~Clarys Tagebuch~
Ich kann es immer noch nicht glauben, wie sich praktisch mein ganzes Leben seit gestern verändert hat. Nie hätte ich es für möglich gehalten, dass Florence mich genauso mag, wie ich sie. Ich hätte es generell nicht für möglich gehalten, dass sie auf Mädchen steht. Zwar habe ich noch nie davon gehört, dass sie offiziell mit jemanden zusammen war, aber sie wirkte trotzdem immer unerreichbar für mich. Ich habe aufgehört zu zählen, wie oft ich in den letzten Wochen das Bedürfnis hatte, ihr zu sagen was ich fühlen, aber ich hatte immer im letzten Moment gekniffen...
Gestern habe ich sie dann einfach geküsst und dann hatte ich das schlimmste Gefühl was ich je hatte, weil sie weinend weggerannt ist und ich hatte echt Angst, dass ich den Fehler meines Leben begannen hätte. Aber zu meinem Glück ist das nicht so. Sie mag mich auch und morgen gehen wir aus. Allerdings ziemlich inoffiziell. Sie will es ihrer Familie noch nicht sagen. Im Moment ist mir das noch egal, aber ich befürchte, dass ich so nicht lange weiter machen kann.
Ich habe es meinen Eltern vor zwei Jahren gesagt und auch wenn ich damals furchtbar nervös gewesen bin, ist es ein Teil von mir und den habe ich nicht verheimlichen wollen, nicht verheimlichen können. Meine Eltern hatten es gut aufgenommen und auch wenn ich Florence Dad und ihre Stiefmutter nicht kannte, glaubte ich nicht, dass die Tatsache, dass sie mich mochte und nicht irgendeinen Jungen, an Florence Beziehung zu ihnen irgendwas ändern würde. Ich habe einfach das Gefühl, dass viel zu viele Teenager Angst vor einem Coming-Out haben.
Nach meinem Date morgen möchte ich unbedingt nochmal mit Florence darüber reden. Ich will sie zu nichts drängen, aber ich will ihr die Angst nehmen. Es auf jeden Fall versuchen...
Als ich am nächsten Morgen wach wurde war ich noch nervöser als am Abend zuvor. Ich hatte gleichzeitig Schmetterlinge im Bauch vor Freude, aber irgendwie war mir auch ein bisschen schlecht. Als ich aus dem Badezimmer zurück in mein Zimmer kam, nahm ich mir mein Handy vom Tisch und schrieb Clary eine Nachricht. 'Freue mich auf gleich.' Keine fünf Minuten später fragte ich mich zwar, ob das nicht mehr dafür da gewesen ist, um mich selber zu beruhigen, aber ich versuchte nicht länger darüber nachzudenken. Ich stellte mich vor meinen Kleiderschrank und überlegte, was ich nachher anziehen wollte. Nach einer halben Stunde war ich immer noch nicht weiter. Es war unser erstes Date und ich wollte schon irgendwie etwas hübscheres anziehen, aber ich wollte auch nicht overdressed sein.
Ich entschied mich also, mir erst mal einen Kaffee zu besorgen und mich dann nochmal vor meinen Kleiderschrank zu setzen. In der Küche traf ich auf Liv. Sie saß am Tisch und trank ihren Kaffee und aß einen Tost. Es kostete mich doch ein bisschen Überwindung, aber Liv hatte mir in den letzten Tagen so viel geholfen, dass ich mir nicht vorstellen konnte, dass sie mir meine Bitte abschlagen würde. "Guten Morgen", sagte Liv auf einmal und ich zuckte ein bisschen zusammen. "Guten Morgen, Liv. Könntest du mir gleich helfen was zum Anziehen zu finden?", fragte ich sie direkt. Sie guckte zwar irritiert, sagte aber "Klar helfe ich dir." "Danke", flüsterte ich und ging dann zur Kaffeemaschine, um mir wenigstes einen Kaffee zu machen. Essen wollte ich einfach noch nichts. Als ich die Küche grade wieder verlassen wollte, sagte Liv noch "Iss doch wenigstens einen trockenen Tost oder so. Du kannst nicht nichts essen. Das ist nicht gesund." Ich griff grinsend in die Packung und nahm mir eine Scheibe raus. "Du bist schlimmer als deine Mum", sagte ich lachend und ging vor in mein Zimmer.
Liv kam ziemlich schnell nach und wir machten uns auf die Suche nach dem perfekten Outfit. Auch wenn ich langsam aber sicher befürchtete, dass ich mit nichts vollkommen zufrieden sein würde. Inzwischen lag fast mein halber Kleiderschrank auf dem Boden verteilt und ich verzweifelte langsam... Auf einmal stand Grayson in der Tür. "Hey, ich wollte fragen, ob ihr wisst, ob... Was ist denn hier los?", sagte Grayson und sah ehrlich irritiert aus. Ich hielt kurz die Luft an. Was sollte ich denn jetzt wohl antworten?! "Wir misten Florence Kleiderschrank aus", sagte Liv hinter mir und ich atmete aus. "Ah, okay", war das einzige, was meinem Bruder darauf einfiel und dann verschwand er auch schon wieder. Ich stand auf und machte die Tür hinter ihm zu, nicht ohne zu gucken, ob er wirklich gegangen ist.
"Danke", sagte ich und lehnte mich gegen meine Tür. "Ich hatte wirklich kurz ein bisschen Angst. Die Sache mit dem Ausmisten hat er uns trotzdem bestimmt nur halb abgekauft." "Du musst versuchen dich ein bisschen mehr zu entspannen, sonst kann das alles nicht lange gut gehen", sagte Liv und ich lächelte schwach. Ich wusste, dass sie recht hatte. Seit vorgestern hatte ich so extremst gemischte Gefühle, dass es kaum zum Aushalten war...
"Was hältst du von dieser Kombi?", fragte Liv mich und hielt mir eine rote Bluse mit kurzen Ärmeln, die ich tatsächlich sehr mochte und einen schwarzen Rock. Ich guckte die Sachen kritisch an. "Sicher?", fragte ich unsicher. "Du hast mich doch um Hilfe gebeten. Ich glaube, es steht dir", antwortete sie. "Wenn du meinst", sagte ich, schnappte mir die Sachen. "Ich räume schon mal ein paar Sachen wieder in den Schrank", sagte Liv und ich lächelte sie dankend an.
Ich zog mich im Badezimmer um und betrachtete mich im Spiegel. Es sah tatsächlich ziemlich gut aus und ich musste schon zugeben, dass ich echt zufrieden war. Ich schminkte mich noch ein bisschen und machte mir die Haare, bevor ich mich auf den Weg in mein Zimmer machte. Als ich fast ankam, hörte ich, dass sich zwei Leute in meinem Zimmer unterhielten. "Vielleicht gehen wir dann doch nicht ins Kino", hörte ich Clary in meinem Zimmer sagen und sie klang ein bisschen enttäuscht. "Was ist hier los?", fragte ich und ging auf Clary zu, um ihr einen Kuss auf die Stirn zu geben. Clarys Blick lag fest auf mir und ich dankte Liv im Stillen für die Wahl meines Outfits. "Grayson geht mit Anabel ins Kino", sagte Liv grade erklärend. "Das tut mir Leid", sagte ich und versank immer mehr in Clarys Augen. Es klingelte an der Tür und ich sah im Augenwinkel, dass Liv aus dem Zimmer ging.
"Ich wusste nicht, dass mein Bruder mit Anabel ins Kino gehen wollte. Sonst hätte ich doch nicht vorgeschlagen, dass wir ins Kino gehen", sagte ich. "Du siehst toll aus", erwiderte Clary und lächelte mich an. "Mir ist egal wo wir den Tag heute verbringen, Hauptsache ist, dass ich den Tag heute mit dir verbringen kann", setzte sie hinzu. "Du bist die Beste", war das einzige, was mir dazu einfiel und dann beugte ich mich zu ihr runter und küsste sie. Sie erwiderte den Kuss und ich wäre sicher in diesem Kuss versunken, wenn ich in diesem Moment nicht ein lautes Stimmengewirr von unten gehört hätte. Es klang nach Liv und ... Arthur. Was machte er denn hier?
Jeder der die andere Story gelesen hat, weiß, was jetzt kommt. Hoffe es kommt trotzdem gut an. Ist ja immerhin eine ganz andere Sicht auf die Dinge die passieren.
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Silber - Can love survive everything? ~Unterbrochen~
FanfictionFlorence merkt kurz vor ihrem Abschluss, dass sie sich verliebt hat. Durch Ängste und Unsichheiten verschreckt, versucht sie ihre Gefühle zu verdrängen. Aber das kann nicht ewig funktionieren... Begleitet Florence in ihrer ganz eigenen Geschichte mi...