Angelo und schien ziemlich in Eile zu sein.  »Kleine, zieh dich schick an und komm in zwanzig Minuten in die Lobby. Wir gehen in der Stadt essen.« Dann verschwand er auch schon wieder.
Na toll, ich hatte also zwanzig Minuten um mich zu schminken und mir was zum anziehen zu suchen. Es war tatsächlich ähnlich kalt wie zuhause also entschied ich mich für ein graues Pullover Kleid mit einem schwarzen Gürtel, dazu kniehohe Stiefel und eine durchsichtige Strumpfhose. Eine Jacke würde ich nicht brauchen, da das Kleid mich gut wärmt. Mein Makeup hielt ich dezent, Mascara und einen Lippenstift in rosé. Die Haare steckte ich ein wenig zusammen, sodass es nicht allzu streng aber dennoch ordentlich aussah. Nach fünfzehn Minuten war ich erstaunlicher Weise fertig, also nahm ich meinen schwarze kleine Tasche, packte Handy und Zimmerkarte hinein und ging runter in die Lobby, wo Luca und Angelo bereits warteten.

Das Essen verlief relativ ereignislos. Angelo hatte noch jemanden eingeladen. Martin Madrazo war sein Name, ein Mann mittleren Alters und ein alter Freund der Familie. Offenbar haben sie in der Vergangenheit öfter zusammen gearbeitet und so auch eine langjährige Freundschaft entwickelt. Er ist ebenfalls ein Anführer einer der größeren Clans in Amerika, weshalb Angelo ihn auch um Hilfe gebeten hat. Doch heute Abend ging es nicht um den eigentlichen Grund dieses Aufenthalts. Die Unterhaltung beschränkte sich hauptsächlich auf alte Erinnerungen und Erlebnisse und auch über die Geschäfte. Ich war mehr ein stiller Beobachter, was mich nicht störte. Auch Luca war mehr oder weniger still und horchte den alten Geschichten seines Vaters. »Es freut mich sehr dich wieder zu sehen, alter Freund. Auch wenn es vielleicht unter wenig erfreulichen Umständen ist. Wir sollten uns wieder regelmäßiger treffen, das letzte Mal ist zu lange her.« »Da gebe ich dir absolut recht. Das nächste Mal bringe ich die ganze Familie mit und wir verbringen mal wieder ein Wochenende zusammen.«  »Das wird toll, vor allem mit deinem Familienzuwachs hier. Natalia wird entzückt von ihr sein.« Nun zeigte er auf mich und die Aufmerksamkeit war auf mich gelenkt. Mit war das ganze ein wenig unangenehm doch ich versuchte es mir nicht anmerken zu lassen. Es mag ein wenig eingebildet klingen, aber ich hatte kein Problem damit im Mittelpunkt zu stehen. In einer Situation wie dieser war es jedoch ein wenig was anderes, warum kann ich mir auch nicht so genau erklären.  »Natalia ist Martins Frau, vielleicht wirst du sie morgen kennenlernen.« flüsterte Luca mir zu, ehe sein Vater dazwischen reden konnte, was ich mit einem dankbaren Lächeln beantwortete. »Sobald die Sache erledigt ist, werden wir ein Treffen planen, Chiara wird sich auch freuen euch wieder zu sehen.« Die Männer unterhielten sich weiter über die alten Zeiten, während Luca mich in ein Gespräch verwickelt.  »Und wie findest du das Wetter?« skeptisch sah ich von meinem Teller auf.  »Du stellst mir ernsthaft eine Frage über das Wetter? Luca, wir haben zwar nicht so viele Kindheitserinnerungen auszutauschen wie die beiden, was ich wirklich bedauere. Aber es gibt bestimmt interessantere Themen als das Wetter.« Er nahm grinsend ein Schluck von seinem Glas.  »Du hast recht. Na gut, wie läuft die Schule?« Ich atmete laut hörbar aus.  »Das ist alles? Wow, wie unkreativ. Zugegebenermaßen fällt mir auch nichts besseres ein.« ich kickerte.  »Also momentan kann ich mich nicht beschweren. Die Mitschüler nerven mich nicht besonderes und der Unterricht ist halbwegs interessant. Und bei dir?«  »Naja, da meine einzige Mitschülerin meinen Schwester ist und sie dauernd auf allwissend tut, ist das ziemlich belastend. Aber ich komme durch. Auch wenn die Lehrerin wirklich seltsam ist.« Eigentlich wäre Luca schon fertig mit der Schule, hätte er die zehnte nicht wiederholen müssen. Dabei hatte er Privatunterricht. Naja, jetzt macht er gemeinsam mit mir und Aurora seinen Abschluss. Plötzlich klingelte sein Telefon. »Entschuldigt mich, da muss ich kurz ran.« Er stand auf und verließ unseren Tisch. Da mein Onkel und Mister Madrazo immer noch in ihr Gespräch vertieft waren, schien es ihnen gar nicht aufzufallen das Luca gegangen war und ich somit allein saß. Ich nutze also die Gelegenheit um kurz auf mein Handy zu sehen, da man das normalerweise bei Essen ja nicht macht. Ich hatte jedoch nur eine Nachricht von Teresa, dass ich mein Ladekabel bei ihr im Zimmer vergessen hatte. Super, mit einem Blick auf die Batterieanzeige stellte ich fest dass ich mir demnächst ein Kabel zulegen sollte. Aber das werde ich später erledigen müssen.

Ich steckte mein Handy zurück und nahm einen Schluck von meinem Glas. Angelo hatte einen teuren Champagner bestellt der wirklich ausgezeichnet schmeckte. Gerade räumten die Kellner unsere Teller weg und brachten den Nachtisch; Schokoladen Mousse mit Vanilleeis und schön mit Früchten dekoriert. Angelo und Martín, die sich nun dem Essen zuwandten sahen mich erstaunt an.  »Wo ist den Luca hin?«  »Er ist kurz raus zum telefonieren zio.« Angelo nickte bloß und begann zu essen. Da ich nicht unhöflich sein wollte, wartete ich auf Luca und sah mich kurz um. In dem Moment betrat Luca das Restaurant und ich wandte mich wieder meinem Teller zu. Er setzte sich neben mich und begrüßte mich mit einer Umarmung.  »Tut mir leid, hat etwas länger gedauert. Ich hab noch was mitgebracht.« Als er das sagte, setzte sich noch eine Person an den Tisch. Und als ich auf den Platz schaute, der bis eben noch frei war traute ich meinen Augen kaum.

Was tat er den hier?

P R O M I S E SWo Geschichten leben. Entdecke jetzt