Der regnerische Herbst ging in einen kalten Winter über. Ich habe versucht meine Gefühle für Kai zu unterdrücken, doch sie wurden von Tag zu Tag stärker. Ich atmete die kühle Winterluft ein. Die weißen Schneeflocken tanzten vom Himmel und sammelten sich zu einer wunderschönen Schneedecke auf dem Boden.
Obwohl es erst später Nachmittag war, war die Sonne bereits am Horizont verschwunden. Vor der Tür trat ich mir die Stiefel ab und traf meine Mutter in der Küche. Sie hatte wie gewohnt gekocht, jedoch erzählte ich ihr wie jeden Tag, dass ich bereits gegessen habe. Ich setzte mich ihr gegenüber an den Tisch.
„Hast du alles gepackt?", fragte sie mich.
„Ja, ich habe alles. Hast du mich bereits für die gesamte Woche krank gemeldet?"
„Das mache ich dann morgen bevor wir fahren", versicherte sie mir. Es war die letzte Schulwoche vor Weinachten, welche ich jedoch außerhalb von Frankreich verbringen würde.Obwohl ich mich wahrscheinlich früh ins Bett legen sollte, um Morgen bereit für den Flug zu sein, lag ich die ganze Nacht wach. Es waren meine Gedanken, welche mich plagten und social media war meine letzte Zuflucht.
Es störte niemanden, dass ich schwieg, denn sie glaubten, dass ich schlief.Gegen fünf Uhr morgens schlief ich dann also ein, doch konnte gerade einmal eine Stunde schlafen. Mein Wecker holte mich aus meinem tiefen Schlaf. Ich rieb mir den Schlaf aus den Augen und setzte mich mühevoll auf.
Meine Mutter hetzte mich aus dem Bett und verließen auch ziemlich schnell das Haus. Erst als wir im Flugzeug saßen kamen wir wieder zur Ruhe. Ich lehnte mich in meinem unbequemen Sitz zurück und starte aus dem Fenster auf den grauen Boden.Der Start zog sich wie gewohnt in die Länge. Das Flugzeug startete nur langsam und die Geschwindigkeit stieg an. Die riesige Flugmaschine verschwand in den Wolken. Während ich dem wunderschönen Panorama zusah driftete ich langsam in einen friedlichen Schlaf.
Die Stimme der Stewardess weckte mich aus meinem unruhigen Schlaf.
Am Flughafen wartete bereits ein schwarzes Auto, welches uns mitnahm. Meine Mutter begrüßte ihren Bruder und ich tat es ihr gleich. Russland war genau so schön und kalt wie in meiner Kindheit. Ich atmete die eiskalte Luft ein, bevor ich in das Auto meines Onkels stieg.
Wir fuhren durch die bekannten Straßen, welche so viele Erinnerungen in mir weckten.„Nikita, so sieht man sich wieder", grüßte ich meinen Bruder mit einer Umarmung. „Wo ist Dad?", fragte ich ihn. „Noch unterwegs."
Während meine Mutter meinen Bruder komplett einspannte verschwand ich schnell die Treppe nach oben, bevor mich das selbe Schicksal ereilte. Mein Zimmer war noch genau so wie ich es im letzten Jahr verlassen habe. Das Regal war verstaubt, genau wie die Bücher, welche in ihm standen. Ich zog das russische Werk von Leo Tolstoi heraus und bewunderte die kyrillische Schrift. Ich habe schon lange kein russisches Buch mehr gelesen.Ich wanderte weiter durch mein Zimmer und blickte auf die alten Fotos, welche ich hier vor Ewigkeiten aufgehängt habe. „Rino?", rief mein Bruder. „Ich gehe ins Zentrum. Kommst du mit?"
Ich begleitete meinen Bruder ins Zentrum von Moskau, dort wechselte ich die Richtung und ging einen anderen Weg. Ich ging zu einer bekannten Bar, doch anstelle rein zu gehen, führte mein Weg hinter das Gebäude. Es war eine kleine Tiefgarage aus der laute Musik drang. „Innerhalb der letzten fünf Jahre hat sich wohl nichts verändert", rief ich den zehn Leuten zu, welche auf dem Boden saßen.
Sie wendeten ihre Aufmerksamkeit mir zu und für den Rest des Tages fühlte ich mich in meine Vergangenheit zurück versetzt. Bei weniger als dreißig Grad in sich in der Tiefgarage verstecken. Wir saßen nur zusammen da, hörten Musik und redeten. Es fühlte sich so an, als wäre ich nie vorhielt weg gegangen. Russland war schon immer und wird auch immer ein Teil von mir sein.
Ausnahmsweise waren die Sorgen vergessen und ich konnte diesen Teil in meiner Kindheit genießen. Meine Freunde waren ein wichtiger Teil meines Lebens und ich bin froh jeden einzelnen von ihn zu haben.Obwohl wir gemeinsam auf dem Boden saßen und wir alle an dem selben Joint zogen, änderte sich nichts an der Einsamkeit welche ich in mir spürte. Mein Kopf war vielleicht benebelt, aber trotzdem spürte ich meine Gefühle klar und deutlich. Meine Freunde zwangen mich zum Glück nicht zu einem Gespräch. Sie ließen mich einfach ihre Gesellschaft genießen.
Vermutlich hätte mir nicht einmal die stärkste Droge der Welt dieses Gefühl nehmen können. Inzwischen hatte es sich in meinem Körper eingeprägt. Ich spürte dieses betäubende Gefühl überall in meinem Körper. Mein Kopf fühlte sich an, als würde er im nächsten Moment zersprengen. Mein leerer Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Meine Brust wurde ganz eng.Als ich am Abend nach Hause kam waren meine Eltern ausgegangen. Ich und mein Bruder saßen im Wohnzimmer und unterhielten uns aufgeregt. Der Fernseher lief, jedoch hörten wir den Stimmen kaum zu. Mein Bruder war ein großartiger Gesprächspartner. Meistens jedenfalls. Er erzählte mir nämlich nicht was hier in Russland vor sich ging. Er glaubte ich sei in Frankreich vor all dem hier sicher.
„Wie geht es unserem Onkel? Lebt er immer noch in Moskau?"
„Rino, unsere gesamte Familie lebt in Moskau. Worauf willst du hinaus?"
„Habt ihr es geschafft?"
Sein Lächeln wich mit einem mal von seinem Gesicht. Nikita drehte seinen Kopf zum Fernseher.
„Du weißt ganz genau, dass ich und Mom nicht ohne Grund gegangen sind. Sag es mir", verlangte ich.
„Ihr seid gegangen weil du immer Probleme mit der Polizei hattest."
„Du weißt, das meine ich nicht"
„Das Hotel ist im vollen Gange", meinte er im abschließenden Ton. Somit war wohl das Gespräch beendet. „Wie sieht es aus? Besuchen wir ihn mal?"
Doch mein Bruder ignorierte meine Frage vollkommen. Das Klingeln der Tür befreite uns aus unserem peinlichen Schweigen. Während Nikita zur Tür ging stellte ich den Fernseher leiser.
Ich hörte eine bekannte Stimme, welche aus dem Flur drang. Aufmerksam drehte ich mich zu Tür, ungläubig wen ich da zu hören schien. Eine kalter Schauer lief mir über den Rücken, als ich den Mann erkannte, der durch die Tür kam.
Er und mein Bruder setzten sich auf die Couch, während ich mich auf meinen Sessel ganz klein machte.
„Rino? Du erinnerst dich an Eric?"
Ich nickte.
Eine Panikattacke kam ganz plötzlich, ohne Vorwarnung. Sie stieg in einem auf und legte den gesamten Körper lahm. Ich blickte auf den Fernseher um mich abzulenken. Ich zitterte leicht, doch die beiden bemerkten mich nicht. Ich atmete schwer, doch versuchte es leise zu machen.
„Rino, alles in Ordnung?", fragte mich mein Bruder. Ich drehte mich zu ihm, versuchte mich an einem Lächeln und nickte ihm zu.
„Hättest du gerne einen Tee?"
Meine Gedanken verschlangen mich. Mein Kopf schmerzte. Hart schlug mein Herz gegen meine Brust. Es war ein grausames Gefühl. Ich bemerkte einen Schatten, der an mir vorbei lief und realisierte einen Moment zu spät, dass jemand an mir vorbei lief.
Nikita hatte den Raum verlassen. Ich sah mich panisch in dem Raum um und meine schlimmste Befürchtung bestätigte sich. Wir waren alleine.
Eric sah mich an. „Ich habe niemanden etwas gesagt, falls du das Befürchtest."
Die Panikattacke war noch nicht abgeklungen und seine Stimme hatte nicht wirklich eine beruhigende Wirkung auf.
„Ich habe auch niemandem etwas gesagt", versicherte ich ihm.
Seine Mundwinkel zuckten. „Ich weiß"
Meine Muskeln verspannten sich.Ich hatte Schwierigkeiten mich am Abend schlafen zu legen. Jede Kleinigkeit die ich unternahm war anstrengend. Es fiel mir schwer Zähne zu putzen und mich umzuziehen. Ich konnte es nicht mehr.
Mühevoll legte ich mich ins Bett und scrollte durch mein Handy. Es war langweilig und außerdem schien es anstrengend. Frustriert legte ich mein Handy weg und starrte an die Decke.
Ich begann zu weinen. Die Tränen brannten mir in den Augen. Ich spürte einen stechenden Schmerz in meinen Hals und ein enge Gefühl in meiner Brust.
Es war zu viel. Ich spürte wie es mich überwältigte. Es tat weh. Ich konnte nichts tun. Die enge in meiner Brust und das rasende Herz blieben konstant. Jeder Gedanke schweifte um Eric.
Ich wusste ich war alleine. Niemand konnte mir dabei helfen. Ich wollte nicht weinen, doch trotzdem tat ich es die ganze Zeit. Auch dafür hasste ich mich. Ich hatte mich nicht unter Kontrolle. Ich war viel zu emotional, so dass niemand mit mir zurecht kam.
•
Ich bin zurück.
Irgendwie scheint in meinem Leben zur Zeit absolut nichts gut zu laufen und deshalb ist diese Geschichte und vor allem Wattpad zu meinen Save Place geworden. Es tut mir leid, dass ihr so lange auf die Fortsetzung warten musstet und deshalb hoffe ich umso mehr, dass sich das warten gelohnt hat.
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Dangerous Love
Fiksi RemajaEine schwere Vergangenheit sorgte dafür, dass Rino's Vater sie und ihre Mutter nach Frankreich schickte. Bereit ihr altes ich hinter sich zu lassen, stellte sie sich den Problemen eines normalen Teenagers: Depressionen, Angstzustände und Stress. Das...