Weitere Monde vergingen, die Lage wurde angespannter. Du schienst nur noch aus Kälte und Wut zu bestehen, und manchmal fragte ich mich, warum du es nicht einfach aussprachst. Du konntest doch mit jemandem reden. Mit Kratzer. Oder mit mir. Mit irgendjemandem.
Du schienst kaum noch auf die Katzen um dich herum zu achten. Alles, was sich in deiner Welt abspielte, war in deinen Gedanken. Du sprachst kaum noch mit deinen Mitgliedern und alles, worum du dich kümmertest, war Flut. Flut, die Clans und deine Rache.
Du schicktest Reis und Maulbeere los, erneut ein Jungen zu stehlen. Keine Ahnung, wie Maulbeere es als Mutter übers Herz brachte, einer Kätzin einfach ihr Junges wegzunehmen, doch ich wusste, dass du es ernst meintest.
Ich merkte, wie die Anspannung im Lager stieg. Du vernachlässigtest Fels, bevorzugtest vielleicht sogar unbewusst andere Katzen und die Anderen tuschelten. Über dich, über die Lage, über Pläne. Als gäbe es kein anderes Thema. Aber alle wussten, dass das nur die Vorbereitung auf etwas Größeres war.
Irgendwann kam die Eskalation. Du schicktest Fels, Dachs und Erdbeere los, um Flut, der angeblich inzwischen Flutpfote hieß, zu entführen.
Wir würden ihn dann wieder umerziehen und zu einem treuen Reißer machen, hieß es. Doch ich glaubte dir nicht. Du würdest ihn einfach töten, wenn du ihn unter Kontrolle hattest.Nach einer Weile, die vielen im Lager wie Monde vorkam, kehrten die drei zurück. Sie trieben Flutpfote vor sich her, der unglaublich erschöpft wirkte und überall Kratzer und Bisse hatte. Was hatten sie getan, nur um einen Schüler hier her zu bringen?
Alle starrten ihn an wie ein Ausstellungsstück. Es war früher Morgen, sie waren gestern Abend losgezogen. Sie mussten den grauen Kater die halbe Nacht unter Schmerzen zu unserem Lager getrieben haben.
Ich saß neben Sand und Brenn uns sah tatenlos zu, wie er zu deinem Bau eskortiert wurde. Zwischendurch fiel er in eine Schockstarre und wurde dann von Dachs weitergezerrt, ohne sich zu wehren.
Ich konnte ihm nicht helfen. Sand und Brenn waren einer deiner engeren Verbündeten und gehorchten dir widerstandslos, egal, was du auch sagtest. Es würde mich nur in Schwierigkeiten bringen.Flutpfote wurde in deinen Bau gestoßen. Ich wusste, dass du dich seit Fels', Dachs' und Erdbeeres Aufbruch nicht herausbewegt hattest. Du hattest gewartet.
Auf dein Opfer.Wenig später kam Fels mit verzerrter Miene heraus und verschwand wortlos durch den Lagerausgang. Und kurz darauf folgte der Gefangene, dicht gefolgt von Erdbeere.
Erdbeere leitete ihn an und ich wusste sofort, wo er hin sollte. In die kleine Felshöhle, die mit einem großen, flachen Stein verschlossen werden konnte. Ich hatte gehört, wie du sie hattest vorbereiten lassen.
Plötzlich ertönte ein lautes "Angriff!".
Ich fuhr herum und sah Brenn und Sand loshasten, die beiden rannten auf den Lagereingang zu, durch den Katzen geströmt kamen.
Der Geruch erschreckte mich mehr, als dass wir angegriffen wurden.LaubClan. Mein ehemaliger Clan. Mir wurde fast schwindelig von dem Geruch, der so viele Erinnerungen wieder hervorrief und ich spürte die Angst tief in mir. Die Angst, gegen meine Clangefährten kämpfen zu müssen. Gegen meine ehemaligen Clangefährten.
Ich schlich tief geduckt an dem Wall entlang und versuchte, nicht entdeckt zu werden. Einfach unauffällig sein, niemanden berühren.
Unsichtbar sein.Ich wollte nicht kämpfen. Nicht gegen meine Geschwister, nicht gegen meine Freunde. Ich konnte sie nicht nochmal so verletzen wie vor so vielen Monden.
Der Angriff kam, als ich nicht damit rechnete. Ich wurde von hinten in den Brennnessel-Wall geschubst und sofort durchfuhr mich gleißender Schmerz. Es brannte. Überall.
Es fühlte sich an, als würde ich in Flammen stehen. Überall dieses Kratzen, Jucken, der Schmerz.Durch meine geschlossenen Augen halb blind und völlig orientierungslos, stolperte ich durch die Brennnesselpflanzen und wagte es erst wieder, meine Augen zu öffnen, als ich mich wieder außerhalb des Walls befand und der Schmerz leicht abebbte, doch das Brennen blieb.
Ich fühlte die Zähne an meiner Schwanzwurzel und die Krallen in meinem Gesicht, während ich stolperte und sofort das Gewicht von Katzen auf mir spürte, die mich festhielten.
Schmerz, Schmerz, überall Schmerz. Von den Brennnesseln, von den Kratz- und Bisswunden.
Ich schrie und schlug schwach um mich, doch das Brennen raubte mir die Kraft, ließ mich innerlich verbrennen. Jemand stand auf mir und bearbeitete meinen weichen Bauch mit den Hinterpfoten, sodass mir jegliche Luft aus den Lungen gepresst wurde.Was war ich nur für eine Kriegerin? Ich hatte Kampftraining gehabt! Von Mondkristall! Und sogar hier! Bei dir, bei Fels! Warum ließ ich mich so leicht niederringen?
"Was bist du nur für eine schwaches Stück Streuner-Krähenfraß", höhnte jemand und plötzlich durchfuhr mich Wut, vertrieb den Schmerz. Ich riss die Augen auf und schlug mit einer freien Pfote nach einer Katze, ich hörte zorniges Jaulen.
Ich fühlte mich bestätigt und riss meine Krallen durch das Gesicht der zwei Schüler, die versuchten, mich wieder unter Kontrolle zu bekommen.
Zwei Schüler. Zwei Schüler hatten mich besiegt! Das ging nicht. Ich musste - musste angreifen...
Die weiße Kätzin wich zurück, der braun-schwarz gesprenkelte Kater bekam den Schlag komplett ab. Blutige Striemen zogen sich durch sein Gesicht, als er vor Wut heulte und mich von der Seite attackierte.
Doch der Zorn hatte mich komplett im Griff. Adrenalin pulsierte durch meine Adern und ich wandte das Gelernte an. Die dreckigen Streunertricks, die du mir beigebracht hattest.
Ducken, Ausschlagen, Bein unter den Bauch des Gegners, springen. Ich katapultierte meinen Gegner in die Luft, teilte gleichzeitig auch an die Kätzin aus, die ihrem Clangefährten nun zur Hilfe kam.
Ich schlug. Ich kratzte. Ich biss.
Ich lebte den Kampf in mir.Die Schüler nahmen Abstand, zogen sich zurück. Und als sie weg waren, ebbte die gleißende Wut ab und ich sank zu Boden, das Maul zu einem lautlosen Schrei aufgerissen.
Schmerz. Schmerz...Du hast diesen Kampf ausgelöst, weißt du noch? Wir alle haben dir das vorgeworfen. Dich nach unserer Niederlage anklagend angeschaut, geknurrt, wenn du Befehle erteilt hast. Wir waren kein loyaler Clan, wir waren nur von Angst zusammengehaltene Streuner, die dir gehorchten sollten.
Und in diesem Moment, als ich zuckend am Boden lag und die Tränen nur knapp zurückhalten konnte, verwünschte ich dich wie noch nie in meinem Leben. Ich wünschte dir Dinge, die ich eigentlich nie jemandem wünschen wollte. Ich widersetzte mich all meinen Vorsätzen, nur wegen dir.
Grünen Husten. Verbrennen im Feuer. Den Tod. Hunger. Verrat. Alles schlimme, das mir nur einfiel.Der Hass loderte in mir wie eine Flamme. Gestärkt von dem Schmerz und all der Trauer und Verbitterung, die in mir lauerten und darauf warteten, sich zu zeigen. Mich aufzufressen und auszusaugen, bis ich nur noch als leere Hülle dalag.
Wir hatten verloren. Selbst dein letzter Plan ging nicht auf, und Fels gabst du natürlich mal wieder die Schuld. Weil dein Plan nicht funktioniert hatte. Weil er etwas falsch gemacht hatte.
Weil du versagt hattest.
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Warrior Cats - Als du kamst
FanfictionManchmal frage ich mich, warum du es erst am Ende gemerkt hast. Als es schon zu spät war. Als es für dich schon zu spät war. Aber darauf folgt die Frage, was passiert wäre, wenn du einfach hingeschaut hättest. Wäre alles gut ausgegangen? Hättest du...