1. Kapitel

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Erschöpft verlasse ich das Café, in dem ich ab und an arbeite, um mir etwas Geld dazu zu verdienen. Bald kann ich mir damit eine eigene Wohnung leisten, damit ich von meiner bösartigen Stiefmutter weg komme. Und ich denke, dass wird sie auch nicht stören, denn sie konnte mich noch nie lieden, genauso wenig wie ich sie nie leiden konnte.

Aber mein Vater hat sie geliebt und nachdem er ohnehin eine schwere Zeit durch gemacht hat, nachdem meine Mutter gestorben ist. Und mit ihr war er wieder etwas glücklicher, daher wollte ich es ihm nicht verderben und stellte mich hinten an.

Aber vor einem Jahr ist auch mein Vater gestorben und da die beiden verheiratet waren, behielt sie mich bei sich, wenn auch widerwillig. Da ich schon alt genug bin, kann ich auch ausziehen, wenn ich das Geld zusammen habe.

Während ich mich zu Fuß auf den Heimweg mache, binde ich meine langen schwarzen Haare zu einenem neuen unordentlichen Dutt zusammen, da mir schon die ganze Zeit unzählige Haare ins Gesicht hingen. Von weitem sehe ich schon die kleine Villa, in der meine Stiefmutter wohnt. Sie war schon immer größenwahnsinnig, genauso wie ihr Sohn. Aber der ist nicht ganz so abgehoben und so verstehe ich mich auch mit ihm. Es ist keine Schwester- Bruder Beziehung, eher soetwas, wie eine freundliche Distanz zwischen uns.

Mit meinem Schlüssel sperre ich die Haustür auf und gehe sogleich in mein schlicht eingerichtetes Zimmer.

Verwundert und geschockt bleibe ich ruckartig im Türrahmen stehen. Der ganze Raum ist leer, er wurde einfach ausgeräumt. Nur ein paar Klebestreifen an den Wänden zeigen, dass hier drinn Mal etwas war.

Mit schnellen Schritten steige ich wieder die knarrende Treppe hinunter und suche meine Stiefmutter. Ich brauche nicht lang, da entdecke ich sie im Wohnzimmer entspannt in einem Sessel sitzen.

"Was ist mit meinem Zimmer passiert? Wo sind meine Sachen?", falle ich sogleich mit der Tür ins Haus. Eine meiner Eigenschaften, die Direktheit.

"Ach Hallo Schätzchen. Du bist wieder zu Hause. Wie war die Arbeit?" Ein falsches Lächeln liegt auf ihren Lippen.

Ich ziehe nur meine Augenbrauen in die Höhe und wedle undefiniert mit meinen Händen in der Luft.

"Du ziehst aus."

"Wo hin? Ich habe noch nicht genug Geld zusammen gespart."

"Ich habe mich um alles gekümmert. Übrigens gratuliere ich dir zu deiner Hochzeit."

"W... was? Welche Hochzeit? Wovon sprichst du? Was ist hier los? Ich verstehe gar nichts mehr.", rufe ich aufgebracht.
Noch eine Eigenschaft, ich kann sehr temperamentvoll werden.

"Ach Clary, Schätzchen. Ich habe dich verkauft. Du müsstest ohnehin in wenigen Minuten abgeholt werden."

Geschockt lasse ich mich auf die Couch hinter mir fallen. Ihre Worte hallen in meinem Kopf wieder. Ich habe dich verkauft.
Ich habe dich verkauft. Ich habe... Mit einem Ruck stehe ich auf, stürme aus dem Wohnzimmer und aus dem Haus, ohne meine Stiefmutter auch nur eines Blickes zu würdigen.

Wie konnte sie nur. Ich bin doch kein Gegenstand, der umher gerreicht werden kann. Ich bin ein Lebewesen, ein Mensch. Ich habe auch Gefühle.

Blind vor Wut stürme ich die Straße entlang, ohne bewusst zu entscheiden, wo ich hin gehe.
Ich werde durch eine Hand auf meiner Schulter aus meinen Gedanken gerissen.
Mein Blick gleitet nach oben und endet in einem Gesicht mit markanten Gesichtszügen und grünen Augen.
"Ich bin Cole Garcia und soll dich zu meinem Cousin Alec bringen. Wenn du mir Bitte folgen würdest." Er deutet auf eine schwarze Limousine hinter sich.

"Nein.", nach meiner schlichten Antwort drehe ich mich wieder um und setze meinen Weg fort. Der denkt doch allen Ernstes, ich würde freiwillig mit ihm mit gehen? Ich bin doch nicht blöd.

Wieder werde ich von einer Hand aufgehalten, aber dieses Mal an meinem Handgelenk. Während ich herum gewirbelt werde, hebe ich meinen anderen Arm und balle meine Hand zur Faut. Mit einiger Kraft trifft sie auf die Nase des Mannes. Eigentlich wollte ich ihn von mir weg stoßen und nicht gleich schlagen, aner er hat es scheinbar nicht anders gewollt.
Mit einer ungewohnten Befriedigung, aber auch einem leichten Schuldgefühl sehe ich dem Bluttropfen zu, wie er von seiner Nase zum Boden fliegt.

Ich war immer noch auf den Bluttropfen fixiert und werde so überrascht, indem er mich hoch hebt und mit schnellen Schritten zum Auto läuft. Kaum befinde ich mich im Inneren des Wagens, schon fährt die Limousine los. Carl oder Cole, wie auch immer er heißt, hat sich mir gegenüber gesetzt und hält sich ein Tuch an die Nase.
Ich konnte mich nicht wehren, da alles zu schnell ging.

Und jetzt sitze ich hier, im Inneren der Limousine, vor mir ein Mann mit Nasenbluten und weiß nicht, wo ich hin gebracht werde.
Stur verschränke ich meine Arme vor meiner Brust und blicke aus dem Fenster.

Gut gemacht, Clary, wirklich großartig. Besser hätte es nicht laufen können.

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