13┃Ungesagt

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Ich hab dir nie gesagt..

"Und nächste Woche beschäftigen wir uns dann mit den Flächentragwerken, bestehend aus; Platten, Scheiben, Schalen oder auch Membranen", mit den Worten entließ ich die Studenten und beendete nicht nur diese Vorlesung - sondern auch meinen ersten Tag als Gastdozentin. Es fiel mir überraschend leicht - nicht nur das Vortragen auch der Umgang mit den Studenten.

Gerade als ich meine Sachen zusammenpacken wollte, ertönte ein Klatschen - ohne aufzuschauen, wusste ich von wem es kam - für einen kurzen Moment musste ich an den Nachmittag bei Camille denken - schnell blinzelte ich diese Bilder weg und schaute hoch, direkt in Klaras Augen. Wie sich herausgestellt hat - war sie die Rektorin und somit meine Chefin.

"Gar nicht so schlecht für eine Anfängerin.", sie kam direkt vor meinem Pult zum stehen und sah mich herausfordernd an. 

Bisher hatte sie sich zurückgehalten, bis auf ein - zwei Kommentare. Mit einem kurzen Nicken bedankte ich mich und richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf den Kabelsalat vor mir. Mein Ladekabel für meinen Mac hatte sich mit dem Verlängerungskabel verheddert.

Klara - oder besser gesagt Professor Bianco, denn die blonde Göttin war auch noch Italienerin, seufzte, wodurch sie wieder meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Ich wusste nicht wie ich mit ihr umgehen sollte. Camille hatte auch am Wochenende mehrmals versucht mich anzurufen, kurzerhand hatte ich ihr geschrieben und gesagt, dass ich etwas Ruhe brauchte. Seitdem war sie still.

"Kann ich Ihnen helfen?", fragte ich und starrte sie immer noch an. Diese Frau war aber auch makellos. Nicht so schön wie Camille natürlich, aber ich konnte nachvollziehen, dass sie jeder haben wollte - egal ob Mann oder Frau.

"Ich will, dass DU mit mir redest.", sie betonte das "du" extra, immerhin hatte sie mich schon halbnackt gesehen, da könnte man Förmlichkeiten auch weglassen. Mit verschränkten Arme sah sie zu mir.

"Ich wüsste nicht worüber.", wieder widmete ich mich meinem Ladekabel zu.

Plötzlich zog sie es mir aus den Händen, wodurch ich gezwungen war, sie wieder anzuschauen. Sie atmete tief durch und ließ ihre Fassade fallen - wie schon im Flur nach meinem Gespräch mit Frau Weiß.

"Hast du mit Camille gesprochen?", fragte sie etwas sanfter - darauf schüttelte ich meinem Kopf.

"Das solltest du.", sagte sie energisch.

"Wieso? Sie scheint anderweitig beschäftigt.", nun verschränkte auch ich meine Arme, in der Hoffnung dies würde mir Halt geben.

Erneut seufzte Klara, "Nicht sie hat mich - sondern ich hab sie betrogen."

Stille.

"Was?", nun verstand ich gar nichts mehr. Das ganze Wochenende hatte ich mir Vorwürfe gemacht - womöglich eine Ehe zerstört oder zumindest geschadet zu haben und jetzt steht sie hier vor mir und erzählt mir, sie hätte Camille betrogen.

"Rede mit Camille.", mit den Worten verschwand sie und ließ mich im leeren Saal zurück.

-

Zwanzig Minuten waren seit diesem Gespräch vergangen, in welchen ich planlos in meinem Auto gesessen und in den Himmel gestarrt hatte. Das ganze war doch verrückt und schrie förmlich nach kompliziert, dennoch wurde ich durch Klaras Aussage neugierig - war sie doch nicht so perfekt wie angenommen?

Fast wie von allein startete ich den Motor meines Wagens und fuhr zu Eddas Haus. Es war kurz nach 18 Uhr und dank des Herbstwetters auch schon fast dunkel, ich erkannte Licht im Erdgeschoß - Camille musste zu Hause sein.

Amor Est Vitae EssentiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt