Kapitel 4

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Jack's sicht:

Den Rest des Tages kann ich mich kaum konzentrieren, ich muss immer wieder an Alex denken. Was war passiert? Er weint doch sicher nicht grundlos. Vielleicht erzählt es mir ja übers Internet. Nach der Schule hole ich mein Handy hervor um ihm zu schreiben. "Herr Barakat!", ruft eine weibliche Stimme hinter mir "Ich wollte Sie fragen, ob Sie auch private Nachhilfe geben."  Das Mädchen, dessen Namen ich vergessen habe, lächelt mich an. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Nachhilfe nicht wirklich das ist, was sie im Sinn hat."Als Gegenleistung kann ich Ihnen die Stadt zeigen und Sie zum Essen einladen."  "Tut mir leid, aber dafür habe ich leider keine Zeit.", sage ich ausweichend. "Ich bin mir sicher du findest jemand anderen, der dir hilft." Enttäuscht geht sie wieder weg. Er jetzt bemerke ich die Blicke von eine Gruppe Mädchen die alles vom Rand des Schulhofes aus betrachten. Vielleicht sollte ich im Unterricht mal so nebenbei erwähnen, dass ich schwul bin. Mein Handy blinkt auf. Ich entsperre es und öffne die Nachricht. Sie ist von Alex:

Hi Jack! Wir haben einen neuen Mathelehrer bekommen, ich hoffe er ist besser als der Mühlbacher. Er heißt Herr Barakat und sieht echt gut aus, er ist ziemlich nett. Fast alle Mädchen stehen auf ihn. Marry hat ihn sogar gefragt ob er ihr Nachhilfe gibt, obwohl sie es gar nicht nötig hat. Aber ich glaube er hat sie durchschaut, jedenfalls hat er nein gesagt. Die Jungs finden ihn auch ganz okay. Ich hab dir ja mal von Ben erzählt, er hat mich heute ziemlich verarscht. Er hat mir einen Brief gegeben in dem steht er mag mich und ich soll ihn anrufen, darunter hat er die Nummer vom Mühlbacher geschrieben. Immerhin bin ich jetzt über diesen Idioten hinweg. Wie geht's dir so nach dem Umzug?

Desswegen hat Alex also geweint. Schnell schreibe ich ihm zurück:

Hi! Lass dich nicht unterkriegen von Ben, du hast was besseres verdient. Das mit dem Lehrer hört sich gut an. Die neue Stadt ist schön, ich wohne eher am Rand. Das ist praktisch, weil es in der Nähe von meiner Arbeit ist und ich es nicht weit bis zum nächsten Supermarkt habe, aber in der Nacht ist es auch nicht so laut wie im Zentrum der Stadt.

Ich steige auf mein Fahrrad und fahre nach Hause. Nach fünf Minuten komme ich an und lehne mein Rad gegen die Hauswand. Mein neuer Nachbar Herr Bennson, ein schon etwas älterer Mann, sieht mich missmutig an. "Guten Tag!", grüße ich ihn so freundlich wie möglich. Er brummt etwas unverständliches und gießt seine Blumen weiter. "Machen Sie sich nichts daraus, er ist zu allen so.", sagt Frau Bennson, die gerade aus dem Haus kommt um ihren Mann zum Mittagssen zu holen. Da ich auch langsam Hunger bekomme, gehe ich in mein Haus und bestelle mir eine Pizza. Während ich auf den Lieferservice warte, korrigiere ich die Leistungstests von Heute. Da ich bereits von Alex weiß, wie Herr Mühlbacher unterrichtet hat, war ich nicht überrascht, dass die Meisten ziemlich schlecht ausfallen. Bis auf Alex haben jedoch alle mindestens vier von zehn Aufgaben richtig gelöst. Es klingelt. Ich springe auf und schnappe mir mein Portmonee. An der Tür ist der Pizzalieferant mit einer duftenden Kartonbox. Ich bezahle und gehe zurück ins Wohnzimmer, wo ich den Fernseher anschalte und mich auf die Couch setze. Ich verschlinge meine Pizza und starre in den Fernseher. Vom Programm bekomme ich allerdings nicht viel mit, weil ich wiedermal in Gedanken versunken bin. Vielleicht soll ich doch Nachhilfe geben. Zumindest für Alex, die anderen scheinen sich wenigstens halbwegs mit dem Stoff auszukennen. Morgen werde ich ihn fragen ob er damit einverstanden ist. Ich zucke zusammen als mein Handy vibriert. Auf dem Display ist das Kontaktbild meiner Mum zu sehen. Ich seufze, das ist schon das dritte mal, dass sie heute anruft. Mein Dad ist da nicht so, der hat noch gar nicht angerufen. Ich stelle den Tom vom Fernseher leiser und hebe ab. Nach zehn Minuten schaffe ich es meine Mum davon zu überzeugen, dass es reicht wenn sie nur jeden zweiten Tag einmal anruft. Ob sie sich daran hält ist eine andere Frage. "Jacky, ich muss dir nochwas sagen! Von deinem Vater der Arbeitskollege, der hat eine Tochter in deinem Alter und ihr würdet echt gut zusammenpassen. Ich habe gehört,  dass sie eine tolle Stimme hat und du und deine Freunde sucht doch noch jemanden der in eurer Band singt. Und vielleicht wird aus euch beiden was!" 

"Mum, die Idee mit der Band ist schon Jahrelang Geschichte, da wäre sowieso nichts draus geworden."
"Aber du könntest dich ja trotzdem mit ihr treffen."

Ich hasse es wenn meine Eltern versuchen mich zu verkuppeln, aber meiner Mum zuliebe willige ich ein. Sie sagt mir, dass das Mädchen Tessy heißt und gibt mir ihre Handynummer. Ich telefoniere noch einige Minuten und lege dann auf. Da im Fernsehen sowieso nur langweiliges Zeugs läuft, schalte ich aus und schiebe eine Blink-182 CD in meinen Radio.

Hello there, the angel from my nightmare
The shadow in the background of the morgue
The unsuspecting victim of darkness in the valley
We can live like Jack and Sally if we want
Where you can always find me
And we'll have halloween on Christmas
And in the night we'll wish this never ends
We'll wish this never ends
I miss you, miss you
I miss you, miss you
Where are you and I'm so sorry
I cannot sleep, I cannot dream tonight
I need somebody and always
This sick, strange darkness
Comes creeping on so haunting everytime
And as I stared I counted the webs from all the spiders
Catching things and eating their insides
Like indecision to call you and hear your voice of treason
Will you come home and stop this pain tonight?
Stop this pain tonight
Don't waste your time on me you're already the voice inside my head
(I miss you, miss you)...

Ich bin sehr erschöpft von meinem ersten Tag an der Schule. Lehrer zu sein ist doch anstrengender als ich erwartet habe. Aber meine Kollegen sagen, dass man sich mit der Zeit daran gewöhnt, desswegen bin ich zuversichtlich. Mein Blick fällt auf die Uhr 22:25. Ob Alex noch wach ist? Was er wohl gerade macht? Das ist das letzte woran ich denke, bevor mir die Augen zufallen.

Who could deny these butterflies (All Time Low)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt