8

66 2 0
                                    

Sicht des Readers:

Nichts funktionierte. Mister Walker stellte sich quer und beantwortete keine einzige der Fragen. Nichts. Natürlich, was hätte ich auch von ihm erwarten sollen? Aber wenn er nicht kooperierte, dann musste ich ihm dabei helfen. Über die Kopfhörer bat ich Booth, zu mir zu kommen.
"Was gibt es denn?", wollte er wissen. Er schien ziemlich genervt, was ich jedoch verstehen konnte. "Ich möchte, dass Sie Sweets sagen- laut, damit Mister Walker es auch hört-, dass es jemanden gibt, der gegen ihn eine Aussagen machen möchte, und zwar Chester Moore und seine Verlobte Carla Moyes." Booth sah mich fragend an. "Ist das Ihr Ernst?" Ich nickte. "Ja, wenn er die Namen hört, wird er definitiv reden."
Der Agent warf mir einen letzten unentschlossen Blick zu, dann gab er sich geschlagen und ging wieder rein. "Sie können gehen, Mister Walker."
"Meinen Sie das ernst? Oder ist das ein Trick?"
"Kein Trick. Mir wurde gerade mitgeteilt, dass jemand in dem Fall aussagen möchte. Chester Moore und Carla Moyes", erzählte er weiter und tatsächlich sorgte das für Jonathan Walkers Aufmerksamkeit. "Was? Warum sollte der das tun und warum sollten Sie jemandem wie ihm glauben?", höhnte er und versuchte somit, seine Unsicherheit zu überspielen. "Jemandem wie ihm? Was meinen Sie damit?", fragte Booth und glücklich stellte ich fest, dass Lounas Vater nun in der Klemme steckte. Er konnte Chester nicht schlecht machen, ohne Fragen aufzuwerfen, die ihn vermutlich mehr als den Job kosten würden. Denn ich war mir sicher, dass diese Geschichte kein Einzelfall war.
"Ich kenne Mister Moore und ich glaube nicht, dass er gegen mich aussagen würde. Doch ich weiß, wer mich gerne leiden sehen würde, weil sie ihr eigenes erbärmliches Leben nicht erträgt und das aller anderen ruiniert, damit sie sich besser fühlt- die sollten Sie wohl eher befragen. Ich rede von (DN) (DNN), dieser..." Und natürlich musste er mich mit reinziehen und anfangen, mich zu beleidigen! Ja, ich hatte mit Ches gesprochen, aber ich wusste, dass er schon vorher überlegt hatte, zur Polizei zu gehen.
Booth uns Lance wiesen Mister Walker zurecht und verließen gemeinsam den Raum. Ich folgte ihnen nach draußen, wo mir sofort die Familie auffiel. Ich ging auf sie zu und schloss Carla in die Arme. "Ich habe Angst, (DN)", flüsterte sie. "Was gleich passieren wird, ist gut. Es ist das, was ihr schon so lange wolltet, nicht? Außerdem bin ich für dich da und deine Familie auch", erklärte ich sie. Carla löste sich von mir, nickte und ihr Verlobter legte einen Arm um sie.
"Wie geht es dir, Ches?", wollte ich wissen. Er antwortete, dass er nervös sei, aber dieses Gespräch es definitiv wert sei.
Auch Carlas Mutter hoffte das Beste für das Paar und verabschiedete sich, bevor sie mit Eleanor, der kleinen Tochter der beiden, nach Hause fuhr.
Anschließend stellte ich Booth und Sweets die Zeugen vor, dann gingen sie in den Verhörungsraum und ich begab mich wieder in das angrenzende Zimmer.

Das Paar erzählte davon, dass sie vor dreieinhalb Jahren in das Haus neben den Walkers gezogen waren und Carla betonte, dass der Familienvater zuerst wie ein sehr netter Nachbar gewirkt hatte. Anfangs taten sie das Geschrei aus dem Haus von nebenan wegen des guten Eindrucks noch ab. "Wir haben uns zuerst nicht wirklich etwas dabei gedacht- jeder streitet sich mal. Aber jetzt bereue ich das sehr", erklärte Chester und seine Verlobte stimmte ihm zu. Schnell wurde ihnen nämlich klar, dass die Häufigkeit des Streitens unnormale Ausmaße angenommen hatte.
Weil sie nicht weiter wussten, hatten sie mich angesprochen, da sie mich ab und zu mit den Kindern gesehen hatten. Ich konnte mich gut daran erinnern; die beiden hätten gerne viel mehr für Louna und Theo getan, vielleicht die Polizei gerufen. Ich hatte ihnen jedoch erklären müssen, dass ihr Vater Polizist war und sich mit seinen Kollegen gut verstand und seine Kinder diese Option daher ablehnten. Außerdem hatten sie Angst vor den Konsequenzen, die ihr Vater nach einer solchen Aktion ziehen würde; diese falsche Wahrnehmung, seine Kinder- beispielsweise wegen dieser möglichen Blamage vor seinen Kollegen- bestrafen zu müssen, obwohl sie nichts damit zutun hatten, war leider Tagesordnung.

Weiter sagten sie, dass sie teilweise mitbekamen, worum es bei den Streits ging: der Ursprung lag nicht nur in fünf fehlenden Punkten zur Höchstleistung bei Tests, sondern auch bei Kleinigkeiten wie Stifte, die sie nicht angespitzt hatten. Bei letzterer Situation hatte Mister Walker sie erst deshalb fertig gemacht und sie dann wegen weiterer Fehltritte angeschrien, für die sie sich schon hunderte Male entschuldigt hatten.
Sie beschreiben, dass es Zeiten gab, in denen sie tagtäglich zu hören bekamen, wie Louna und Theo angeschrien wurden. Manchmal- so hieß es weiter- klingelte sie dann und fragten beispeilsweise nach Milch, um die Situation zu beruhigen.
Doch dann- und das war das Kuriose-, gab es wiederum einige Wochen, in denen man nichts hörte. Davon hatten die Geschwister mir auch erzählt. Sie waren völlig überfordert mit einem solchen Paradox und fühlten sich dann schlecht, weil sie darüber nachgedacht hatten, endgültig zu ihren Verwandten zu ziehen. Lou hatte mir erzählt, dass sie glaubte, Ted würde dann beiseite schieben, wie oft er wegen ihrem Vater geweint hatte, doch für das Mädchen war so etwas nicht möglich gewesen und immer, wenn sie mit ihrem Vater zusammen lachten, erinnerte sie sich daran, dass er sie schon oft mit seinen Worten verletzt hatte.
Dieser Gegensatz war Teil von Gaslightning. Lance hatte mir von der psychologischen Taktik erzählt. Stephanie A. Sarkis, eine Psychologin und Autorin, hatte diese Art der Manipulation in 11 verschiedene Kategorien geteilt und eine von ihnen besagte, dass die Täter positive Verstärkung miteinbrachten, um das Opfer zu verwirren. Diese schlussfolgerten dann, dass die Person es nicht verdiente, dass sie nur Schlechtes über sie gedacht hatten- und schon stellt man alles infrage.

Lance Sweets x ReaderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt