6. Du auch?

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Pov Hermine

Ich war nur Gefangene meiner Selbst, der Krieg hatte mich gebrochen.

Panisch und schweißüberströmt wachte ich auf. Alle Glieder taten mir weh. Ich stöhnte auf und stützte mich auf einem Arm ab. Tausende Gedanken prasselten wieder auf mich ein und ich ließ mich verzweifelt wieder auf den Boden sinken. Die Einsamkeit kehrte zurück. Lange würde ich meine Lebenslust nicht mehr aufrecht erhalten können. Mein Magen knurrte, doch es war mir egal. Sollte ich doch verhungern...,dann wäre ich mein Trauma endlich los. Ich ließ meinen Kopf gegen die Wand fallen. Warum ging es allen so gut? Hatte der Krieg ihnen nichts getan? In meinen Gedanken tauchten eine lachende Ginny und eine strahlende Luna auf. Das pure Glück hatte sie erwischt. An mir war es vorbeigegangen.

Tränen liefen mir wieder über die Wangen. Da tauchte in meinem Kopf plötzlich das Bild von Malfoy auf. Wie er weinte. Was mit ihm wohl war? Müsste er nicht glücklich sein? Seufzend betrachtete ich meinen Zauberstab. Sollte ich? Langsam schüttelte ich den Kopf. Ich sollte meinem Leben noch eine letzte Chance geben. Mühsam erhob ich mich und sah in den Spiegel. Mein Spiegelbild blickte mir erschöpft in die geröteten Augen. Sie hatten jeglichen Glanz verloren. Meine Haut war leichenblass und eingefallen, ich hatte tiefe Schatten unter den Augen. Mein Mund schien zu keinem Lächeln mehr imstande zu sein. Was sollte es mir auch helfen? Ich strich mir müde durch meine braunen Locken und sah auf die Uhr.

Das Abendessen hatte längst begonnen. Ich blickte auf meine Narbe von Bellatrix. Um meinem Druck für das erste etwas Erleichterung zu gewähren, schnitt ich mir mit meinem Stab ein paar mal in den Arm. Die Schnitte platzten auf und es brannte fürchterlich. Blut tropfte auf den Boden. Traurig blickte ich ihm hinterher, doch der Schmerz in meinem Herzen blieb.

Schritt für Schritt quälte ich mich durch die leeren Gänge. Da hetzte mir Professor McGonagall mit Miss Pomfrey im Schlepptau entgegen. Ich wollte mich schon schnell abwenden, doch dann sah ich, dass eine Person neben ihnen schwebte. Sie war ebenfalls blass und hing schlaff in der Luft. Die komplette Kleidung inklusive Haare war in Blut getränkt. Ich erkannte sie nicht. Sie hinterließen eine rote Spur, die McGonagall energisch wieder entfernte. Geschockt starrte ich sie an. Was, bei Merlin, war passiert? Spontan trat ich wieder hinter die Ecke, von der ich gekommen war. Angestrengt lauschte ich den Worten der Lehrer und schnappte etwas, wie 'Suizid', 'Sorgen' und 'Beeilung' auf. Suizid?! Hier in Hogwarts? Plötzlich bekam ich ein schlechtes Gewissen. Hatte ich nicht gerade dasselbe vorgehabt? Wer war diese Person, der es so ging, wie mir? Immer mehr Gedanken rasten durch meinen Kopf und mir wurde schwindelig. Verwirrt hielt ich mir den Kopf und wankte weiter zu der großen Halle. Ein paar Schüler strömten mir bereits fröhlich plappernd entgegen.

Schwach ließ ich mich an meinem Platz nieder. Ich sah Ginny neben Luna und Neville. Ich wollte lächeln, doch es ging nicht. Mein Körper ließ es nicht zu. Deprimiert sah ich auf das übrigen Essen, bis es immer mehr verschwamm und mein Körper langsam von der Bank rutschte und mein Kopf auf die Tischplatte fiel.

Ich blinzelte. Es war hell. Wo war ich? Zögerlich öffnete ich meine schweren Lider. Die Umgebung war in grelles Licht getaucht. Mein linker Arm pochte merkwürdig. Angestrengt drehte ich meinen Kopf und sah, dass meine Wunde am Arm verarztet war. Leicht rötlich schimmerte es durch den Verband. Ui. Hatte ich mich tatsächlich so ungünstig verletzt? Verdammt! Was dachten die Leute wohl jetzt von mir? Mit zusammengebissenen Zähnen sank ich wieder in mein weiches Kissen. Hoffentlich wurde ich nicht in eine Psychiatrie eingeliefert... Ging es mir nicht alleine besser? Langsam drehte ich mich zur Seite. Der Vorhang war leicht geöffnet und dahinter sah ich den Schüler, den ich im Gang gesehen hatte. Der mit dem selben Problem wie ich.

Interessiert sah ich genauer hin. Es war...- Malfoy. Na ganz toll! Hatte ich mich vielleicht getäuscht und er war vielleicht nur in einem Quidditchspiel verletzt worden? Doch es gab keinen Zweifel. Seine Arme waren bis zu den Ellenbogen einbandagiert und rotes Blut glänzte in seinen Haaren. Sein Kopf zeigte in meine Richtung, er schlief. Und dennoch war ihm pure Verzweiflung ins Gesicht geschrieben. Nachdenklich betrachtete ich ihn, dann sah ich wieder auf mein Handgelenk. Hier wurde einem wohl wirklich keine Hilfe verwehrt. Ich stieß einen leisen Schluchzer aus und in diesem Moment öffnete der Slytherin langsam seine sturmgrauen Augen. Er fluchte.

Bloody mistletoe - DramioneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt