Sicht des Readers:
"Hey, Miss (DNN)", hörte ich jemanden hinter mir rufen, ehe der Psychologe vom FBI mich einholte. "Haben Sie Feierabend?", fragte er und ich nickte seufzend. Ein anstrengender Arbeitstag, während dem wir den aktuellen Fall gelöst hatten, war endlich vorbei. Ich war noch nicht lange am Jeffersonian, doch auch wenn die Arbeit nervenaufreibend war, liebte ich es- und ich wusste zum ersten Mal seit einiger Zeit, dass ich nicht so schnell wieder eine Bewerbung schreiben wollte.
Normalerweise würde ich mich Zuhause mit einem Buch und guter Musik zurückziehen, doch heute stand mir noch ein Treffen in einer Bar bevor, auf das ich nicht wirklich Lust hatte. Callie hingegen war anderer Meinung. 'Du musst endlich mal wieder unter Menschen kommen, (DN). Ein paar soziale Kontakte zu knüpfen, wäre doch mal eine gute Abwechslung, oder?', hatte sie gesagt. Meine beste Freundin seit Kindheitstagen dachte, ich wäre noch immer nicht über die Trennung von meiner ersten großen Liebe hinweg und ich sollte einfach ein bisschen Trinken und einen One-Night-Stand haben, dann würde das schon funktionieren. Aber ich konnte das nicht tun, ich hatte mit gewissen Dingen zu kämpfen gehabt, was Callie natürlich nicht wusste, und zusätzlich hatte ich ein bisschen mehr Verantwortung zu tragen, als sie.
Aber da sie sofort merken würde, wenn ich mich davonschlich, konnte ich diese Option vergessen und der Abend würde einfach nur langweilig werden."Doktor Brennan würde es wahrscheinlich nicht ohne Weiteres zugeben, aber Sie habe sie heute wirklich beeindruckt", meinte Sweets und prompt wurde ich rot. "Danke", antwortete ich lächelnd. Mit Doktor Brennan zu arbeiten war motivierend und ihre Perfektion trieb mich dazu, mein Bestes zu geben- und noch mehr. Ich wollte sie auf gar keinen Fall enttäuschen.
"Darf ich fragen, ob Sie heute noch etwas vorhaben? Wenn nicht, dann würde ich Sie gerne auf ein Essen unter Kollegen im Royal Diner einladen", fragte er und holte mich damit aus meiner Gedankenwelt. "Oh, ich würde das Angebot gerne annehmen, aber ich muss los; ich treffe mich gleich mit einer Freundin. Sie ist seit Kurzem wieder in der Stadt und möchte mich allem Anschein nach sozialisieren", antwortete ich mit einem gequälten Lächeln und erneut nahmen meine Wangen einen Rosaton an, als ich fragte: "Aber vielleicht ein anderes Mal, okay?"
"Gerne", antwortete Sweets lächelnd.~2 Stunden später~
"Eine Cola, bitte", rief ich und wenige Zeit später stand das Getränk vor mir auf dem Tresen. Kurz bereute ich meine Entscheidung, nicht doch ein Wasser genommen zu haben, da ich von der lauten Musik Kopfschmerzen bekam, aber wenigstens war meine Cola kalt.
Der Abend war bis jetzt eigentlich nicht schlimm gewesen. Wir hatten zu Abend gegessen, uns dann bei Callie fertig gemacht und viel gelacht; ich freute mich wirklich, dass sie wieder zurück war. Doch jetzt kam der unerfreuliche Teil- und ich konnte nicht einmal sauer auf meine beste Freundin sein, da sie es nicht böse meinte. Zu feiern war in erster Linie ihre Art, mit Problemen umzugehen. Darüber, ob das die beste Lösung war, ließ sich streiten, aber solange Callie sich nicht zu tief in Drogen stürzte, war es mir recht. Ihr Motto war nun einmal: Hässliche Trennung? Feiern und mit dem besten Freund vom Ex schlafen!
"(DN)?", hörte ich jemanden rufen, dann schob sich plötzlich Sweets' Gesicht in meine Bildfläche. Anders als sonst trug er keinen Anzug, sondern eine schlichte Jacke und Jeans und ich musste zugeben, das Outfit stand ihm gut, wirklich gut. Ich gab ein Hallo zurück, das er definitiv nicht gehört hatte- dafür war der Club einfach viel zu laut und zu voll.
"Nach Partystimmung sieht das hier aber nicht aus", bemerkte der Psychologe und zeigte zuerst auf mein Getränk, ehe er den Blick von meinem schlichten Oberteil zu der nichtsaussagenden Hose gleiten ließ. Um es ein bisschen ausgehtauglicher aussehen zu lassen, hatte ich das Outfit halbherzig mit Schmuck kombiniert- anscheinend ohne Erfolg.
Mein Blick zuckte zu Callie, die eng umschlungen mit einem, zugegeben attraktiven, Mann tanzte. "Ich hatte Ihnen doch erzählt, dass eine Freundin meinte, ich solle mal wieder unter Menschen kommen..." Sweets nickte verständnisvoll. "Darf ich mich vielleicht zu Ihnen setzen? Da Sie offensichtlich nicht besonders große Lust aufs Feiern haben, wäre das doch eine bessere Alternative, oder?"
Ich nickte und er setzte sich zu mir.
Sweets machte mir diesen Aufenthalt viel einfacher und entspannter. Dennoch war ich schon lange nicht mehr in einer Bar gewesen und die betrunkenen Menschen um mich herum waren nicht...
Ich schob diese Gedanken beiseite, verbarrikadierte sie in der hintersten Ecke meiner Gedanken- doch Sweets bemerkte trotzdem, dass etwas nicht stimmte. "Ist alles in Ordnung, (DN)?", fragte er.
"Soll ich erzählen, warum ich wirklich nichts mehr trinke?"
"Sie müssen das nicht, das wissen Sie, oder?", entgegnete er. Ich nickte. "Ja, aber ich möchte. Ich weiß auch nicht, warum ich Ihnen vertraue- aber nein, Sie zwingen mich auf keinen Fall", erklärte ich und er nickte zustimmend, also fing ich an, zu erzählen.
"Vor drei Jahren gab es eine Phase, in der ich ein wenig zu viel getrunken habe. Ich war nicht unbedingt süchtig, aber es war mehr Alkohol, als gut für mich war- ich steckte in der Phase der Gewöhnung, auch wenn ich wusste, wie falsch das war. Ich hätte mich vermutlich zu Tode getrunken, wäre ich nicht irgendwann aus dieser Starre aufgewacht und hätte etwas gegen diesen Albtraum unternommen."Ich erinnerte mich an den Tag, als wäre es erst gestern gewesen.
Gegen Mittag an einem Freitag war ich mal wieder mit einem Kater aufgewacht. Glücklicherweise musste ich nicht arbeiten, oder zur Uni, also machte ich mich fertig und ging nach draußen, als ich ihn sah. Er sah meinem Ex unheimlich ähnlich; ähnliche Statur, derselbe Haarschnitt, auch der Kleidungsstil passte. Ein kleiner Junge hüpfte neben ihm her und ich konnte es gar nicht glauben.
Doch dann drehte sich der junge Mann in meine Richtung und ich erkannte, dass ich mich geirrt hatte; er war nicht der, für den ich ihn gehalten hatte. Während ich den Fremden angestarrt hatte, war der Junge etwas weiter vor gelaufen, und der Mann rief den kleinen Adam zurück, während ich anfing, klarer zu denken.
Auch wenn ich ihn nicht wirklich gesehen hatte, rüttelte mich diese Begegnung wach: Wenn ich nichts an meiner Situation änderte, würde mein größter Wunsch niemals in Erfüllung gehen. Und ich musste für die Walker- Geschwister da sein. Denn am Tag davor- ich war noch nüchtern gewesen und hatte nur einen leichten Kater-, war Louna zu mir gekommen, da ihr Vater sie verletzt hatte. Ich versorgte die Wunde und rief ihren Onkel an, der zufälligerweise in der Stadt gewesen war. Anschließend hatte ich mich betrunken, um die Trauer und die Wut herunterzuspülen.
Doch nach dieser Situation ging ich nach Hause, verschenkte die letzten vollen Flaschen Alkohol an Bekannte und schüttete den angefangenen weg. Die Zeit danach war nicht einfach und wenn es schwierig wurde, war ich immer kurz vor einem letzten Schluck. Doch ich hatte mein Ziel immer vor Augen und kämpfte."Wissen Sie", sagte Sweets und riss mich damit aus meinen Gedanken. "Alle sagen, dass es eine besondere Fähigkeit wäre, viel Alkohol trinken zu können. Doch wirkliche Stärke beweist der-, oder eben diejenige, die sich gegen das Trinken entscheidet und sich nicht davon abbringen lässt. Man kann auch ohne Alkohol Spaß haben."
"Danke", antwortete ich lächelnd. "Und, (DN), wenn Sie hier nicht bleiben wollen, dann können wir einfach gemeinsam raus gehen, und Ihre Freundin wird keine Fragen stellen", fügte er nach einem Blick auf sein Smartphone hinzu und ich konnte nicht anders, als ihn sprachlos anzustarren. "Das werte ich jetzt einfach mal als Ja", murmelte Sweets amüsiert. "Ich wollte mich eigentlich mit einem Freund hier treffen, aber er hat mich gerade versetzt, also habe ich sowieso nichts anderes vor."
"Sie sind der Beste", rief ich. Dann trank ich die Cola in einem Schluck aus, rutschte vom Hocker und hakte mich bei ihm ein.Callie stellte tatsächlich keine Fragen zu meinem Verschwinden. Mein Kollege brachte mich nach Hause, dann machte er sich auf den Weg zu seinem Apartment.
~am nächsten Tag~
"Hey, (DN), was ist gestern noch passiert? Ich will alles wissen, auch die schmutzigen Details", begrüßte meine beste Freundin mich am Telefon. Es war bereits der nächste Nachmittag, trotzdem hörte sie sich noch verschlafen an. Callie hatte mich schon mindestens drei Mal angerufen, doch ich hatte es bis jetzt immer klingeln lassen, weil ich sie nicht anlügen wollte. Doch ich konnte sie auch nicht einfach ignorieren, also musste ich da jetzt durch. "Da war nichts schmutzig", antwortete ich und versuchte, frustriert zu klingen. "Wir hätten es beinahe getan, aber dann hat er es sich anders überlegt und mir erzählt, dass er verlobt ist. Verlobt, Cal!", rief ich theatralisch, doch sie schien mir die Geschichte abzukaufen, denn sie begann zu lachen. "Also das ist definitiv unanständig", rief sie.
"Ja, das mag schon sein. Aber allein daran zu denken, seiner angeblich großen Liebe fremdzugehen, ist nicht okay", schimpfte ich. Danach wechselte ich das Thema, bevor ich meiner besten Freundin noch weitere Lügen erzählen musste.
Denn auch wenn ich mir eingeredet hatte, dass es für uns beide besser war, wenn ich log, fühlte ich mich schlecht. Und nicht nur deshalb; ich hatte ihr auch noch immer nichts von meinem Alkoholproblem erzählt, aber meinem Kollegen, den ich seit Kurzem erst kannte, schon.
Nicht, dass ich es bereute, trotzdem hatte ich gedacht, Callie würde die Erste sein.
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Lance Sweets x Reader
Fanfiction-Beendet- TW Das Jeffersonian ist eine anthropologische Einrichtung mit einer Abteilung für forensische Anthropologie, wo auch (DN) arbeitet, in deren Leben alles schiefgelaufen ist, was hätte schieflaufen können. Es ging schlussendlich so weit, das...