Kapitel 5

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In den nächsten Wochen traf ich mich regelmäßig mit Clary. Mindestens zweimal die Woche sahen wir uns. Jedes Mal wenn ich dann abends im Bett lag gingen mir die selben Gedanken durch den Kopf und irgendwie machte es mich inzwischen wahnsinnig. Wir trafen uns meistens im Park, einmal sind wir auch mit noch ein paar anderen ins Kino gegangen, aber wir blieben immer auf Abstand. Als wir uns kennengelernt haben, haben wir uns zur Begrüßung oder auch beim Verabschieden umarmt, aber das machten wir schon seit Wochen nicht mehr. Einerseits fand ich das gut, weil ich sonst Angst hatte, meine Gefühle nicht richtig unter Kontrolle zu haben. Anderseits wollte ich diesen Kontakt zu ihr auch. Wenn sich unsere Hände mal berührten, wenn wir nebeneinander auf einer der Bänke im Park saßen oder ähnliches, musste ich immer den Atem anhalten, damit ich nichts unüberlegtes tat. Warum hatte ich so viel Angst?

Zu Hause war die Hölle los. Vor ungefähr zwei Wochen ist der Vater von Liv und Mia aufgetaucht, wodurch alles ein bisschen durcheinander geworfen wurde. Mein Dad hat versucht freundlich zu sein und auch Ann war nicht unfreundlich, aber man hat ihr deutlich angesehen, dass sie nicht glücklich darüber war. Rückblickend lag das vielleicht daran, dass sie da schon gewusst haben muss, dass sie schwanger ist, aber das ist eine andere Geschichte. Letzte Woche wurde dann Henry vor unserer Haustür angefahren und musst sogar ins Krankenhaus, dadurch hatte ich die letzten zwei Treffen mit Clary verpasst. Ich hatte zusammen mit Grayson und Anabel auf Henrys kleine Schwester, Amy aufgepasst. Clary hatte Verständnis gezeigt, wofür ich sie nur noch mehr mochte. Nicht jeder würde es gut heißen, wenn man zwanzig Minuten vorher ein Treffen absagte. Um mich ein bisschen von Clary abzulenken, hatte ich angefangen eine kleine private Abschlussparty zu planen. Das half allerdings auch nur bedingt, denn ich hatte mich so in die Planung gestürzt, dass ich innerhalb von wenigen Tagen fertig gewesen bin. Eigentlich hatte ich mir von Liv helfen lassen wollen, aber auch das hatte nicht wirklich funktioniert, da sie ziemlich viel Zeit mit Henry verbrachte und ich mich so in die Planung geschmissen hatte.

Heute wollten ich  mich mit Clary und mit noch ein paar anderen im Kino treffen. Ich wollte sie momentan nicht alleine treffen. Nachdem ich mitbekommen hatte, dass Grayson und Anabel zusammen sind, hatte ich kurz eine kleine Krise bekommen. Warum konnte jeder in meinem Umfeld eine Beziehung führen? Mein Dad war überglücklich mit Ann, Liv und Henry waren das Traumpaar schlecht weg und selbst mein Bruder schien glücklich zu sein, auch wenn ich von seiner Beziehung zu Anabel nicht viel halte. Das würde ich ihm allerdings nie sagen. Ich war eindeutig nicht in der Position anderen Beziehungstipps geben zu dürfen... Als ich die beiden das erste Mal in unserer Küche hab stehen sehen und sie sich so verliebt angeguckt hatte, wurde ich neidisch. Neid half mir allerdings auch nicht weiter, weshalb ich auch zu Anabel immer freundlich war und mich bemühte nicht voreingenommen zu sein. Warum machte mich das alles so wahnsinnig?

Ich atmete tief durch und versuchte mich auf den Besuch im Kino zu freuen. Als ich mich umgezogen hatte, machte ich mich auf den Weg nach unten. Noch auf der Treppe konnte ich hören, dass noch Leute in der Küche waren. Ich prallte fast gegen Mia, als sie aus der Küche raus und ich in selbige rein wollt. "Entschuldigung, ich muss los", sagte sie mit halb vollem Mund und ging dann ohne auf eine Antwort zu warten zur Haustür. In der Küche selbst waren noch Dad, Ann und ... Anabel. Sie hatte also schon wieder hier übernachtet. Irgendwie versetzte es mir einen Stich, obwohl ich mir vorgenommen hatte, nicht eifersüchtig zu sein. "Guten Morgen, Florence", sagten mein Dad und Anabel gleichzeitig und lächelten. Ann lächelte mich auch an, obwohl man es ehr als strahlen bezeichnen musste. Anns Blick fiel auf die Uhr hinter mir und dann sagte sie "Ernest, wir müssen los." Innerhalb von zwei Minuten hatten sie die Küche verlassen und man konnte die Haustür ins Schloss fallen hören. Ich hatte mir inzwischen einen Kaffee gemacht und guckte Anabel an. Keiner von uns sagte ein Wort. "Warum bist du so früh wach?", fragte ich sie und versuchte so freundlich wie möglich zu klingen. "Ich konnte nicht mehr schlafen und wollte Grayson nicht wecken. Und du? Hast du heute was vor?", antwortete sie. "Ja. Ich will gleich einmal zu meiner Großmutter und dann mit ein paar Freunden ins Kino", sagte ich bereitwillig. "Das klingt doch nach einem schönen Plan", sagte Anabel und so unterhielten wir uns noch ein paar Minuten, bevor ich mich auf den Weg machte und sie nochmal nach oben ging.

Der Besuch bei meiner Großmutter war anstrengender als gedacht...Sie regte sich furchtbar darüber auf, dass Ann schwanger war und wiederholte ständig ihre Argumente, dass Ann ja viel zu alt sei und dass es gefährlich war. Auch wenn sie teilweise recht hatte, hätte sie sich ja wenigstens ein bisschen freuen können. Ich fand es zwar auch nicht unbedingt gut, aber ich freute mich für meinen Dad und Ann. Sie würden sich die größte Mühe geben für das Kind da zu sein, da war ich mir sehr sicher.

Ich lief viel zu spät bei meiner Großmutter los, wodurch ich fast zu spät am Kino war. Alle anderen waren schon da und wir mussten auch fast sofort rein. Die nächsten zwei Stunden waren, ehrlich gesagt, extremst langweilig. Der Film war lange nicht so gut wie wir gedacht haben und nach dem Film konnten wir uns nicht einigen, ob wir noch was zusammen machen wollten oder nicht, wodurch wir einfach vor dem Kino standen und noch ein bisschen miteinander quatschten. Da die meisten von uns grade ihren Abschluss gemacht hatten, kam auch meine Party zur Sprache, welche in knapp einer Woche stattfinden würde. Clary sagte die ganze Zeit nichts und ich merkte, dass sie mich beobachtete. Irgendwie wirkte sie unruhig.

Nach fast 45 Minuten verabschiedete ich mich von den anderen und machte mich auf den Weg nach Hause. Warum hatte ich nur gedacht, dass das eine gute Idee war? Ich hatte kein Wort mit Clary geredet und sie hatte auch nicht den Anschein gemacht, als ob sie das gewollt hätte. "Florence, warte", hörte ich jemanden hinter mir rufen. Es war eindeutig Clary. Ich hatte schon den halben Weg bis nach Hause zurück gelegt und fragte mich jetzt, wie lange Clary schon hinter mir her lief. Clary legte eine Hand auf meine Schulter wodurch ich mich aus meiner Starre löste. "Was ist?", fragte ich und merkte selber, dass meine Stimme eindeutig nicht normal klang. "Ich muss mit dir reden und ich kann es nicht länger aufschieben", sagte sie und wirkte auf einmal furchtbar nervös. Ich atmete tief durch und guckte sie an. "Okay. Was ist denn?", fragte ich möglichst gelassen, auch wenn das nicht mal ansatzweise mein inneres Gefühlschaos widerspiegelte. "Du, also ich ... du bist eine tolle Freundin, aber ich... ich", sagte sie und stotterte dabei. "Clary, was ist los?", fragte ich und legte ihr eine Hand auf den Arm, auch wenn mich das mehr Überwindung kostete, als ich zugeben würde. Auf einmal beugte sie sich zu mir vor und bevor ich reagieren konnte, spürte ich ihre Lippen auf meinen. Sie küsste mich! Sie küsste mich und ich wusste nicht wie ich reagieren sollte. Ich hatte mir nicht erträumen können, dass das passiert. Mein Herz machte Saltos und war dann kurz davor auszusetzen, aber bevor ich irgendwas machen konnte, löste sie sich auch schon wieder von mir und guckte mir tief in die Augen. "Das wollte ich schon lange machen", sagte sie. Ich wusste immer noch nicht, was ich tun oder gar sagen sollte. Dann drehte ich mich um und fing an zu rennen. Ich brauchte nicht lange bis nach Hause, allerdings fing ich kurz bevor ich da war, fürchterlich an zu weinen. Jetzt sollte ich mir auf jeden Fall jemanden zum reden suchen.
Während ich die Tür aufmachte, nahm ich mir vor mit Liv zu reden. Erst wollte ich die Treppe hoch laufen, hörte sie dann aber ihm Wohnzimmer und lief dorthin. Ich zog die Tür auf und sah sie mit Henry auf dem Sofa sitzen. Die beiden guckten mich verwirrt an. "Florence, ist alles okay?", fragte Liv und in dem Moment wurde mir klar, dass ich noch vollkommen verweint aussah.

Irgendwie habe ich vergessen, die Bilder einzufügen, von denen ich mal gesprochen hatte. Jetzt kommt schon mal das erste. Meine Freundin hat die Sachen gemalt, als wir über die Geschichte geredet haben. An der stelle nochmal ein Danke an sie🥰

Silber - Can love survive everything? ~Unterbrochen~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt