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Sicht des Readers:

Am nächsten Tag war ich wieder auf den Weg zum Jeffersonian.
"Hi", begrüßte ich Lance lächelnd, der am Eingang zu warten schien. Doch dann bemerkte ich seinen angespannten Gesichtsausdruck und wurde unsicher.
"Was ist los? Ist..."
"Wir müssen reden. Komm mit", unterbrach er mich, drehte sich um und ging. Verwirrt folgte ich ihm und verlor mich unterwegs in allen möglichen Szenarien.
'Denk an die Wasser-Lehre', ermahnte ich mich, als es zu konfus wurde. Allerdings brachte das meine Gedanken wieder zu Lance und der Zeit, die wir zusammen verbracht hatten. Und der Blick, mit dem er mich angesehen hatte, schummelte sich ständig in meine Gedanken.

"Ethan Lewis Adams", fing er an und schloss die Tür zu seinem Büro. Dann drehte er sich um und sah mir direkt in die Augen. "Kennst du ihn?" Ich zuckte zusammen. Diesen Namen aus Lance' Mund zu hören, war wie ein Schlag ins Gesicht. "Das werte ich mal als ein Ja", antwortete er schlicht. Ich wollte wissen, warum er diese Informationen brauchte, doch er ignorierte mich. "Und ihr wart zusammen? Wie lange?", fragte er stattdessen. "Wir sind zusammen gekommen, als ich vierzehn Jahre alt war. Und vor drei Jahren hat er dann Schluss gemacht", erklärte ich und wurde noch unruhiger. "Lance, bitte! Sag mir, worum es hier geht. Was soll das?", bat ich.
"Seine Frau Hazel, ihr gemeinsamer Sohn und er sind verschwunden. Keiner hat sie seit einem halben Monat gesehen."
"Das ist schrecklich, wirklich! Aber was soll ich damit zutun haben?", fragte ich fassungslos. "Ethan und Hazel Adams...", fing er an, doch ich unterbrach ihn.
"Moment. Wie lautet der Mädchenname der Frau?"
"Colin, wieso fragst du?"
Hazel und Ethan waren ein Paar?!
Ich verstand die Welt nicht mehr...
"Nicht so wichtig", antwortete ich auf seine Frage hin. Er beließ es glücklicherweise bei hochgezogenen Augenbrauen. "Als Miss Adams 15 Jahre alt war, hatten sie und Mister Adams eine Affäre, aus der ein Kind entstanden ist. Es war eine Teenagerschwangerschaft, doch sie hat sich trotzdem entschieden, das Kind zu bekommen. Wusstest du davon?" Ich war überrascht, wie ruhig ich blieb, als ich nach dem Namen des Kindes fragte. "Wusstest du davon, dass sie ein Kind haben?", wiederholte Lance und wirkte plötzlich erschöpft; so, als hätte er die letzten Nächte nicht geschlafen.
"Beantworte zuerst meine Frage", forderte ich. "Ihr gemeinsamer Sohn heißt Jamie", erklärte er widerwillig und für einen Moment schien meine Welt stillzustehen.
"Nein", flüsterte ich und versuchte mich zu sammeln. "Nein, das stimmt nicht. Jamie ist nicht ihr Sohn", sagte ich bestimmt. Verzweiflung kam in mir auf.
Und Verwirrung.
"Nun ja, es ist so. Vielleicht konntest du es nicht glauben, als du es herausgefunden hast und..."
"Wie bitte? Lance, du bist hier der Psychologe; glaubst du wirklich, dass ich irgendetwas mit dem Verschwinden zutun habe?"
"Was ich glaube, ist nicht wichtig. Was momentan zählt, ist, was man beim FBI denkt." Wie bitte?! Fassungslos sah ich ihn an und konnte nicht glauben, was da gerade passierte. Es fühlte sich an wie vor drei Jahren, als er ging und mein Leben dem Untergang weihte.
'Wissen Sie, ich kann verstehen, warum der Adams abgehauen ist. War hier nicht gerade von Vorteil, wenn Sie verstehen, was ich meine.' Das hatte Mister Walker mir vor Wochen erzählt. Der Polizist war schon viele Jahre im Dienst gewesen. Vielleicht könnte er...
"Ich werde jetzt gehen, Lance. Ich finde es nett, dass du erst einmal in Ruhe mit mir sprechen wolltest. Du bist vermutlich der Meinung, dass wir uns vertrauen können und ich dir erzählen werde, was passiert ist. Weil wir Freunde sind. Aber wie kann das hier- diese Freundschaft- funktionieren, wenn du solche Aussagen machst? Natürlich zählt das, was du denkst. Du erstellst Täterprofile, das ist dein Job. Ideen von anderen ziehst du bei deiner Arbeit in Betrachtung, wägst sie ab; aber du bildest dir immer ein eigenes Urteil. Das ist fürs FBI von großer Bedeutung. Und für mich auch", sagte ich. "Und Lance, ich möchte, dass du dafür über etwas nachdenkst. Ich möchte, dass du dich an meinen Umgang mit Ally, Andra, Eli und Teddy erinnerst. Ich liebe Kinder und selbst wenn ein Baby aus einer Affäre mit meinem jetzigen Exfreund entstanden wäre, so könnte ich dem Kind nicht wehtun. Nie. Ich würde ich den Jungen nicht dafür bestrafen. Er wäre in diesem Szenario kein Fehler, er kann nichts für diese Umstände. Ethan und Hazel wären diejenigen, die ich verantwortlich machen würde- wenn ich nicht mit Ethan abgeschlossen hätte. Ich bin natürlich in gewisser Weise traurig darüber, wie es geendet ist, aber nicht rasend vor Wut. Nicht mehr. Das ist Vergangenheit. Und glaube mir, dass ich dir gerne mehr erzählen würde. Aber es ist wirklich nicht so einfach, wie ihr glaubt", sagte ich seufzend.
"Ich bitte dich, Lance. Nimm dir zu Herzen, was ich gesagt habe." Dann riss ich die Tür auf und stürmte los. Ich hörte, wie der Psychologe meinen Namen rief, aber in dem Moment war mir das vollkommen egal.

Lance Sweets x ReaderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt