Ich weiß schon einiges mehr über Kilian, Milan und Keirran, als ich in Begleitung von eben denen und den beiden Rabauken, Fynn und Jeremy, wieder im Haus meines Erzeugers ankomme. Fynn und Jer sind schnell wie der Blitz im Garten verschwunden und ich wundere mich mal wieder darüber wie sauber es in diesem Haus ist. Jede Jacke hängt an seinem Haken, jedes Paar Schuhe steht akkurat im Regal. Ich komme mir beinahe schlecht vor, weil ich meine oben auf das Regal stellen muss. Diese Gewissensbisse verschwinden, als ich sehe, wie die Jungs ihre Sneaker einfach Kreuz und quer liegen lassen und nach oben verschwinden. Ich seufze leise und beginne die drei Schuhpaare, die mir wir Clownsschuhe vorkommen ordentlich nebeneinander zu stellen.
"Du musst das nicht tun", merkt Kilian an, der urplötzlich wieder am Fuß der Treppe steht.
"Egal", merke ich an und gehe an ihm vorbei in die offene Küche. Auf dem Herd stehen ein paar Töpfe, aber von Sabine ist keine Spur mehr. Ich habe Durst. Schrecklichen Durst. Weil ich keine Ahnung habe, wo diese Familie Gläser aufbewahrt und ich sowieso alleine bin, halte ich meinen Mund unter den Wasserhahn und drehe das kalte Wasser auf. Das kühlende Nass in meiner Kehle zu spüren, tut unendlich gut.
"Weißt du, Luna, wir haben auch Gläser."
Ich schrecke minimal zusammen, wobei mir ein wenig Wasser am Kinn entlang zu meinem Shirt läuft. Na toll!
Kilian lacht, kommt durch die Küche geschlendert und greift mit einem gekonnten Griff in den Schrank über der Spüle. Ich sehe ihn entgeistert an, als er mir ein Glas entgegen hält. Mein Blick wandert zwischen Kilian Gesicht und dem Glas hin und her. Seine Augen erforschen mein Gesicht. Wonach sucht er? Nach einer Unsicherheit?"Ich denke, ich geh mal wieder hoch. Wenn du willst, kannst du ja nachkommen. Wenn du hier fertig bist."
"Okay, danke", antworte ich mit gespieltem Selbstbewusstsein.
Er geht, nachdem er mir das Glas auf die Arbeitsplatte gestellt hat. Ich starre ihm hinterher. That ass, tho, schreit eine Stimme in meinem Kopf, die ich definitiv meiner besten Freundin zuordnen würde. Es ist als würde Lexy genau neben mir stehen und mir über die Schulter sehen. Es ist ein herber Schlag, als ich realisiere, dass diese Situation eine lange Zeit nicht mehr vorkommen wird. Schnell ziehe ich mein Handy aus meiner Tasche und tippe eine Nachricht an Lexy. "Ich vermisse dich." Dann stecke ich das Handy wieder ein und beginne das Glas mit Wasser zu füllen.
"Luna!", ruft eine Stimme aus dem oberen Stockwerk. Kilian. "Ja?", schreie ich zurück.
"Bring mir was zu trinken mit. Vorzugsweise in einem Glas." Ich höre genau das Lachen in seiner Stimme. So ein Blödmann. Ich trinke mein Glas leer und hole dann ein neues aus dem Schrank, um es für Kilian zu füllen. Mit dem vollen Glas steige ich die Treppe nach oben.
"Alter, wer hat sich Treppen innerhalb eines Hauses ausgedacht?", flüstere ich mir selbst zu und muss nach der Hälfte der Treppe eine Pause machen. Wieso bin ich so außer Form? Weil du fast verreckt bist, erinnert mich eine gehässige Stimme. "Fick dich."
"Woah, ich hab doch nur nach Wasser gefragt." Ich blicke ruckartig zum oberen Ende der Treppe. Dort steht Kilian und beobachtet mich. "Soll ich dir das Glas abnehmen?" Ich schüttle den Kopf und zwinge mich weiter zu gehen. "Passt schon", murmle ich. Meine Beine brennen, als ich oben ankomme, aber ich versuche es zu überdecken und halte Kilian sein Glas hin. Er nimmt es dankend an und leitet mir dann den Weg in sein Zimmer. Es sieht ordentlicher aus, als ich gedacht hätte. Sein Bett, dass genau gegenüber seiner Tür steht ist nicht gemacht, dafür ist sein Schreibtisch geradezu penibel sauber. Außer den beiden Bildschirmen, liegen dort nur Tastatur, Maus und ein einzelnes Buch. Die Couch die genau neben der Tür steht ist ein Zweisitzer und beherbergt Keirran und Milan. Außerdem liegt zwischen Sofa und Bett ein großer schwarzer Sitzsack. So ein Teil hatte ich mit zwölf auch, irgendwann habe ich es nicht mehr genutzt und meine Mutter hat ihn an eine Arbeitskollegin von ihr weitergegeben. Wie automatisch setze ich mich in den Sitzsack und mache es mir gemütlich. Ganz zur Freude meiner Beine. Ich reibe mir die Oberschenkel in der Hoffnung die Anspannung vertreiben zu können.
Kilian zieht sich seinen Schreibtischstuhl ran. Ein Gamingstuhl, in schwarz-weiß.
"Ist alles okay bei dir?", fragt Kilian und sieht zu mir herab. Auch Milan und Keirran folgen seinem Blick und beobachten mich."Klar", antworte ich schnell und lasse augenblicklich meine Hände sinken.
Wieder reden die Jungs über Menschen die ich nicht kenne, über Orte an denen ich noch nie war und über die Universität, die ich gerade einmal von Bildern kannte. Doch ich höre ihnen einfach zu und sauge die Informationen auf. Vielleicht kann ich damit irgendetwas anfangen, wenn ich erstmal wieder mobiler bin. Einige Stunden vergehen und draußen setzt so langsam die Dämmerung ein, als Milan auf sein Handy schaut und verkündet, dass es Zeit wird zu gehen. "Kili kommst du mit?", will er wissen. Dieser schüttelt den Kopf. "Ich glaube, ich setzt heute Abend eine Runde aus. Wir sehen uns morgen." Milan nickt ihm zu und verabschiedet sich. Keirran folgt ihm mit einem Lächeln in meine Richtung. Die beiden sind wirklich nett.
Ich sehe zu Kilian und wieder zurück auf meine Hände, die in meinem Schoß liegen. Mit ihm allein in diesem Zimmer zu sein kommt mir seltsam intim vor, also räuspere ich mich und erhebe mich von dem Sitzsack. Ich versuche dabei keine Miene zu verziehen, was mir nicht ganz gelingen will. "Hast du Schmerzen?" Höllische. Der erste Tag ohne Schmerzmittel.
"Nein geht schon. Aber ich sollte gehen. Meine Umzugskartons packen sich nicht von selbst aus."
"Ich kann dir helfen, wenn du möchtest." ich schüttele den Kopf und lehne dankend ab.
Kaum habe ich Kilians Zimmer verlassen sehe ich die Treppe wieder vor mir und schlucke. Mit zusammen gebissenen Zähnen nehme ich Stufe für Stufe und verschwinde danach klammheimlich in meinem Zimmer.Dort durchwühle ich meinen Rucksack auf der Suche nach Schmerzmitteln, aber ich finde nichts außer einen leeren Blister. Verdammt! Hoffentlich hat mein Erzeuger daran gedacht meine Medikamente zu holen.

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Jones - Luna und Kilian
Teen FictionLuna weiß genau, dass das was sie diesen Sommer erwartet hat kein Traum, sondern grausame Realität ist. Während sie sich damit abfinden muss, dass statt sonnen am Rhein plötzlich ein neues Leben samt Stiefbrüdern vor ihr liegt, wird sie das Gefühl n...