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°•Die traurige Geschichte eines Mädchens•°
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„Wissen Sie, Sie müssen ja gar nichts sagen. Ich will ihn nur eine kleine Geschichte erzählen. Es ist ganz Ihnen überlassen, wie Sie sie aufnehmen."

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Der Schwarzhaarige wartete ab. So richtig Lust auf das Ganze hatte er nicht. Aber er befürchtete, wenn er es nicht hinter sich bringen würde, würde sie ihn erst recht vollquatschen.

„Es hatte angefangen, als ich klein war. Um genauer zu sein, als ich 7 war. Ich war nicht besonders beliebt in der Schule. Ich wurde von meinen Klassenkameraden immer gemieden und geärgert. Sie zogen mir an den Haaren, versteckten meine Sachen oder machten sie kaputt oder nass. Immer wenn ich nach Hause kam, fand ich keine Ruhe. Meine Mutter, sie war noch nie sehr herzlich mir gegenüber, beschwerte und beschimpfte mich immer. Immer mit dem, dass ich zu undankbar wäre und nicht so schlampig mit meinen Sachen umgehen solle. Öfters schlug sie mich sogar, nur um mir noch klarer zu machen, wie schlecht und eigensinnig ich doch war. Ich konnte es nicht verstehen. Ich dachte, sie würden mich alle zurecht so behandeln, so ablehnen. Ich dachte, ich wäre schuld daran, dass sie mich so nieder machten. Ich war noch so unschuldig. Ich konnte damals nicht so ganz unterscheiden, was gut und schlecht war.
Nicht mal mein Vater unternahm was. Er war Besitzer eines großen Unternehmens und war immerzu beschäftigt. Immer wenn ich ihm davon berichten wollte, dann gab er mir einfach irgendetwas, was mich für eine Zeit beschäftigen sollte, und widmete sich wieder seiner Arbeit. Ich hatte von meinen Eltern nie die Liebe erfahren, die ich haben sollte. Stattdessen ignorierten sie mich oder sie beschimpften und schlugen mich. Aber ich sagte nie was, weil ich dachte, es müsste so ein. Ich dachte es wäre normal.
Das ging noch so, bis ich 13 war. Immer öfter hatte ich blaue Flecke oder Prellungen. Sie waren nicht gerade sehr unauffällig. Man konnte sie gut sehen. Selbst die Lehrer nahmen mich nicht wirklich war. Sie wussten aber, dass was nicht stimmte. Später fand ich dann heraus, dass meine Mutter sie mit Geldern bestochen hatte, nur damit sie den Mund nicht aufmachten.
Eines Tages ging ich wie immer allein nach Hause. Mir graute es davor, die alte Hexe wiederzusehen. An dem Tag hatten meine Klassenkameraden meine teuren, neuen Schuhe kaputt gemacht, die meine Mutter mir eben erst gekauft hatte. Ich ging durch den Park, um das Bevorstehende noch etwas weiter hinauszuzögern.
Und da wurde es mir klar. Da wurde mir klar, dass das alles nur falsch war. Zwei Familien hatten sich im Park zu einem gemeinsamen Piknik getroffen und waren fröhlich am Reden und Spielen. Sie lachten, hatten Spaß. Und ich? Ich stand stumm daneben und beobachtete das Geschehen. Eines der Kinder sah mich kurz an und kam auf mich zu. Es war ungefähr in demselben Alter wie ich. Es fragte, warum ich doch so traurig zu ihnen rüber sah und ob ich mit ihnen essen wollte. ich kannte sowas nicht, dass Jemand so nett gegenüber mir war. Dann kam auch eine der Mütter. Sie blieb lächelnd neben ihren Sohn stehen und fragte, ob wir uns kannten. Ich verneinte das. Als sie dann an meinem Körper die unzähligen blauen Flecken und Pflaster sah, verschwand ihr lächeln augenblicklich. Sie fragte mich, ob alle bei mir Zuhause okay sei und ob wir nicht zur Polizei gehen sollten. Doch ich stritt es ab. Ich wollte nicht, dass meinen Eltern was geschah. Auch wenn sie mir so schlechte Sachen antaten, konnte ich es nicht. Sie waren schließlich meine Familie. Ich hatte außer ihnen niemanden.

In den darauffolgenden vier Jahren änderte sich davon nicht viel. Manchmal konnte ich sogar tagelang nicht in die Schule, so schlimm waren meine Verletzungen. Meine Eltern waren eines Abends bei einem Firmenessen, dass sehr wichtig war. Sie wollten damit andere Nachbarfirmen für sie gewinnen. Deswegen ließen sie mich allein. Das war der erste Abend, wo ich komplett allein war. Ich wollte dort raus, raus aus dieser Lüge. Ich packte mir ein paar Sachen in einen Rucksack und verließ das Haus. Ich ließ alles da, wie Handy und Schlüssel. Ausweis nahm ich aber vorsichtshalber mit. Ich lief Stunden durch die dunklen Straßen. Bis ich an einer Bar ankam. Sie hieß 'Redway' und lag recht versteckt. Da ich am selben Tag volljährig geworden war, konnte ich diese auch ohne Probleme betreten. Die Gäste guckten zwar dumm, aber sie ließen mich in Ruhe. Ich wollte mich nur ein wenig aufwärmen, denn es war zu der Zeit ziemlich kalt, normal im Dezember.
Ich setzte mich in eine hintere Ecke und wärmte mich nun auf. Dann kam auf einmal ein großer, blonder Mann mit breiten Schultern zu mir. Er war nett zu mir und machte keine Anstalten, mich in irgendeiner Weise zu demütigen oder anzublaffen. Aus irgendeinem Grund hatte ich das Gefühl, ich konnte ihm vertrauen. Also erzählte ich ihm von meinem Leben. Er hörte mir aufmerksam zu und stellte viele Fragen, aber mir keine unangenehmen. Dann brachte er mich hier her. Er erzählte mir von dem Angebot. Ich wusste erst nicht, ob ich es annehmen sollte, aber was hielt mich auf? Ich hatte es noch nie leicht und wurde auch von niemanden unterstützt oder gar gemocht. Also nahm ich an und...Nun hier bin ich! Es war auch nicht besonders einfach, aber schon nach recht kurzer Zeit gelang es mir und ich wurde glücklich. Ich konnte unbeschwert ein neues Leben anfangen. Das ist jetzt alles nun schon 47 Jahre her..."

Forever In Love [Eruri]✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt