Liebe im Gepäck

Straße

Ich versuche ihm in die Augen zu blicken, doch mein Blick wandert immer wieder zu seinen perfekten Lippen hinunter. Sein linker Mundwinkel zuckt kaum merklich nach oben. Wir sind doch nicht kurz davor uns zu küssen, oder etwa doch?

Luis beugt sich zu mir hinunter und legt sanft seine Lippen auf meine. Scheiße, fühlt sich das gut an. Als unser Kuss intensiver wird, weiche ich abrupt von Luis weg. Er schaut mich erschrocken an.

Verdammt, Elenor, lass dir jetzt gefälligst eine gute Ausrede einfallen! „Ich ehm... habe in der Hotelbar meinen Geldbeutel liegen gelassen, bin gleich wieder da." Schnell haste ich aus dem Zimmer und die Treppe runter, raus an die frische Luft. Ich atme einmal tief durch und setze mich auf den Bordstein vor unserem Hotel. Mit zitternden Händen ziehe ich mein Handy aus der Hosentasche und wähle Lizzys Nummer. Eigentlich wollte ich ihr nichts von Luis Krankenhausbesuch erzählen, aber ich brauche jetzt ihren Beste-Freundin Rat.

„El, hör mal, du rufst gerade echt ungünstig an, ich habe gleich Training!" „Tut mir leid Lizzy, es dauert auch nicht lang!" Ich deute ihr Grunzen als ein „ja" und beeile mich zu erzählen: Wie Luis ins Krankenhaus gekommen war, wie er mir von seinem Geheimnis erzählt hatte und schließlich von unserem Kuss, den ich - aus einem mir unbekannten Grund – abgebrochen hatte. Als ich fertig bin höre ich Lizzy laut ein- und ausatmen. „Wow", antwortet sie schließlich. Nervös trommle ich mit meinen Fingern auf dem Asphalt. Ich hatte gehofft, Lizzy könne mir einen Rat geben. Endlich beginnt sie zu reden: „Elenor, als deine beste Freundin sage ich dir: Schnapp dir den Kerl, aber..." „Was aber?" Lizzy seufzt. „Aber als die Schwester von Luis sage ich dir: fang nur etwas mit ihm an, wenn du dir zu 100% sicher bist. Ich habe keine Lust, dass du sein Herz brichst und ich dann zwischen die Fronten gerate."

Ich nicke, obwohl mich Lizzy nicht sehen kann. „Aber ich weiß nicht, ob ich mir sicher bin. Ich mein: Die Trennung mit Justin ist auch noch nicht lange her, da kann ich mich doch nicht so einfach auf was neues einlassen!" „Wer sagt das?", erwidert meine beste Freundin. „Du solltest auf dein Herz hören, statt irgendwelchen Regeln zu folgen, die nie jemand aufgestellt hat. Außerdem ist das eine Sache zwischen dir und Luis, nicht zwischen dir, Luis und Justin. Also beantworte mir oder besser gesagt dir selbst die Frage, was du willst." Das was Lizzy sagt, ergibt Sinn, also schließe ich meine Augen und versuche, so gut es geht auf mein Herz zu hören. Wie fühle ich mich denn, wenn ich bei Luis bin? Diese Frage ist leicht zu beantworten: sicher, unbeschwert, verliebt. „Viel Spaß bei deinem Training, ich muss jetzt ein wichtiges Gespräch mit Luis führen."

Als ich vor unserem Zimmer stehe überkommen mich plötzlich Zweifel. Ich war mir nun sicher über meine Gefühle, aber was war mit Luis? Was, wenn er mich nur als eine Freundin sieht? Ich hole tief Luft und betrete den Raum. Luis sitzt auf dem Bett und liest in einem Reiseführe. Als er mich bemerkt, blickt er auf und legt das Buch auf dem Nachtkästchen ab. Ich fasse mir ein Herz und setze mich neben ihn. „Luis, ich denke, wir müssen reden." Er nickt. „Das denke ich auch."