Autobahn

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"Kaum zu glauben, dass wir deinen Bruder und deine Eltern überreden konnten", sage ich zu Lizzy, während ich versuche meinen überfüllten Koffer zu schließen.

"Ich glaube meine Eltern hoffen einfach, dass Luis mal wieder ein bisschen Spaß hat, seit dem Vorfall im Winter...", schnell beißt sich Lizzy auf die Zunge, als hätte sie etwas gesagt, dass sie nicht sagen dürfe. Ich hake nach, doch meine Freundin wechselt schnell das Thema: "Wir haben so ein Glück, dass mein Bruder schon sein eigenes Auto hat, da können wir uns wenigstens die Zugfahrt ersparen."

Ich nicke, bin aber in Gedanken immer noch bei dem seltsamen Vorfall, der sich im Winter ereignet haben soll. Verheimlicht mir meine beste Freundin da etwa etwas? Ich beschließe aber, das Geheimnis einfach ein Geheimnis bleiben zu lassen. Sie wird schon ihr Gründe haben, nichts zu erzählen. Wir lassen den Abend noch mit einem Film ausklingen und gehen früh ins Bett, da wir morgen zeitig nach Italien losfahren wollen. Das Geheimnis um ihren Bruder erwähnt Lizzy nicht mehr.

Am nächsten Tag kämpfen wir uns um 4.30 Uhr aus dem Bett, machen uns fertig und steigen ins Auto. Lizzy setzt sich auf die Rückbank und fängt gleich an weiterzuschlafen, während ich mein Gepäck hinten in den Kofferraum lade und mich auf den Beifahrersitz setze.

Gerade beginne ich mich zu wundern, wo Luis bleibt, da kommt er auch schon mit seinem Koffer in der Hand aus dem Haus gerannt. Er setzt sich hinters Steuer und steckt die Schlüssel ins Zündschloss. Seine Haare sind vom Duschen noch ganz nass und er trägt ein ausgewaschenes T-Shirt und eine Jogginghose für die lange Fahrt. "Tut mir echt leid, dass ihr warten musstet, aber ich wollte noch schnell unter die Dusche springen." Ich versichere ihm leise, um Lizzy nicht zu wecken, dass wir auch gerade erst fertig sind. Er lässt den Motor an und fährt rückwärts aus der Parklücke raus. Wie auf's Stichwort fängt es in Strömen an zu Regnen. Luis lacht: "Es wird echt Zeit, dass wir nach Italien fahren, bei diesem schlechten Wetter, dass die nächsten Tage angesagt ist." Ich bejahe und eine Weile hängt jeder seinen eigenen Gedanken nach. Ich blicke hinter zu Lizzy, aber sie schläft immer noch tief und fest.

"Du Luis, falls du mal jemanden zum Reden brauchst, außerhalb deiner Familie kannst du immer gerne zu mir kommen." Er blickt mich fragend an. "Wie meinst du das?" Ich denke an die Andeutung, die Lizzy gemacht hat, dass ihr Bruder unglücklich sei, und schlucke. "Ach, auf nichts bestimmtes bezogen, nur so." Er nickt nachdenklich und wendet sich wieder der Staße zu.

Um sechs wacht Lizzy wieder auf. Wir reden über eine neue Band, die letzten Sommerferien und darüber, dass Lissy's Handballmannschaft vielleicht eine Liga aufsteigt.  Luis hält sich bei den Gesprächen ein bisschen zurück und spricht nur das Nötigste mit uns. Später werden die Straßen voller und wir beschließen in einer Autoraststätte essen zu gehen. Ich setze mich danach hinter auf die Rücksitzbank neben meine Freundin. Als uns langweilig wird, beginne ich ein paar lustige Geschichten zu erzählen. Bei der Story, wie meine Mutter einmal einen wildfremden Mann angesprochen hatte, weil sie dachte, es handle sich um Ed Sheeran,  muss Luis plötzlich so heftig lachen, dass er das Wasser, welches er gerade getrunken hatte, in hohem Bogen ausspuckt. Ich bin erleichtert über die lockere Stimmung, die wieder herrscht  und wir schalten das Radio an, um ein paar Lieder laut mitzugröhlen.

Im Handschuhfach finden wir eine alte Italienkarte und wir beschließen unseren ersten Halt analog auf der Karte, statt im Internet rauszusuchen. Nach einigem hin und her entscheiden wir uns für einen kleinen Kultur-Abstecher nach Rom.



Liebe im GepäckWo Geschichten leben. Entdecke jetzt