Kapitel 2

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Der Tag des Abschlussballs... (ca. zwei Monate später)
Inzwischen war ich mir sicher, dass ich mehr für Clary empfand als bloß Freundschaft. Bis jetzt hatte ich aber mit niemandem darüber geredet. Ich hatte viel zu viel Angst davor, dass sie mich abweisen würde.  Erst vor zwei Wochen hatte ich sie mit einem Jungen gesehen und auch wenn es noch nicht einmal ein Gerücht um eine Beziehung gab, wirkten sie sehr vertraut.
Und seit ich nicht mehr als Secrecy schrieb, wusste ich sowieso nicht mehr so viel über Gerüchte. Das war aber egal. In einer Stunde würde ich mich auf den Weg zum Abschlussball machen, allein. Allerdings würde ich mit Grayson zusammen fahren, da auch er alleine gehen würde. Und was mit Clary war, wollte ich gar nicht wissen. Ungefähr eine Woche nach meiner Erkenntnis, dass ich mich in sie verliebt habe, habe ich beschlossen, sie auf Abstand zu halten. Ich hatte zwar nicht aufgehört, mich mit ihr zu treffen, aber wir hatten uns mehr in Gruppen getroffen und wenn sie sich doch mit mir alleine treffen wollte, hatte ich Ausreden erfunden. Sie hatte es immer hingenommen und nie etwas gesagt. Ich war froh darum. Ich wollte sie nicht verlieren, auch wenn es sich jedes Mal komisch anfühlte.

Als Grayson das Auto vor der Schule parkte, wurde ich doch nervös. Ich würde es nicht ertragen, wenn Clary jemand anderem da sein würde. Grayson guckte mich erwartungsvoll an. "Alles okay?", fragte er und guckte mir direkt in die Augen. Ich nickte lediglich und drehte mich zur Tür, um auszusteigen. "Florence?" "Es ist alles okay. Wirklich. Komm, lass uns rein gehen", antwortete ich und stieg endgültig aus dem Auto aus.

Der Ball verlief ruhiger, als ich bei meinen Mitschülern erwartet hatte. Immerhin war auch Jasper auf dieser Party (jedenfalls hatte ich ihn gesehen, als wir gekommen sind) und wenn man normalerweise Jasper und Party in einem Satz sagt, kam da nichts Gutes bei raus. Ansonsten hatte ich noch nicht so viele bekannte Gesichter gesehen, der Raum war einfach viel zu voll. Liv und Henry hatte ich im Flur gesehen, als ich auf Toilette gegangen bin. Und ich hatte Respekt vor meinem Bruder, dass er es mit Henry und Liv aushielt. Clary hatte ich noch nicht gesehen und ich wusste einfach nicht, ob ich das gut oder schlecht finden sollte... Grade als ich auf Grayson zusteuerte, sah ich im Augenwinkel rote Locken und dreht mich, wie von Seilen gesteuert, genau dahin um und sah damit Clary direkt in die Augen. "Hi", sagte ich. "Hi", antwortete sie. Warum war die Stimmung so komisch?!?! "Bist du alleine hier?", fragte ich und bemühte mich möglichst beiläufig zu klingen. "Ich bin mit...", fing sie an, wurde aber von einem Jungen hinter ihr unterbrochen. "Hier bist du ja Clary", sagte dieser und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Ich wollte mich weg drehen, doch Clary griff nach meiner Hand, was mir sofort einen Stromschlag verpasste. Sie hatte einen ganz komischen Blick in ihren Augen, den ich aber nicht deuten konnte. "Ich...", fing sie an, aber ich drehte mich weg und ging zu Grayson. Ich wollte keine Erklärungen hören, sie war mir auch keine Erklärung schuldig. Tränen stiegen mir in die Augen. Was hatte ich mir bloß selber eingebrockt? Ich lief Grayson fast um und als er mich anguckte, wechselte sein Blick von Empörung zu Sorge. "Können wir gehen?", fragte ich und musste mich eindeutig beherrschen, meine Tränen unter Kontrolle zu behalten. Grayson nickte stumm und nahm mich kurz in den Arm, bevor er mich aus dem Raum führte.

Im Auto sagte keiner von uns ein Wort. Grayson fragte nicht, warum wir so früh wieder gegangen waren und ich sagte auch nichts dazu. Ich hatte zu viel Angst, dass ich doch noch anfangen würde zu weinen, wenn ich eine Ausrede hätte erfinden müssen. Den fragenden Blick spürte ich trotzdem.

Als ich endlich in meinem Bett lag, flossen stumme Tränen über meine Wangen. Ich wusste einfach nicht was ich machen sollte. Wenn ich Clary weiter auf Abstand halten würde, würde es mich früher oder später wahnsinnig machen, aber das tut es auch, wenn ich sie nicht auf Abstand halte und sie da durch mit anderen sehe. Es war einfach zum verrückt werden. Irgendwann schlief ich ein. Wie lange das gedauert haben mag, konnte ich am nächsten Morgen nicht sagen,aber meine roten Augen sprachen eindeutig dafür, dass ich noch viel geweint habe. Zwei Mal bin ich in der Nacht wach geworden, weil ich im Traum Clary gesehen habe. Zusammen mit dem Jungen auf dem Abschlussball.
Ich war viel zu fertig, um mich meiner Familie zu stellen und so kam es, dass ich zum ersten Mal Anns traditionelles Familien-Frühstück verpasste und mich in meinem Zimmer einschloss. Ich wollte nicht vor die Tür mit der Befürchtung irgendwo jemandem zu sehen, der mich kannte. Ich wollte einfach mit keinem reden.

Clary rief mich mehrfach an, aber ich drückte sie weg. Ich wollte einfach nicht mit ihr sprechen.
Irgendwann konnte ich es aber nicht mehr aushalten und hörte doch meinen Anrufbeantworter ab...
"Hi Florence, hier ist Clary. Ich weiß nicht warum, aber irgendwie hatte ich gestern so ein ganz komisches Gefühl und würde gerne mit dir reden."
"Hier ist nochmal Clary. Bitte geh ans Telefon. Du machst mich furchtbar nervös."
"Guten Morgen Schwesterherz. Ich weiß nicht, was mit dir los ist, aber ich bin jetzt als letzter mit dir noch zu Hause. Kannst also aus deinem Zimmer kommen."
"Florence, bitte ruf mich an. Ich möchte mit dir reden. So kann das ja nicht weiter gehen."
"Hallo Florence. Ich weiß nicht, der wievielte Anruf das ist, aber bitte sag mir woran ich bei dir bin."

Ich legte mein Handy wieder weg und schloss die Augen, um nicht anfangen müssen zu weinen. Ich ging nach unten in die Küche (in der Hoffnung, dass Grayson recht gehabt hat) und besorgte mir etwas zu essen. Mein Jahresbuch lag auf dem Tisch. Anscheinend war Henry heute morgen schon hier gewesen und hatte Grayson und mein Buch mitgebracht. An die hatte ich gestern null gedacht und auch jetzt war mein Interesse an diesem Buch ehr klein.
Ich klappte es trotzdem auf und setzte mich mit meinem Frühstück samt Kaffee an den Tisch. Ich blätterte langsam durch die Seiten und guckte mir die Fotos der Leute aus meinem Jahrgang an. Die meisten Fotos sahen schrecklich aus. Es waren halt Schulfotos und die meisten hatten wahrscheinlich überhaupt keine Lust gehabt, diese Fotos zu machen. Clary sah natürlich toll aus, auch wenn ich eventuell ein bisschen sehr voreingenommen war.
Auf den letzten paar Seiten, da wo normalerweise Freunde irgendwelche dummen Sprüche reinschreiben, stand bei mir nicht sonderlich viel. Etwas von Grayson, Henry, Emily, Jasper und ... Clary. 'Ich hoffe, wir verlieren uns nach unserer Schulzeit nicht. Ich hab dich sehr gern gewonnen in den letzten paar Monaten. Clary', hatte sie mit geschwungener Handschrift geschrieben. Es tat weh und in diesem Moment entschied ich, dass ich Clary nicht ganz aus meinem Leben ausschließen konnte. Nicht ganz ausschließen wollte.

Kapitel 2 und ein bisschen Drama. Und ich möchte an dieser Stelle meiner besten Freundin danken, die mir das Cover gestaltet hat🥰, sowie zwei kleinere Bilder, die in den nächsten Kapiteln kommen werden.
Ein schönes Wochenende euch!

Silber - Can love survive everything? ~Unterbrochen~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt