Gefangen im Augenblick

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Lyla

"Du siehst hinreißend aus", schmeichelte Jason mir und küsste meine Handfläche sanft, was mich erröten ließ. Ich knickste leicht und betrachtete ihn ausgiebig.

Er hatte sich ebenfalls umgezogen und schien mir noch edler gekleidet zu sein, als gerade eben, wo wir zusammen gesessen hatten. Nun trug er eine dunkle Hose, welche eng an seinen Beinen lag und sie perfekt betonten. Dazu dunkelbraune Lederstiefel, ein helles Hemd mit einer dunklen Weste und einem ebenso dunklen Mantel. Nur die hellen Stickereien auf dem Saum seiner Ärmel fielen mir besonders auf, da sie in einem feingearbeiteten, aufwendigen Muster eingearbeitet wurden.

Es war erstaunlich wie filigran es schien - ein wahres Kunstwerk.

"Und du erst", erwiderte ich grinsend, reichte ihm meinen Arm und ließ mich hinaus auf den Schauplatz führen.

Ich staunte nicht schlecht und musste ständig an das Feuerspektakel in Bredinia denken, wie viele Menschen dort gewesen waren und die Attraktionen bewundert hatten. Doch ich verdrängte die Erinnerung schnell wieder, bevor sie unschöne Dinge in mir hervorrief.

Überall standen große Pavillons in bunten Farben, auf den Wegen liefen Kinder aufgeregt hin und her, lachten und brachten ihre Eltern um den Verstand und aus den einzelnen Zelten erklangen erstaunte Rufe und Applaus. Es war herrlich.

Lächelnd umfasste ich Jasons Arm fester und sah mit großen Augen zu ihm auf. Sein Blick streifte mich. Er schmunzelte. "Na, habe ich zu viel versprochen?" Ich schüttelte lachend den Kopf. "Es ist wahrlich ein Fest", erwiderte ich begeistert und dirigierte meinen Begleiter auf den ersten Eingang zu.

"Lass uns sehen, was sie hier darbieten", schlug ich vor, ließ mir den Stoff von einem Diener an die Seite schieben und zog Jason - ohne eine Antwort von ihm zu bekommen - hinein in das Geschehen.

"Wow", entfuhr es mir beim ersten Blick in das Innere des Pavillons.

In der Mitte befand sich ein großer Kreis, in dem Frauen, Männer und Kinder Figuren vollführten und mit den Feuerbällen in ihrer Hand jonglierten. Drumherum wurden Bänke aufgestellt, auf denen einige begeisterte Menschen saßen.

Als ich noch freie Plätze in eine der hinteren Reihen entdeckte, griff ich nach Jasons Hand und lief darauf zu. "He, nicht so stürmisch", hörte ich ihn sich lachend beschweren. Doch ich zog ihn weiter, durch die Menge hindurch zu der Bank. Dann setzte ich mich neben einige Damen, die etwa mein Alter hatten und machte Platz für Jason.

"Du bist ja schrecklich aufgeregt", bemerkte er lächelnd und drückte mein Hand. "Hätte ich gewusst, dass du so begeistert von Feuer bist, dann hätte ich dir den ein oder anderen Trick selbst präsentiert."

Die Mädchen neben uns kicherten, während ich lachend den Kopf schüttelte und auf eine Frau deutete, die gerade dabei war, sich selbst zu entzünden. Oh, ich konnte nicht hinsehen.

Ängstlich und zeitgleich erstaunt darüber, dass sie sich so etwas traute, kniff ich die Augen zusammen und schickte ein stummes Gebet an Gott, dass ich nichts zustoßen würde.

"Denkst du es wird gut gehen, Kira", hörte ich eine Frauenstimme neben mir bangen. Darauf folgte ein genervtes Seufzen. "Anna, stell dich nicht so an. Das machen die Akteure ständig.", erwiderte eine andere. Ich hoffte inständig, dass sie recht hatte.

Und dann war es soweit. Die junge Frau ließ sich von ihrem Partner anzünden und stand urplötzlich in Flammen. Panische Ausrufe ertönten in unseren Reihen, ehe die Angst in Begeisterung überging. Denn die Frau brannte zwar am ganzen Körper, schien aber weder zu verbrennen, noch Schmerzen zu erleiden. Ganz im Gegenteil, sie lächelte breit, sprang von der Erhöhung in einer Rolle und landete sanft auf den Boden.

Die AuserwählteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt