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~vier Wochen später~

Sicht des Readers:

"Ich verstehe einfach nicht, wie so jemand Polizist sein kann", regte Angela sich auf und ich zuckte mit den Schultern. "Es gibt Polizisten, die für Gerechtigkeit sorgen, und welche, die noch mehr Leid verursachen. Die Polizeigewalt und Rassismus spielen in Amerika eine große Rolle. Und wusstest du, dass es im Jahr 2019 nur 27 Tage gab, an denen niemand von der Polizei erschossen wurde? Insgesamt waren es 1009 Tötungsfälle. Und von 2013 bis 2019 wurden 99 Prozent der Polizisten nicht einmal angeklagt, sondern sind einfach davongekommen."
"Oh mein Gott", meinte sie tonlos.
"Du sagst es", gab ich zurück. "Polizisten sind nicht immer gute Menschen, auch wenn es eigentlich so sein sollte."
"Okay, Themenwechsel", unterbrach sie mich und ich nickte. "Gut", sagte Angela und ihre Stimme wurde ein wenig vorsichtiger. "Hast du schon mit Sweets gesprochen?"
"Nein, habe ich nicht", antwortete ich leise seufzend.
"Was hält dich davon ab, (DN)?", wollte sie wissen, was mich erneut seufzen ließ.
"Ehrlich gesagt weiß ich das selbst nicht. Ich möchte das, was wir haben, einfach nicht verlieren und wenn ich nicht mit ihm rede, dann schiebe ich die Enttäuschung einfach weiter auf. So bleibt wenigstens noch ein kleiner Funke Hoffnung übrig."
"Warum solltest du ihn denn verlieren? Weil du ihm nichts aus deiner Vergangenheit erzählt hast? Seine Leben war auch nicht perfekt und lange Zeit wussten wir nicht wirklich etwas davon. Er wird verstehen, warum du es nicht erzählt hast. Glaub mir, Sweets könnte dich niemals hassen."
"Er hat mir davon erzählt, von seiner Vergangenheit, meine ich. Und das Einzige, was ich erwähnt habe, war, dass ich keinen Alkohol mehr trinke, weil ich eine Weile zu viel davon hatte."
"Es geht doch nicht darum, wie viel du ihm erzählst, oder er dir, Süße. Du warst einfach nicht bereit dafür, das lag jedoch nicht an Sweets. Mir hast du es auch nicht erzählt; Hodgins, Booth, Brennan und Cam ebenso. Deine erste große Liebe hat dich vom einen auf den anderen Tag verlassen und deinen Sohn mitgenommen; es ist verständlich, dass das ein etwas schwierigeres Thema für dich ist.
Wichtig ist nur, dass du solche Themen ansprichst, wenn du dir sicher bist und es nicht einfach ignorierst. Bitte hör auf, dir daran die Schuld zu geben. Und wenn du die Situation klären möchtest, dann sprich mit Sweets, okay?"
"Danke, Angela, ich glaube, ich konnte eine solche Ansage mal gut gebrauchen."
"Immer wieder gern, Süße", gab meine Freundin zurück und lächelte mir zu.

Eine Stunde später war ich wieder Zuhause bei Jamie und Theo, die an einer Konsole spielten, welche früher Ethan gehört hatte. Ich hatte sie verkaufen wollen, nachdem Jamies Vater mit ihm abgehauen war, doch keine Zeit dafür gehabt und sie letztendlich auf dem Dachboden vergessen.

Als wir in die Wohngegend gezogen waren, hatte ich Theos Mutter Elena auf dem Spielplatz kennengelernt, wo ihre Kinder gespielt hatten. Ihr Sohn war nur ein Jahr älter gewesen, damals drei, und er hatte sich gut mit Jamie verstanden. Sie waren beste Freunde, bis Ethan diese verdammten Probleme zubereitet den Kopf wuchsen- und der Rest war Geschichte.
Als Jonathan und Elena sich scheiden ließen- das war fast ein ganzes Jahr bevor mein Ex mit Jamie verschwand-, war mein Sohn für die Geschwister da und ich hoffte, sie würden auch in dieser Zeit füreinander da sein. Doch wenn die Thompsons- und somit auch Theo, der von ihnen aufgenommen wurde- wieder zurück in die Heimat zogen, könnte das schwierig werden.
Doch momentan ging es beiden ganz gut und auch Theo lachte mehr. Sie waren auch beide in therapeutischer Behandlung, die ihnen gut tat. Natürlich gab es Zeiten, in denen beide sehr zu kämpfen hatten, doch dann waren wir für die Jungs da.

Gerade fluchte Teddy, weil sein Freund ihn besiegt hatte und verlangte nach Revanche, die mein Sohn begeistert annahm- was dazu führte, dass er derjenige war, der fluchte. Ich lachte auf und wollte nach Rob, Olivia und Ava sehen, die sich irgendwo im Haus herumtrieben. Doch ein Klingeln ließ mich innehalten und die Richtung ändern. Ich lugte durch den Türspion und hielt überrascht die Luft an: Vor der Tür stand Lance. "Tut mir Leid, ich kann einfach nicht", flüsterte ich, drehte mich kopfschüttelnd um und ging in die entgegengesetzte Richtung.
"Wer war das?", fragte Jamie neugierig aus dem Wohnzimmer. Die beiden Jungs hatten anscheinend keine Lust mehr auf das Spiel gehabt und waren dabei, dutzende Games auf dem Boden zu verteilen- vermutlich, um sich einen Überblick zu verschaffen, auch wenn das für mich nicht sonderlich geordnet aussah.
"Ich kenne ihn von der Arbeit", antwortete ich ausweichend. Teddys Blick, der eben noch auf eines der Spiele geheftet war, schnellte zu mir. "Redest du von Lance?", fragte er und ich nickte. "Wieso möchtest du nicht mit ihm reden?", wollte Theo wissen, während mein Sohn mich nur verwirrt ansah. "Lance? Wer ist das?"
"Er ist Psychologe beim FBI und erstellt Täterprofile für das Team. Wir haben uns gut verstanden, ehe es kompliziert wurde", erklärte ich vage. "Kompliziert? Meinst du im Bezug auf Liebe?", fragte Jamie mit hochgezogener Augenbraue. "Nein. Ehrlich gesagt hat sich alles geändert, als beim FBI der Verdacht aufkam, ich hätte mich an deinem Dad und Hazel rächen wollen. Er hat mit mir über mein Verhältnis zu ihnen reden wollen, aber es sind zu viele Fragen aufgekommen, die ich erst einmal klären wollte, bevor ich etwas sage. Und seitdem bin ich ihm aus dem Weg gegangen", erklärte ich.
"Möchtest du, dass sich das ändert?", fragte mein Sohn und ich schüttelte lahm den Kopf. "Ich bin glücklich mit der jetzigen Situation, Jamie."
"Das beantwortet die Frage aber nicht. Du möchtest mit ihm reden, also warum öffnest du nicht die Tür? Dass er hier ist, heißt doch, dass er das auch möchte", widersprach er und Ted nickte.
"Ist schon gut, Jungs,", erklärte ich, doch Jamie und Theo schüttelten synchron den Kopf- und plötzlich lief mein Sohn zur Haustür.
"Jamie! Was hast du vor?!", rief ich ihm hinterher, ehe er die Tür aufzog und ich seufzte frustriert.
"Hi, ähm, du bist Jamie, oder? Ist deine Mutter zu Hause?", hörte ich Lance fragen.
"Oh mein Gott, ihr seid solche Idioten", zischte ich Theo zu- er wusste allerdings genau, dass ich ihnen nicht wirklich böse sein konnte. Als mein Sohn Sweets hereinbat, strich ich mir hektisch eine Haarsträhne hinters Ohr. "Alles wird gut, (DN)", meinte Teddy grinsend und im nächsten Moment kam mein Kollege auch schon ins Wohnzimmer.
"Hi. Ich wollte nicht stören, aber wärst du damit einverstanden, wenn wir reden?", fragte er nervös.
"Okay, ähm... nein... Ich meine ja, das ist in Ordnung", fing ich an, als Olivia zu uns kam. "Hey, Livvie. Alles klar?", fragte ich und sie nickte, dann fiel ihr Blick zu Lance. "(DN)s Kollege, stimmt's? Du warst dabei, als (DN) uns vom Flughafen abgeholt hat"
"Ja, der bin ich. Und ich wollte (DN) kurz mitnehmen", erklärte er erneut.
Ich wuschelte den Jungs zum Abschied durch die Haare, woraufhin sie mich beleidigt ansahen. "Oh, und das Chaos hier ist auch weg, wenn ich wiederkomme. Klar?", sagte ich ungerührt.
"Klar", bestätigten die beiden und grinsten sich an. Liv hingegen sah besorgt aus, also schloss ich sie kurz in meine Arme. "Bis später, okay?" Sie gab einen zustimmenden Laut von sich, aber strafte mich mit ihren Blicken, als ich sie losließ: Olivia hasste Umarmungen wie die Pest!

~zehn Minuten später~

"Jamie ist also dein Sohn", stellte Lance überflüssig fest. Schon eine Weile liefen wir am Wald bei dem Wohngebiet entlang und vorher hatte niemand so wirklich etwas gesagt.
"Ja, er ist mein Sohn", bestätigte ich steif und wieder herrschte bedrückende Stille.
"Es... es tut mir Leid, dass ich dich so schnell verurteilt habe, ich...", fing er wieder an, wurde jedoch durch das Klingeln meines Handys unterbrochen. Entschuldigend ging ich ran und es stellte sich heraus, dass es Doktor Saroyan war.
"Tut mir Leid, die Pflicht ruft", entschuldigte ich mich, nachdem ich aufgelegt hatte.
"Eine neue Leiche?", fragte Lance und ich nickte. "Okay... ähm, können wir dieses Gespräch irgendwann nachholen?", fragte er.
"Okay, ja", antwortete ich und lächelte vorsichtig. "Super", erwiderte er.

~zwei Tage später~

Lance fing mich nach der Arbeit ab und wir hatten die Gelegenheit, uns auszusprechen. Es lief gut und danach trafen wir uns wieder regelmäßig auf einen Kaffee im Royal Diner. Alles schien wieder beim Alten zu sein- wäre da nicht dieses Kribbeln, dass ich schon früher gespürt hatte; doch nun war es stärker als je zuvor und ließ sich nicht mehr ignorieren. Vermutlich hätte ich mich nie getraut, doch als er mich eines Nachmittags nach Hause brachte und um ein Date bat, brauchte ich nicht lange zu überlegen.

~anderthalb Monate später~ 

Lance' Sicht:

"Du magst mich nicht wirklich, kann das sein?", stellte ich endlich die Frage, die mir seit einiger Zeit auf der Zunge brannte. (DN) hatte zwar gesagt, dass er sich im Grunde genommen freute, doch irgendetwas hatte sich an Jamies Meinung geändert, und ich war mir nicht sicher, ob es ein gutes Zeichen war. Ich interpretierte möglicherweise auch zu viel in die Situation- okay, das tat ich definitiv, es machte mich fertig-, denn die Wahl zwischen ihrem Sohn und mir, wäre für (DN) eindeutig. Und als Jamie seinen Mund auf- und wieder zuklappte, verlor ich meinen letzten, winzigen Hoffnungsschimmer.
"Ich wusste anfangs nicht, was ich von dir halten sollte. Ich meine, ich habe drei Jahre lang nichts von Mom gehört und es war irgendwie ein bisschen viel, was ich verpasst habe. Und dann taucht ein Mann auf, der viel zu gut gekleidet ist, dafür, dass Samstag ist. Außerdem wollte Mom anfangs nicht mit dir reden und sie meinte, dass ihr euch vorher aus dem Weg gegangen seid. Später habe ich mich gefragt, ob es die falsche Entscheidung gewesen ist, Mom zu drängen und dir die Tür zu öffnen", gab Jamie zu.
"Weißt du, die Zeit davor war nicht ganz einfach, für mich ebenfalls. Die Suche nach deinem Dad, seiner Frau und dir hat wirklich an unseren Nerven gezerrt."
"Hast du es geglaubt? Dass sie es Dad und Hazel zurückzahlen wollte, meine ich?", hakte er nach.
"Nein, niemals", antwortete ich. "Weißt du, als man mir von eurem Verschwinden erzählte und dass deine Mutter angeblich damit etwas zutun hatte, traf mich das völlig überraschend. Ich war hin- und hergerissen zwischen dem, was ich von deiner Mutter persönlich wusste und der Meinung von vielen hochrangigen Officern und Agents. Doch immer, wenn ich darüber nachgrdacht habe, dass sie es doch getan haben könnte, kam es mir falsch vor; sie konnte es einfach nicht gewesen sein", sagte ich und Jamie schien zufrieden.

"Du hast mich doch gefragt, ob ich dich mag, stimmt's ?", fragte er nach einiger Zeit und ich nickte vorsichtig.
"Ich mag dich allein schon, weil du meine Mom glücklich machst", antwortete Jamie und ich konnte gar nicht beschreiben, wie viel es mir bedeutete.

Lance Sweets x ReaderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt