Entschlossen bestritt ich meinen Weg zurück zum Ballsaal. Die sich unterhaltenden Gäste wurden immer lauter. Als ich den Ballsaal überblicken konnte, hielt ich Ausschau nach Luke, welcher aber nirgends auffindbar war.
„Er ist gerade gegangen", meldete sich Tyler hinter mir und mein Kopf schnellte in seine Richtung. Ich musste ziemlich entschlossen gewirkten haben, denn er ergänzte sofort: „Wenn du schnell bist, erwischt du ihn noch am Aufzug."
Nach einem dankenden Nicken rannte ich durch den Ballsaal und die Treppen hoch. Durch die oberste Tür erkannte ich bereits die Aufzüge und einen Mann, der gerade einstieg. Luke.
Ich rannte den weiten Flur hinab und erreichte den Aufzug noch in der Zeit. Schnell stemmte ich meine Hand in die Tür und trat ebenfalls ein.
Da stand er. Seine Körperhaltung strahlte Niedergeschlagenheit aus und die Fliege, die er trug, hatte er geöffnet. Seine Augen sahen mich jedoch verwundert an. Als sich die Türen schlossen und der Aufzug sich in Gang setzte, drückte ich den Notschalter. Abrupt blieb der Aufzug stehen und augenblickliche Stille umgab uns beide.
Meine Augen trafen seine.
„Mach das nie wieder", erklärte ich ihm in einem ernsten Ton, jedoch schien er mich nicht zu verstehen. Seine Stirn legte sich in Falten.
„Verrätst du noch einmal meine Geheimnisse, dann wirst du beten, mich niemals kennengelernt zu haben, ist das klar?"
Luke's Augen leuchteten mit jeden meiner Worte weiter auf. Sein Lächeln, dass nun seine Lippen zierte, wurde immer breiter.
Plötzlich spürte ich seine Arme um mich schlingen und er hob mich in die Luft. Während er sein Gesicht in meinen Haaren vergrub, wirbelte er uns beide herum.
„Ich verspreche es", flüsterte er mir in mein Ohr. Auch ich legte meine Arme in seinen Nacken und ließ mich in die Umarmung fallen. Sein Aftershave, dass hölzern und zitronig roch, stieg in meine Nase und es war berauschend.
Er ließ mich wieder zurück auf meine Beine und plötzlich war ich gefangen zwischen der Aufzugswand und ihm. Eine seiner Hände ruhte neben meinem Gesicht an der Wand, die andere ließ mich nicht mehr los.
„Ich verspreche es", flüsterte er nochmals. Seine Augen strahlten vor Freude, welche ansteckend war. Ich lachte auf.
„Das will ich dir auch hoffen", antwortete ich ihm. Seine Augen waren immer noch auf meine fixiert. Er erhob seine Hand und legte diese auf meiner Wange ab. Ein Moment der Stille kehrte ein, in der wir uns gegenseitig einfach nur anstarrten. Ich spürte seinen heißen Atmen auf meiner Haut, so nah standen wir uns gegenüber.
Plötzlich spürte ich seine weichen Lippen auf meinen. Ich weitete meine Augen in Schock und war völlig perplex. Er küsste mich. ER KÜSSTE MICH! Und sofort dachte ich an meine Angst, Gefühle zu zeigen. Angst, schwach zu erscheinen. Aber es war Luke, ich wollte es zumindest versuchen. Also schloss ich meine Augen und erwiderte seinen Kuss. Als er dies merkte, lächelte er in den Kuss hinein und ich fühlte, wie sich unsere Lippen im Einklang bewegten. Als ob sie für einander bestimmt waren. Ein warmes Gefühl machte sich in meinen Bauch breit, und ich fragte mich, was dies wohl zu bedeuten hatte. Seine Hände vergruben sich in meinen Haaren und es kommt mir so vor, als ob die Zeit stehen geblieben war. Ich ließ meine Hände in seinen Nacken wandern und zog leicht an seinen Haarspitzen. Bis er sich, nach Luft ringend, von mir löste. Seine Augen lagen sofort wieder auf meinen.
„Darauf habe ich schon so lange gewartet", flüsterte er mir zu.
„Wie lange?", informierte ich mich unter einem schelmischen Grinsen. Er schüttelte nur seinen Kopf und küsste mich nochmals, diesmal aber nur für einen kurzen Moment. Schnell schnappte er sich mein Handgelenk und legte ein silbernes Kettenarmband drum herum. Ich beobachtete ihn genau, bis er endlich anfing zu erklären: „So lange, dass ich Tanzstunden bei Tyler nahm, mir jedes Szenario im Kopf ausgedacht habe und dir noch eine kleine Erinnerung gekauft habe. Es erinnerte mich irgendwie an dich. Silbern und kalt von außen, aber stark und widerstandsfähig von innen." Er sah mir tief in die Augen und ich konnte ebenfalls meinen Blick nicht abwenden.
„Wie wärs, wenn wir von hier verschwinden?", fragte er mich danach und ich nickte ihm zu.Er begleitete mich bis zum Haus meiner Großeltern. Wir unterhielten uns auf dem Weg Nachhause und er erzählte mir einiges von seiner Familie. Ich war noch nicht soweit ihm von meiner Familie zu erzählen, aber er merkte dies gleich und lenkte mich sofort ab.
An der Einfahrt angekommen meinte er: „Da wären wir!"
Er sah zu Boden und dann wieder hoch zu mir. Danach lächelte er mich leicht an. Er wagte es doch nicht, jetzt etwa schüchtern zu werden, oder? Aber diesmal beschloss ich, es selbst in die Hand zu nehmen. Ruckartig packte ich ihn am Kragen und zog ihn zu mir herunter. Seine Lippen fanden sofort meine und lösten ein Feuerwerk aus. Er versuchte Halt zu finden und zusammen stolperten wir hinter mich, bis ich kaltes Metall an meinem Rücken spürte. Mein Auto.
Er stemmte eine Hand dagegen und mit der anderen zog er mich enger zu sich. Als ob er Angst hätte, ich könnte augenblicklich davonlaufen. Ich packte sein Hemd mit meinen Händen und presste uns dabei noch näher aneinander ohne den Kuss zu unterbrechen. Seine Lippen fühlten sich so gut an.
Ich löste mich von dem Kuss und biss mir auf die Unterlippe. Er öffnete seine Augen. Die smaragdgrünen Augen strahlten mich nun dunkel an. Doch nach einem kurzen liebevollen Blick änderte dieser sich schlagartig in Schock.
„Du willst weg?", erkundigte er sich unter einem leisen Flüstern, welches ich kaum wahrnahm.
„W-Was?", erwiderte ich und folgte seinem Blick. Dieser lag auf meinem Beifahrersitz und somit auf der Reisetasche, die ich heute nachmittag dort abgestellt hatte. Und sofort verstand ich, was er meinte.
„I-Ich weiß nicht", erklärte ich ihm stotternd. Ich hatte mir keine Gedanken dazu gemacht.
Sein Blick glitt zurück in meine Augen und diese verbreiteten augenblicklich eine Traurigkeit in mir. Ich spürte sie in jeder Faser meines Körpers.
„Ich meine ich wollte, aber-", weiter kam ich jedoch nicht, denn er unterbrach mich bereits.
„Was aber?", knurrte er nun und blickte zwischen meinen Augen hin und her. Er suchte eine Antwort darin, schien diese aber nicht zu finden.
Mir war klar, dass ich nach Samira's Ball verschwinden wollte, aber kann ich das jetzt noch? Will ich das jetzt noch?
„Nein", äußerte ich mich.
„Nein?", er war verwundert, ließ mich jedoch nicht aus den Augen.
„Ich wollte weg. Aber ich glaube, jetzt kann ich das nicht mehr", murmelte ich ihm zu. Vielleicht bist du der Held in meinem Albtraum, Luke Carter. Ich zog ihn wieder zu mir runter und unsere Lippen trafen sich erneut. „Ich will es dir erklären, aber das kann ich jetzt noch nicht. Ist das okay?"
Er nickte mir zu, entfernte sich jedoch etwas. Ich griff traurig nach seiner Hand. Ich wollte ihn nicht abschrecken, er lächelte jedoch leicht.
„Du hast recht, wir sollten nichts überstürzen. Du musst mir nur versprechen, dass du nicht abhaust, ohne vorher mit mir zu sprechen. Okay?", wollte er nun von mir wissen und näherte sich mir. Seine Hände umschlossen mein Gesicht und er musterte jeden Millimeter davon.
„Ich verspreche es", war nun ich die, die diese Worte aussprach.
„Das will ich dir auch hoffen", äffte er mich nach, während er seinen Kopf schräg legte und mich mit seinem typischen Grinsen entgegen strahlte. Ein paar Strähnen fielen ihm dabei ins Gesicht. Sofort ließ er mein Herz einen Schlag aussetzen.
„Also sehen wir uns morgen?"
Ich nickte ihm zu, bevor er mich nochmals in seine Arme zog und zum Abschied küsste. Und so schnell war er auch wieder weg.
Ich biss mir nochmals auf meine Unterlippe und dachte an die Ereignisse des Tages. Da kam mir eine Idee.-Am nächsten Tag-
Ich schrieb Tyler eine kurze Nachricht, dass er zum Training einfach hereinkommen konnte und machte mich auf den Weg zum Trainingsraum. Ich wärmte mich etwas auf, als ich auch schon Tylers Kopf erblickte, der in der Tür zum Vorschein kam.
„Schnell, ich muss dir was zeigen!", quietschte ich schon fast und sprang voller Elan auf.
„Na, wer ist denn da so gut gelaunt?", fragte er neugierig und unter hochgezogenen Augenbrauen nach.
„Das kann warten und jetzt pass auf", entgegnete ich und lief zu meinem Handy. Durch die Boxen des Raums erklang das Lied Lovely von gestern und ich fing an die Choreografie von Letztens zu tanzen.Als ich fertig war, starrte mich Tyler mit geöffneten Mund an.
„Du hast es gefunden!", schrie er aufgeregt auf und ich strahlte vor Freude.
„Es ist perfekt", erklärte ich ihm und setzte mich wieder auf den Boden.
„Aber genug davon. Du hast ihn noch erwischt, so wie du aussiehst", bemerkte er vorsichtig.
„Ja", antwortete ich knapp und verfiel in Erinnerungen an gestern.
„Wie du strahlst. Erzähl mir alles!", jubelte er los.
"Okay, aber wenn du jemandem davon erzählst, bist du tot!", drohte ich ihm und er nickte mir zu.
Und so erzählte ich ihm alles, was gestern noch passiert ist. Vom Aufzug bis zum Abschied.
„Warte. Wir reden hier von Luke Carter, oder?", meinte er entrüstet.
Ich lachte auf: „Ja, wieso?"
„Man erkennt ihn fast nicht wieder. Du musst ihm viel bedeuten, das weißt du oder?"
„Ich weiß, er mir auch", gab ich murmelnd zu. „Sonst wäre ich jetzt schon auf den Weg nach Kanada."Am Nachmittag sollte Luke vorbeikommen. Ich tigerte in meinem Wohnzimmer hin und her, bis es endlich an der Tür klingelt. Ich hüpfte schon fast auf die Haustür zu und erkannte mich selbst nicht mehr wieder. Seit wann war ich so aufgeregt?
Ich öffnete die Tür in einem Schwung und sofort schlangen sich zwei Arme um mich.
„Ich muss zugeben, ich hatte etwas Angst du fährst trotzdem", flüsterte er mir zu und trennte sich wieder von mir, ohne seine Hände von meiner Hüfte zu nehmen.
„Ich stehe zu meinem Wort. Nicht wie gewisse Andere hier", meinte ich augenverdrehend und wollte mich aus seinem Griff befreien.
„Autsch. Aber das hab ich wohl verdient", lachte er auf, schnappte meine Hand und zog mich wieder zu sich. Lachend stolperten wir zurück ins Wohnzimmer und fielen zusammen auf die Couch. Nun lag er über mir, von einem Arm, an der Couch abgestützt, haltend. Er sah mir in die Augen und strich mit seiner freien Hand eine Strähne hinter mein Ohr.
„Fühlt sich vertraut an", meinte er und lachte etwas. „Ich hätte dich da so gern geküsst. Aber jetzt kann ich das ja." Und mit diesen Worten ließ er seine Lippen auf meine sinken, welche eine Explosion an Gefühlen auslösten. Komischerweise fühlte ich mich sicher bei ihm. Immer schon. Ein Gefühl, das ich zuvor noch nie kannte. Aber in seiner Gegenwart waren meine Ängste wie weggeblasen. Fast vergessen.
Er löste sich abrupt von mir und ließ mich bettelnd zurück.
„Ich hab eine Überraschung für dich!"
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Killing my Feelings
RomanceRaus aus LA. Ein Traum, den sich Jade schon immer erfüllen wollte und jetzt ist es soweit. Auf der Flucht vor ihrer Heimat und vor ihrer Vergangenheit. Eine Vergangenheit, die starke Narben hinterlassen hat. Eine Vergangenheit, die hohe Mauern um ih...