Die Strahlen der untergehenden Nachmittagssonne tauchten den sonst so steril wirkenden Schulkorridor in ein warmes Orangerot. Müde setzte ich einen schweren Fuß vor den anderen. Die Hände tief in den Hosentaschen vergraben, die Kapuze meines dunklen Hoodies tief ins Gesicht gezogen, den leeren Blick starr auf den dreckigen Linoleumboden geheftet. Die aus den Kopfhörern klingende melancholische Indiemusik verlieh meinem selbstmörderisch motivierten Gang durch die leeren Schulflure in Richtung meines persönlichen Hinrichtungsblockes den passenden wehleidigen Soundtrack. Die Worte Rektor Everards legten sich in meinem Kopf wie ein tiefer Ein-Mann-Chor über die sanft gezupfte Akustikakkorde.
"Sie sind ein Sonderfall, Mr. Andrews... Der Rauswurf aus dem Ruderteam ist selbstverständlich äußerst bedauernswert, aber...", er hatte die kleinen Schweinsaugen von meiner offensichtlich an Anorexie leidenden Schulakte gehoben und mir ein strahlendes Lächeln geschenkt, als hätte ich seiner Meinung nach einen Sechser im Lotto gezogen, "Sie haben ihre Pflichtzeit abgesessen." Breit lächelnd hatte er die runde Brille auf seiner knolligen Nase zurecht geschoben und seinen wuchtigen Oberkörper gespielt vertraut über den massiven Eichenschreibtisch in Richtung meiner zur emotionslosen Salzsäule erstarrten Gestalt geneigt. "Also können Sie sich auch einfach einen faulen Lenz machen und keinen Club belegen. Genießen Sie ihr letztes Schuljahr, Mr. Andrews. Etwas Freizeit und Zeit zum Nachdenken tun Ihnen sicher gut." Die Erinnerung an das darauffolgende selbstzufriedene und gönnerhafte Lachen Rektor Everards verflocht sich im Hier und Jetzt auf unangenehme Weise mit den in Moll komponierten Violinenstreichern aus meinen Kopfhörern.
Zeit zum Nachdenken. Ein theatralischer Seufzer entfuhr mir. Als sei das die Lösung für all meine Probleme und nicht vielmehr der Auslöser meiner heutigen suizidalen Grundstimmung.
Das unbeabsichtigte Treffen auf Mao und ihre Freunde heute Mittag im Panini Paddock hatte mir nicht bloß einen einzigen Dolchstoß ins Herz verpasst. Jeder feindselige Blick, jeder gemurmelte Seitenhieb von ihren Freunden, jedes tröstende versöhnliche Wort von ihr, hatte mich dem Abgrund ein Stück näher gebracht und meinen ohnehin schon unterschwellig brodelnden Verdacht, dass ich es mir mit der gesamten Stadt verscherzt hatte, bestätigt. Verdammt, sogar die Cafebesitzerinnen hatten ausgesehen, als hätten sie mich am liebsten an Ort und Stelle bei lebendigen Leib zerfleischt.
Ein weiterer Seufzer entfuhr mir, während ich um die letzte Ecke bog. Der kollektive Hass, der mir heute Mittag in meinem früher regelmäßig besuchten Lieblingssandwichladen entgegen geschwungen war, hatte mir nicht bloß jegliche Hoffnung, sondern auch jegliche Perspektive geraubt. Wo konnte ich noch hingehen ohne hasserfüllte Blicke oder hämische Kommentare ertragen zu müssen? Die Schule war keine Option, das war mir von Anfang an klar gewesen, doch der Rest von Green Willow schien meinen mittäglichen Albtraumerfahrungen nach ebenfalls kein sicherer Hafen des Heimatgefühls und der Dazugehörigkeit mehr zu sein. Ich war allein. Verstoßen. Mein Leben war einfach im Arsch. Und das schlimmste war, es war einzig und allein meine Schuld. Es gab niemand anderen, dem ich glaubwürdigerweise den Schwarzen Peter zuspielen konnte. Meine jetzige erbärmliche Situation war ein simples Resultat meiner eigenen dämlichen Fehlentscheidungen. Ich hatte mich selbst zum Kentern gebracht und sank nun langsam aber stetig hinab zum schlammigen Grund.
Nichtsdestotrotz war meinem im Selbstmitleid versinkenden Ich mein bevorstehendes Eremitentum keinesfalls Strafe genug. Es war Zeit für den ultimativen Todesstoß. Stockend stoppte ich vor dem Schwarzen Brett, das durch die darüber angebrachte Röhrenleuchte so feierlich beleuchtet schien, als sei es die offizielle Antwort unserer Schule auf den heiligen Gral der Artussage. Schluckend ließ ich meine braunen Augen über die zum ersten Schultag fein säuberlich ausgehängten Anmeldelisten für die verschiedenen Schul-Clubs schweifen. Es dauerte nicht lange und ich fand mein Ziel. Mein persönliches Kryptonit.
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Was am Ende bleibt...
Novela JuvenilDie Fülle an Emotionen und Wörter mit denen man diese Geschichten beschreiben müsste, passen nicht in das 2.0000 Zeichen Feld von Wattpad. Also hier nur einpaar Stichworte: Hashbrownies, Pinkie Pie, Dinos, Gebrochenes, Orchidaceae und zu viel Senf...