Mit jedem Schritt, der mich näher an den Ritter heranbrachte, wich dieser zwei zurück. Ich konnte pure Panik in seinen dunklen Augen erkennen und plötzlich fiel er einfach um. Der Idiot war doch tatsächlich ohnmächtig geworden vor Angst. Ein Grinsen lag auf meinen Lippen. Egal was auch immer diese Sache mit dem Feuer war, sie war extrem praktisch. Ich hoffte nur, dass sie keine Nebenwirkungen mit sich brachte.
Was jetzt jedoch auf jeden Fall sicher war, war dass dieser William recht gehabt hatte. Das mit dem Zeitreisen konnte ich mir zwar noch nicht so recht erklären, da ich ja schließlich einen Ritter vor mir hatte, aber die Sache mit meiner Abstammung musste Wohl oder Übel stimmen. Menschlich war dieses Brennen in meiner Haut aber ganz sicher nicht.
Völlig in Gedanken versunken stand ich so mitten auf dem Sandplatz. Mein Schwert hatte ich fallen gelassen. Leicht glühend lag es auf der Erde. Das Feuer war so schnell erloschen, wie es entfacht war. Die Menge um mich herum war verstummt. Eigentlich schon in dem Moment als meine Waffe Feuer gefangen hatte. Doch auch jetzt starrten mich alle noch mit staunenden Augen an.
Plötzlich riss jemand meinen rechten Arm nach oben. Es war der Knappe, der vorhin mich zum Kampf gedrängt hatte. "Ein glorreicher und atemberaubender Sieg für diese holde Dame", gröhlte er. Nun war die Menge nicht mehr zu halten. Sie standen auf und klatschten Beifall.
Nach einer gefühlten Ewigkeit des Applauses verließen die Menschen die Tribüne und ich blieb alleine zurück mit dem Knappen. Der ohnmächtige Ritter war bereits wieder auf den Beinen und noch etwas geschockt in die Burg hinein gegangen.
Der junge Mann zog mich zur Seite und legte mir einen Arm auf die Schulter: "Das war echt der Hammer mit dem Feuer. Musst mir bei Gelegenheit mal verraten wie du das gemacht hast. Aber erst mal möchte ich von dir wissen, ob du Bock hast immer für uns zu arbeiten als Ritter bei den Mittelaltershows. Ich hab die Menge noch nie so begeistert gesehen. Du warst die beste Vertretung die wir je hatten."
Erwartend blickte er mich an, während er mich durch den Burginnenhof zu Thunder führte. "Das war alles nur Show," fragte ich geschockt. "Natürlich", war die Antwort, "was hast du denn gedacht? Wir bringen uns doch hier nicht gegenseitig um. Wir sind doch schließlich nicht mehr im Mittelalter." Der Knappe begann zu lachen. Ok ich hatte es verstanden. Entweder waren allesamt um mich herum verrückt geworden oder ich war tatsächlich im Jahr 2015. Egal für welche Theorie ich mich entschied, beide war nicht gerade beruhigend.
"Ähm, vielen Dank für das Angebot", stotterte ich verwirrt, "ich werde es mir überlegen und mich dann bei euch melden." "Man du bist ja echt komplett in deiner Rolle versunken," sagte er immer noch lachend. "Du musst doch nicht so förmlich mit mir reden. Ich heiße Jim. Kannst mich aber auch Jimmy nennen. Wie du willst." Ich nickte nur und nahm meinen Bogen entgegen, den er mir jetzt gab. Ich wollte nur weg von hier. Das war einfach viel zu viel. "Bis dann,...Jimmy," veranschiedete ich mich freundlich und führte Thunder durch die Menschen hinaus aus der unheimlichen Burg. Draußen stieg ich auf und ritt in einem schnellen Trab den Hügel hinauf und blickte nicht noch einmal hinab.Das war ja ein totaler Reinfall gewesen. Eigentlich sollte diese Burg mir bestätigen, dass alles beim alten geblieben war, doch es hatte mir nur das Gegenteil gezeigt und Williams Aussage bestätigt. Nun gab es nur noch eine Möglichkeit, wie ich weiter vorgehen konnte. Ich musste diesen komisch gekleideten Mann finden und mir seine Geschichte bis zum Ende anhören und ihm Wohl oder Übel glauben was er sagte. Etwas anderes blieb mir nicht übrig.
Er hatte ja gesagt, dass er auf mich warten würde.
Man es wurmte mich schon, dass er genau gewusst hatte, was ich machen würde und was geschehen sollte. Gegen Abend war ich an der Stelle im Wald angekommen, an der ich am Morgen aufgewacht war. Orangenes Licht schien durch das Geäst und tauchte den Waldboden in eine warme Atmosphäre.
Ich vernahm ein Rascheln und blickte mich um. Schnell entdeckte ich William, der am einem Baum gelehnt saß. Anscheinend schlief er, denn als ich mich näherte regte er sich keinen Millimeter. So stupste ich ihn leicht an der Schulter an. William schoss in die Höhe, packte mich am Kragen und drückte mich unsanft gegen den Baum, an dem er gerade noch so friedlich gesessen hatte. Seine Augen hatten eine merkwürdige Farbe angenommen. Sie waren blutunterlaufen und schneeweiß. nur noch seine Pupillen waren schwarz. Außerdem hatten seine Eckzähne eine ungewöhnliche Länge. Geschockt blickte ich ihn an.
Da schien er mich zu erkennen und lies von mir ab. Sein Aussehen normalisierte sich wieder. Nun blickte er mich wieder aus diesen tiefen eisblauen Augen an. "Also echt Claireese. Du darfst mich doch nicht so erschrecken. Ich hätte dich fast getötet," brachte er vorwurfsvoll hervor. "E..Entschuldigt," murmelte ich."Was seid ihr?", fragte ich nun offen heraus. "Ich bin das, was auch zu einem Teil in dir steckt meine Liebe. Ich bin ein Wesen der Nacht, ein Vampir."
Oh Gott, so etwas abscheuliches steckte auch in mir?! Wäre ich doch nur niemals von daheim abgehauen. Ich hätte mir so einiges erspart.
"Komm ich erkläre dir alle unterwegs", grinste William und schwang sich auf seine Stute. Ich folgte seinem Beispiel und nicht viel später ritten wir zusammen durch den Wald in die Nacht hinein.
DU LIEST GERADE
Himmelsfeuer - Die Gnade der Engel
FantasíaBei einem starken Gewitter kommt die junge Claireese ums Leben. Doch anstatt vor dem jünsten Gericht zu stehen, findet sie sich im Jahr 2015 wieder. Über 400 Jahre trennen sie nun von ihrer Familie, die wie sie von einem Unsterblichen erfahren mus...