Lyla
Schon in den frühen Morgenstunden hatte mich eine schreckliche Nachricht erreicht : Matthews Pläne waren gescheitert und er wurde mit seinen Männern in Gefangenschaft genommen. Und das war noch nicht alles, Prinz Cornway hatte zu seinem Brief, eine Warnung mit geschickt.
Als ich das vergilbte Tuch auseinander gefaltet hatte, war ein abgeschnittener, blutverschmierter Finger zum Vorschein gekommen. Ich hatte ihn fallen gelassen und war mit der Hand vor dem Mund davon gerannt.
Mein Magen rebellierte in letzter Zeit sowieso schon. Mal hatte ich kaum Appetit und an anderen Tagen konnte in von Erdbeeren und anderen süßen Dingen nicht genug bekommen. Doch dieses Mal musste ich würgen. Ich dachte an das Blut und ließ alles raus.
Cornway drohte mir und somit auch unserem Land. Und nun hatte er Matthew einen Finger abgeschnitten. Ich würgte noch mehr, wenn ich daran dachte, wie es ihm wohl dabei ergangen war. Er musste bestimmt höllische Schmerzen erleiden.
Erst als ich mir sicher war, das mein kompletter Mageninhalt mir entschwunden war, setzte ich mich auf ein Sofa und rief nach einem Glas Wasser. Sofort eilten meine Dienstmädchen herein, reichten mir das Glas und ich trank es gierig leer.
"Geht es Euch nicht gut, Eure Hoheit?", fragte das blonde Mädchen und tupfte mir den Schweiß mit einen Lappen von der Stirn. Ich schüttelte den Kopf. "Haben sich Eure Hoheit etwas eingefangen?", fragte ein anderes Mädchen, legte Kissen in meinen Nacken und wies an mich hin zu legen. Als ich immer noch nicht antwortete, legte sie ihre Stirn in besorgte Falten und teilte mir mit, dass die eine Heiler holen würde.
"Nein", erwiderte ich benommen und atmete erst einmal tief ein, um mich zu beruhigen. "Das wird nicht von Nöten sein. Es war nur der Schock", gab ich zu und nahm ein weiteres Glas Wasser, welches mir gereicht wurde.
"Lasst Lavinia, der Königinmutter, ausrichten, dass ich sie sprechen möchte. Und zwar unverzüglich", wies ich an und die Dienstmädchen nickten, danach verschwanden zwei von dreien und ich hatte ein wenig mehr Zeit über alles nachzudenken.
Es war an der Zeit, Plan B in die Tat umzusetzen, da war ich mir ganz sicher. Wir mussten aufbrechen und Matthew befreien. Er war mein Leben - ohne ihn würde ich es nicht schaffen.
Natürlich hingen die Erinnerungen an unsere unglückliche Zeit noch tief in meinen Gedankenströmen, doch das änderte nichts daran, dass ich ihn liebte. Ich würde für ihn mein Leben geben und ich war mir sicher, dass er dasselbe für mich tun würde.
Es hatte lange Zeit gebraucht, bis ich mir bewusst geworden war, dass Matthew die richtige Wahl für mich war. Vor Monaten hatte ich an einem Leben festgehalten, was sich nicht hätte leben können. Jason hätte ich niemals geheiratet. Und auch wenn er Julliet nicht zu seiner Frau nehmen würde, so wusste ich, dass er eines Tages jemanden fand, mit der er glückloch werden würde.
Glücklicher als er es mit mir geworden wäre.
Lavinia trat einige Augenblicke später ein. Sie wirkte aufgebracht und zerstreut. Die Nachricht, dass ihr Sohn womöglich einen Finger verloren hatte und nun gegen seinen Willen festgehalten wurde, gefiel ihr nicht im geringsten.
"Lyla, Ihr habt nach mir schicken lassen", stellte sie fest und nahm neben mir auf dem Sofa platz. Ich nickte ernst und setzte mich aufrecht hin. Schwindel überkam mich und ich musste einige Male blinzeln, dass ich wieder klar sehen konnte.
Die Aufregung war nicht unbedingt gut für mich. Ungeduldig wippte Lavinia, Matthew Mutter, mit ihren Schuhspitzen auf und ab und strich sich immer wieder durch ihr blondes Haar. Es war noch voll und hatte den selben Ton wie Matthews Haar. Ich vermisste ihn schrecklich.
Doch nun war der Moment gekommen, wo ich alles beiseite stoßen musste. Es gab nur noch Platz für einen einzige Gedanken: Wie lautet die Durchführung von Plan B?
"Ich weiß, Ihr seid mehr als beunruhigt", fing ich ernst an und griff nach Lavinias Händen. Sie wurde sofort ruhiger und sah mich liebevoll an. Ich lächelte leicht. Es hatte ewig gedauert, bis sie mich endlich in ihr Herz geschlossen hatte.
Vielleicht lag es auch daran, dass wir seit Matthews Abreise aufeinander angewiesen waren. Wir hatten alles alleine regeln müssen und das hatte uns zusammen geschweißt. Ich war wirklich froh darum, nicht so allein zu sein.
"Aber ich habe einen Plan müsst Ihr wissen", fuhr ich fort und sah ihr fest in die Augen. Ihre wurden währenddessen groß und neugierig. "Es ist sehr riskant und durchaus gefährlich, doch meine Hofdamen und ich haben im Geheimen die Kampfkunst erlernt, um sie in schweren Zeiten nutzen zu können. Und diese Zeit ist jetzt"
Vorsichtig tastete ich mich voran, um ihr verständlich zu machen, wie wichtig es uns war. Bei meinen Worten jedoch sah sie mich ungläubig an.
"Ihr habt was?", kam es verblüfft von ihr. Dabei widerstand ich der Versuchung die Augen zu verdrehen. Warum verstanden die meisten adeligen Frauen nicht, wie wichtig es war, sich verteidigen zu können, wenn der Notstand eintrat? - Es war zum Haare ausreißen.
"Schon als junges Mädchen lernte ich mit Pfeil und Bogen umzugehen oder mich zu verteidigen, sollte jemand oder etwas mich angreifen. Diese Fähigkeit habe ich ausgebaut und erweitert. Und nun wird sie sich hoffentlich als nützlich erweisen", sprach ich fest. Doch an ihrem Gesichtsausdruck, konnte ich ihr nicht vorhandenes Verständnis allzu gut erkennen.
Ehe sie wieder ansetzen konnte, sprach ich weiter:" Es ist in diesem Moment nicht von Bedeutung. Das einzige, was zählt, dass wir einen Plan in der Hinterhand haben. Ich werden am morgigen Tag mit etwa zwei Dutzend Frauen und Mädchen aufbrechen, um Matthew und seine Männer zu befreien. Wenn es uns gelingt, Cornway und seine Männer um den Finger zu wickeln, dann werden wir es womöglich schaffen, doch sollten wir entdeckt werden, ist es endgültig vorbei. Entweder wir werden sterben oder kapitulieren. Das alles liegt nun in Gottes Hand. Der Herr möge ns den Weg weisen und uns sicher Heim bringen"
Nach dem ich sie aufgeklärt hatte, was ich grob zusammengefasst vorhatte, sah sie mich an, als hätte ich den Verstand verloren. Doch sie würde mich nicht aufhalten - niemand würde das.
Hallo ihr Lieben,
na schon Vermutungen, wie Lyla vorgehen wird?
Schreibt es gerne in die Kommentare <3
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Die Auserwählte
Ficción histórica"Es liegt an dir, Lyla" "Aber wie soll ich mich entscheiden?" "Folge einfach deinem Herzen..." Ein Mädchen vom Land. Ein König und ein Herzog. Lyla liebt sie beide, doch sie kann nur einen wählen. Wie wird ihre Entscheidung bloß ausfallen: Ist es...