Neapel

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In Neapel hängt die Hitze über der Stadt wie ein schwerer Teppich. Luis parkt das Auto auf einen freien Parkplatz und wir steigen schläfrig und überhitzt aus dem Auto aus. Die Sonne lässt die Schweißtropfen auf unserer Haut sofort verdunsten und mein Mund bettelt mich um Wasser an.

„Ich brauche jetzt erstmal etwas Kaltes zu trinken und eine Dusche." Luis nickt müde und wir machen uns durch die Straßen Neapels auf, um uns ein Hotel zu suchen. Kaum eine halbe Stunde später treten wir in die kühle Vorhalle eines kleinen Hotels. Eine junge Dame erwartet uns an der Rezeption. „Guten Tag", sagt Luis, "Wir bräuchten eine Übernachtungsmöglichkeit für zwei Personen." Die Italienerin gibt uns einen Schlüssel und führt uns zu einem Zimmer im ersten Stock. Luis geht das Auto in die Nähe des Hotels parken, während ich mich schonmal unter die kalte Dusche stelle. Das Wasser lässt mich aus meinem Halbschlaf erwachen. Putzmunter warte ich in der kleinen Lobby auf Luis.

Nach einer halben Stunde beginne ich mich zu wundern. Wieso braucht er nur so lange? Schließlich beschließe ich wieder ins Zimmer zu gehen, um zu sehen, wo er bleibt. Vorsichtich klopfe ich an die Badezimmer Tür. „Luis? Bist du da drin? Warum kommst du nicht?" „Ja, warte, ich komme gleich", höre ich seine müde Stimme aus dem Badezimmer.

Die Tür öffnet sich und Luis sieht mich träge an. „Ich weiß, wir wollten Essen gehen, aber irgendwie geht es mir nichts so gut. Ich glaube, die Fahrt war echt anstrengend und Hunger habe ich auch nicht wirklich. Sorry." Ich mustere ihn. Seine sonst so braungebrannte Haut scheint blass und bildet einen starken Kontrast zu seinen dunklen Haaren. Unter den Augen hängen Augenringe. Komisch, so lange war die Fahrt doch gar nicht und Hunger hatte er doch eigentlich immer.

„Schon gut, ruh dich ruhig aus. Ich glaube, ich sehe mich ein bisschen in der Stadt um. Falls was ist, kannst du mich ja anrufen." Er sieht mich dankbar an, dann verlasse ich den Raum und begebe mich in die Nachmittagshitze von Neapel.

Ich bleibe bei einem kleinen Markt stehen und denke an Lizzy. Eigentlich hatten wir geplant zusammen auf einem italienischen Markt shoppen zu gehen. An einem Stand mit geflochtenen Armbändern kaufe ich uns zwei Freundschaftsarmbänder. Für Lizzy ein rotes mit einem silbernen Sternanhänger und für mich ein grünes mit einem Kleeblatt. Mit einer Pizza auf der Hand lasse ich mich eine Stunde später auf einem Brunnenrand nieder. Ich checke mein Handy. Zwei verpasste Anrufe von meiner Mutter.

Seufzend wähle ich ihre Nummer. Ich könnte mir jetzt etwas Schöneres vorstellen, als mit meiner Mutter zu telefonieren. Nach dem ersten Klingeln nimmt sie ab. „Na, mein Schatz? Wie geht es dir?" Ich will gerade anfangen, ihr von den letzten Tagen zu erzählen, doch sie wartet meine Antwort gar nicht ab und beginnt zu plappern.

„Dieses Hotel, in welchem wir sind, ist echt erste Klasse. Sie haben bestimmt zehn Swimmingpools und Saunen, oh, du kannst dir kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr wir uns hier verwöhnen lassen. Morgens, nach diesem herrlichen Frühstück, haben wir immer ein, zwei Meetings und dann haben wir den ganzen Tag frei! Wenn die Geschäftsreisen immer so wären, würden wir sofort von zuhause ausziehen. Wie auch immer, habe ich dir schon erzählt, dass..."

Eine gefühlte Ewigkeit später hört meine Mutter auf von dem anscheinend grandiosen Hummer zu erzählen. „Ach, ich habe dich ja vorhin unterbrochen. Was wolltest du sagen? „Egal, ist nicht so wichtig." Wir verabschiedeten uns und ich lege auf. Das war mal wieder typisch gewesen. Immer, wenn ich etwas Spannendes erlebte, ließ mich meine Mutter nie zu Wort kommen und erzählt so viel von sich, bis mir meine Erlebnisse so langweilig vorkommen, dass ich gar keine Lust mehr habe sie zu erzählen.

Langsam schlendere ich in Richtung Hotel zurück. Die schwüle Luft, ist einem milden Wind gewichen. Leise schleiche ich mich in unser Zimmer. Luis schläft in dem Doppelbett, weshalb ich es mir auf der Couch bequem mache. Ich bin innerhalb weniger Minuten eingeschlafen.

Mitten in der Nacht wache ich auf. Ich höre komische Geräusche aus dem Bad, welche vermutlich der Grund für mein Aufwachen sind. Verschlafen stehe ich auf. „Luis? Ist alles in Ordnung?" Als ich keine Antwort erhalte, öffne ich vorsichtig die Badezimmer Tür. Luis sitzt mit fast schon grünem Gesicht auf dem Boden. Besorgt knie ich mich neben ihn. „Ich, Elenor, ich habe mich gerade übergeben." Er legt seinen Kopf auf meine Schulter. „Kind, du bist doch nicht etwa schwanger?", versuche ich ihn etwas aufzuheitern. Die Betonung liegt auf versuchen.

Liebe im GepäckWo Geschichten leben. Entdecke jetzt