Chapter Five: In den aufziehenden Sturm

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Weit weg.

Mein Ziel war simpel.

Ich wollte an einen Ort an dem mich keiner kannte. Ein neues Leben beginnen. Ohne meine große Liebe, meine Familie und Freunde. Ich konnte an nichts anderes mehr denken. Trauer und Sehnsucht machten sich erneut in mir breit. Ich versuchte abzuschalten was ich fühlte, um mich auf den holprigen Weg konzentrieren zu können, der vor mir lag, wenn man überhaupt noch von einem Pfad sprechen konnte. Überall lagen dicke und dünne Äste auf dem Waldboden. Die Hufe des Hengstes ließen das Unterholz knacken. Einige Stämme waren so groß, dass ich darüberspringen musste, wenn ich keinen Umweg in Kauf nehmen wollte.

Thunder und ich waren bereits Stunden unterwegs und es begann bereits zu dämmern, als plötzlich ein eisiger Wind aufzog. Die Äste wurden immer stärker hin und her geschüttelt. In der Ferne begann es zu Donnern. Thunder wieherte nervös, was mich wiederum unruhig stimmte, da mein Pferd normalerweise nicht den Ansatz von Angst vor Gewittern hatte. Es lag etwas unheimliches in der Luft. Sturmböhen zischten durch meine dunklen Haare und lösten meinen Zopf auf. Die Haarstränen flatterten vor meinem Gesicht und behinderten meine eh schon bescheidene Sicht. Das Donnern wurde immer lauter und mein Hengst immer schneller. Ich konnte ihn nicht mehr halten. Er galoppierte durch das Gestrüpp. Kreuz und quer durch den Wald. Bald hatte ich die Orientierung verloren und konnte nur hoffen Thunder wusste was er tat.

Ich versuchte ihn nicht mehr zu stoppen und ließ ihn einfach rennen. Es gab eh keinen Grund mehr, der mich dazu brachte vorsichtig mit meinem Leben umzugehen. So störte es mich auch immer weniger, dass der einsetztende Regen mich bis auf die Haut durchweichte und mir immer mehr Zweige ins Gesicht schlugen. Der Wald wurde zusehens dichter. Er kam mir nun auch nicht mehr im entferntesten bekannt vor. Hier war ich noch nie gewesen, obwohl ich früher viel Zeit dafür aufgewendet hatte, stundenlang durch den Wald zu reiten um die Gegend zu erkunden.

Ich duckte mich und hielt mich an Sattel fest, um das Gleichgewicht bei dem wilden Ritt nicht zu verlieren.

Der Abstand zwischen den einzelnen Donnerschlägen betrug nun nur noch Sekunden. Das Gewitter musste direkt über uns sein. Blitze zuckten über den Himmel. Das Abendhimmel wurde innerhalb weniger Augenblicke erhellt, verdunkelt und wieder erhellt.

Plötzlich erklang ein lauter Knall, als würde eine Kanonenkugel in eine Burgmauer eindringen. Erschrocken blickte ich auf. Durch den verschwommenen Blick sah ich was geschehen war. Ein Blitz hatte direkt vor uns in einen großen alten Baum eingeschlagen. Trotz des Regens sprangen Funken durch die Luft. Das Holz begann zu krachen der Baum begann zu schwanken. Er schlug genau vor Thunders Hufen auf den Waldboden auf. Schlamm und Wasser spritzen in alle Richtungen. Mein Pferd stieg. Panisch wieherte und drehte es sich auf dem Hinterbeinen um sich selbst. Angestrengt klammerte ich mich an seiner langen Mähne fest und versuchte ihn mit ruhigen Worten zu beschwichtigen.

Doch Thunder stieg immer wieder, bis er strauchelte und nach hinten kippte. Ich rutschte aus den Steigbügeln und schlug hart auf dem Boden auf. Bevor der Hengst auf mich fallen konnte rollte ich mich zur Seite und rutschte in einen Tümpel. Der Rand des Wasserlochs war schlammig und nicht griffig, wodurch ich es nicht schaffte über Wasser zu bleiben. Das kühle Nass umspühlte mein Gesicht. Ich schnappte nach Luft, doch die Äste des gestürzten Baumen drückten mich weiter unter Wasser. Ich strampelte wie wild. Immer panischer. Sollte es so enden. Trotz meiner Gesamtsituation war mein Streben nach Leben immer noch unwahrscheinlich groß.

Doch es gab keinen Ausweg. Meine Lungen waren leer. Die letzte Atemluft verbraucht, die zwischen Leben und Tod gestanden hatte. Die letzten Lichter der Blitze, die immer noch am Himmel zuckten schienen in unerreichbare Ferne zu rücken. Um mich herum stand die Welt still. Geräusche verblassten und meine Gefühle verschwanden je kälter es um mich wurde. Ich konnte mich immer weniger regen. Bis alles an mir und in mir still stand.

Für immer?!

Himmelsfeuer - Die Gnade der EngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt