Sprechstunde

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Die Wochen vergingen rasend schnell. Eben noch war das Quidditch-Match gewesen, dann stand plötzlich Halloween vor der Tür. Sirius vermutete, dass die Zeit so schnell vergangen war, weil jeder um ihn herum richtig gute Laune hatte – vor allem James, der jeden Einzelnen der Gryffindor-Quidditch-Mannschaft nun glücklich anstrahlte, wenn jemand an ihm vorbeiging. Noch dazu konnte er nicht anders, als seinen Freunden mindestens drei Mal am Tag zu sagen, dass er in einem Jahr Sucher sein würde. Sirius schaffte es mittlerweile, das komplett zu ignorieren, aber Peter wurde immer noch mit James' ganzer Vorfreude überschüttet.

Auf Halloween freuten sich die vier ganz besonders. Sie hatten von den älteren Schülern bloß Gutes gehört und wollten sich nun endlich selbst von deren Schwärmereien überzeugen. Außerdem hatten sie eine Menge Stress im Unterricht und viele Hausübungen zu erledigen. Halloween versprach ihnen zumindest eine kleine Pause davon.

„Was die Lehrer wohl geplant haben?", fragte James am Nachmittag von Halloween, an dem sie in der Bibliothek saßen und im Buch Geschichte der Zauberei nach mittelalterlichen Zauberern für ihren Aufsatz suchten. Sirius sah ihn verwundert an. In letzter Zeit hatte er bloß noch über Quidditch geredet, sodass es schien, als würde ihn nichts anderes mehr interessieren.

Keiner antwortete ihm. Remus las fieberhaft in seinem Buch und machte sich Notizen, während Peter völlig verzweifelt über sein noch leeres Blatt Pergament gebeugt war und versuchte, seiner Feder ein paar Worte zu entlocken. Um James zumindest irgendeine Art von Antwort zu geben, zuckte Sirius mit den Schultern. „Mach dir da mal keinen Kopf darüber, nicht dass du am Ende enttäuscht bist", sagte er weise und schlug sein Lehrbuch auf irgendeiner Seite auf, ohne richtig darin zu lesen.

„Jaah, hast recht." James legte seine Feder neben den halbfertigen Aufsatz und gähnte genüsslich. Sein Blick schwenkte nach draußen, wo es regnete und der Wind gegen die Fenster peitschte.

Sie waren alle gespannt, als sie sich an diesem Abend auf den Weg in die Große Halle machten. Sie staunten nicht schlecht, als sie sahen, wie hunderte von Fledermäusen über die Tische flatterten und ihre Schatten auf den Wänden tanzen ließen. Sämtliche Geister glitten an den Tischen vorbei oder setzten sich zu den Schülern. Statt den vielen Kerzen, die immer über den vier langen Tischen schwebten, beleuchteten kunstvoll geschnitzte Kürbisse die Große Halle. Noch dazu kamen die wunderbaren Speisen, von denen James ständig behauptete, sie seien das Beste, das er je gegessen hatte. Sirius stimmte ihm zu. Er fand, Kreacher kochte furchtbar, und war zeitgleich wirklich froh, dass er bisher noch nichts von zu Hause gehört hatte.

Tatsächlich erhielt er seinen ersten Brief erst kurz vor den Weihnachtsferien. Die Ländereien waren mittlerweile schneebedeckt, genau wie die Wipfel der Bäume des Verbotenen Waldes und Hagrids Hütte. Sie hatten den Wildhüter einige Male besucht, und jedes Mal hatte er ihnen seine steinharten Plätzchen angeboten, die sie nach ihrer ersten Erfahrung mit ihnen jedoch dankend ablehnten.

Peter hatte es geschafft, sich aus Versehen während einer Doppelstunde Verteidigung gegen die dunklen Künste selbst anzuzünden, ohne dass er seinen Zauberstab auch nur bewegt hatte, wodurch Professor Somerville, der einer ihrer Lieblingslehrer war, gezwungen war, Peter von oben bis unten mit Wasser zu bespritzen. Seitdem mussten James und Sirius immer laut loslachen, wenn sie ihn ansahen, und hatten für eine Woche kein anderes Gesprächsthema mehr. Allerdings nur, bis eine Eule eines Morgens beim Frühstück einen Brief in Sirius' Haferbrei fallen ließ und ihn damit bekleckerte.

James prustete los, doch als er Sirius' Gesichtsausdruck sah, verstummte er jäh.

„Ich wusste es", murmelte Sirius in sich hinein und starrte den Brief an, den er noch nicht aus seinem Frühstück geholt hatte. Er kannte die Schrift seiner Mutter, und ihm graute davor, was sie ihm zu sagen hatte.

The Marauders' Book - Jahr 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt