Kapitel 1| Traurigkeit Ⅰ: Deprimiert •────•°•❀•°•────•

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Schnell stopfte ich mein Hemd in den grünen Uniform-Rock und bedeckte somit die kreisförmige Narbe auf meinem Unterbauch. Ein Seufzen verließ mich, während ich die Erinnerung von vor acht Jahren versuchte, in den Hintergrund zu drängen. Das Geschehene sollte mich nicht weiter kümmern, schließlich stand ein neues Kapitel in meinem Leben bevor. Die Yuei High School. Eine Schule für Helden-Anwärter und mehr. Im Sommer letzten Jahres hatte ich heimlich an der Aufnahmeprüfung teilgenommen, doch fand mein Bruder es heraus, als vor zwei Monaten der Brief in unserem Briefkasten lag. Er ist ausgerastet. Doch das alles nur, weil er Angst hatte. Zurecht. Denn er ist ein gesuchter Schurke.

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„Was ist das?!", schrie mein Bruder und hielt den Brief der Yuei hoch. Wütend starrte er mich an. Er roch stark nach Alkohol. Nichts Neues.

„Antworte mir!", schrie er, doch ich sagte nichts. Egal, was ich sagen würde, es würde ihn nur wütender machen. Plötzlich packte er mich bei meinen Haaren und schlug meinen Kopf gegen die Wand. Ich biss mir auf die Zunge und unterdrückte jeglichen Laut, den ich von mir geben könnte. Dann verpasste er mir einen Schlag mit der flachen Hand im Gesicht. „Bist du taub?! Antworte mir, du undankbares Miststück!"

„Der Brief ist von der Yuei", gab ich flüsternd von mir, aber laut genug, sodass es mein Bruder hören konnte. Deidoro's alkoholisierter Atem schlug mir ins Gesicht. Er sagte nichts. Das beunruhigte mich, also sah ich vorsichtig auf. Er sah mich an, als wäre ich ein Geist, bevor sein Gesicht von Wut und Zorn verzerrt wurde. Die Wut in ihm wurde so stark auf mich übertragen, dass ich schon fast das Gefühl hatte, erbrechen zu müssen.

Dann streckte er plötzlich seine Hand nach mir aus und packte mein Gesicht. Er trat näher an mich heran und ich schmeckte seinen Geruch schon fast auf meiner Zunge. Es war so widerlich. Leise wimmerte ich auf, als er seine Nägel immer tiefer in mein Gesicht grub.

„Sag mal, bist du eigentlich komplett bescheuert?!", schrie er und donnerte meinen Kopf gegen die Wand hinter mich. Mein Kiefer spannte sich an, als ich mich mit letzter Kraft versuchte, daran zu halten, keinen Laut von mir zu geben. Dann schlug mein Bruder meinen Kopf wieder gegen die Wand. Ein Wimmern entfloh mir, was meinen Bruder noch rasender machte.

„Weißt du eigentlich, wie viel du mir für dein Leben hier schuldest?! Ich habe dich nur aufgenommen, weil ich keine Wahl hatte! Und du willst mir mein Leben ruinieren, indem du auf die bekannteste Heldenschule in ganz Japan gehst?! Willst du mich verarschen?!" Wieder schlug er meinen Kopf gegen die Wand, bevor er von mir abließ und den Rücken zukehrte. Mein Körper mit Panik überflutet, beobachtete ich jeden seiner Schritte. Deidoro trank einen großen Schluck aus seiner Flasche, bevor er sich plötzlich umdrehte und die Flasche nach mir warf.

Meine Hände schreckten zu meinem Kopf, während ich stark zusammenzuckte. Ohne es zurückhalten zu können, liefen ein paar Tränen stumm über meine Wangen und tropften auf den Boden. Meine Socken sammelten den Alkohol aus der versprengten Flasche auf. Ich versuchte mich nicht zu regen, da auf dem Boden nun überall Scherben verteilt waren. Ich will hier endlich raus...
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Meine Hände verkrampften sich zu Fäusten. Ich hatte unheimliches Glück gehabt, dass mein Bruder mich nicht auf der Stelle umgebracht hat. Stattdessen hatte er eine ganz andere tolle Idee gehabt. Spionage.
Zusammen mit seinem Boss Kai, haben sie mir einen gefälschten Ausweis erstellt. Schließlich sollte niemand wissen, dass ich die kleine Schwester von dem gesuchten Schurken Deidoro Sakaki bin. Also lautet mein Name von heute an: Iseba Kayoko.

Noch einmal betrachtete ich mein Spiegelbild im Flur. Trotz des leichten Make-ups erkannte man schwache Ringe unter meinen Augen. Meine Haare fielen wie schwarzes Öl über meinen Rücken und reichten bis zu meinem Steißbein. Die Schuluniform der Yuei sah makellos aus, auch wenn der Rock bei meinen langen Beinen etwas kurz aussah.
Ich schloss meine Augen und stärkte den Griff um meine Tasche. Ein kleiner blauer Blumen-Anhänger baumelte an der Seite.

~𝐹𝑒𝑒𝑙𝑖𝑛𝑔𝑠~   (𝚋𝚗𝚑𝚊)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt