Kapitel 1

366 13 2
                                    

Endlich. Endlich ist der Schultag vorbei. Jeden Tag warte ich darauf, dass er aufhört. Jeden Tag tut er das. Und jeden Tag bin ich froh darüber. Denn Schule ist Müll. Total sinnlos. Deswegen höre ich meine Musik, tagein, tagaus, Stunde um Stunde.
Wenn ich aus der Schule komme, gehe ich direkt zum Park. Mein Platz, um mich zu sammeln, meine kleine Oase, die mir jeden Nachmittag wieder ein kleines Bisschen Mut gibt, um den nächsten Tag zu überstehen. Der nächste Tag - ein riesiger Berg. Ich bin jedes Mal erstaunt darüber, dass, wenn der Tag sich dem Ende zuneigt, ich diesen Tag wieder mal gemeistert habe. Mehr oder weniger gut.

Der Park liegt am Rande der Stadt. Er ist klein, doch trotzdem ist er gemütlich. Dieser Park wird so selten von anderen besucht, wie ich mich mit jemandem befreunde. Also nie. Ich bin anscheinend die einzige, die diesen Platz für den Platz schlechthin auserkoren hat.
Ich kann die anderen jedoch auch verstehen. Schließlich ist dieser Park relativ klein und es gibt mehr Bäume als Wiese oder Blumen. Touristen denken oft, der Park würde nicht mehr als Park genutzt, sondern der Bürgermeister ließe ihn verwildern. Doch das ist falsch. Es kümmert sich zwar niemand mehr um den Park, aber er existiert. Er existiert nur für mich.

Während die Musik immer weiter läuft, setze ich mich auf eine Bank, die man leicht übersehen kann. Sie ist versteckt hinter ein paar Bäumen, und eine dicke Moosschicht überdeckt das Holz. Ich setze mich hin und denke nach, wie jedes Mal.
Ich sehe keinen Sinn in meinem Leben. Natürlich, man lebt, doch wofür? Das ist mir schon lange ein Rätsel, aber erst seit ein paar Monaten greife ich dieses Problem richtig auf. Ich begreife, dass es einen Sinn geben muss, ich weiß nur nicht, was für einen.

Nach einer Stunde, die ich im Park saß, vor mich hinstarrte und grübelte, in der mir von Minute zu Minute kälter wurde, in der es von Minute zu Minute dunkler wurde, stehe ich schließlich doch auf und gehe in das Haus meiner Mutter.
Als ich in das kleine Häuschen trete, das ich wohl Zuhause nennen sollte, stinkt es wieder nach Rauch und Alkohol. Ich streife meine Chucks ab, drehe meine Musik lauter und gehe nach oben in mein Zimmer.

Als ich in meinem kleinen Zimmer angekommen bin, schließe ich mich doppelt ein. Eigentlich ein ziemlich sinnloser Akt, weil ich weiß, dass sowieso niemand in mein Zimmer kommen würde, selbst wenn es offen wäre. Trotzdem, wenn ich das mache, fühle ich mich etwas sicherer. Ich werde erst morgen früh wieder heraus kommen, um in die Schule zu gehen.
Mit meinem Ipod in der Hand werfe ich mich aufs Bett und mache andere Musik an, dann spiele ich bis spät abends ein Spiel auf dem Handy. Ich will oft, dass ein Tag so schnell wie möglich rum geht. Sonst würde ich das nicht aushalten. Ich mache das oft. Wenn es mir richtig mies geht, mache ich irgendwas, bei dem der Rest des Tages so schnell wie möglich vorbeigeht.

Hört ihr denn auf zu atmen?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt