Lyla
Ehe er mich an der Stelle berührte, an der mich nur mein Ehemann berühren durfte, ging die Tür des Bordell mit einem solchen Knall auf, dass alle erschrocken aufsprangen - mich und den Prinzen eingeschlossen.
Mein Herzschlag beschleunigte sich, als ich zur Tür blickte und sah wie Wachen hinein gestürmt kamen. Panik brach in mir aus. Es waren weder Matthews noch Jasons Wachen, sondern die des Prinzen. Benommen schaute ich herüber zu Amalia, Gina, Violett, Lisa und Agnes , die genauso erschrocken aussahen wie ich. In meinem Kopf schien sich alles zu drehen und die Stimmen der Wachen klangen dumpf an meinem Ohr.
"Es ist eine Falle, Mylord", ertönte es irgendwo in der Ferne. "Das sind unsere Feinde, ergreift sie", schrie ein anderer und ich merkte, wie alles aus dem Ruder lief. Mädchen schrien auf, als sie von den Wachen gepackt wurden. Adelige und andere Männer verließen fluchtartig den Raum und ich - ich blieb völlig neben der Spur stehen und sah mich nach meinen Mädchen um.
Sie hatten sich nicht wie die eigentlichen Dirnen in Sicherheit gebracht, sondern traten den Wachen mit ihren Waffen mutig entgegen. Allen voran stand Amalia mit einem Schwert in der Hand, welches sie einer der wachen abgenommen haben musste.
"Das ist sie", hörte ich jemanden rufen. "Das ist die Königin"
Und dann war alles vorbei. Prinz Cornway drehte mich zu sich herum und sah mir kopfschüttelnd entgegen. "Ich nehme an, das eure Hoheit sich hier mehr von versprochen haben" Seine Stimme ließ mir einen Schauer über den Rücken fahren. Sie war immer noch gierig. Doch jetzt war sie kalt, drohend und angsteinflößend, genau wie sein Blick. Und ich konnte mich nicht wehren.
Ich war vor Schock völlig erstarrt und zu nicht mehr fähig. Ich sah ihn einfach nur an und wartete darauf, dass er mich töten würde. Schließlich hatte ich versucht ihn hinters Licht zu führen und nun hatte er mich entlarvt. Also aus welchen Grund sollte er mich nicht gleich hier und jetzt töten.
Abwartend sah ich ihn an und er zog die Augenbrauen zusammen und strich sich nachdenklich über den Bart. "Ihr seid wirklich klug. Doch nicht klug genug, um mich und meine Männer hinters Licht zu führen", sagte er grinsend.
Jedoch irrte er sich gewaltig. Auch wenn es nicht so gelaufen war, wie wir es geplant hatten, so war es doch Ablenkung genug, um die andere Hälfte des Planes ausführen zu können. Ich war mich sicher - ich betete zu Gott - dass Jason, Zora und der Rest es geschafft hatten meinen Ehemann zu befreien. Dann würde wenigstens einer von uns leben - der wichtigere.
Eine Königin war leicht zu ersetzen, doch ein König nicht. Er war bedeutender als ich - sein Leben war bedeutender. Ich schluckte und versuchte mich zu konzentrieren. Meine Schwäche durfte mich nicht lähmen.
"Seid Ihr da ganz sicher?", fragte ich mit erhobener Stimme und wich einem fliegendem Messer aus. Um uns herum kämpften meine Mädchen gegen seine Männer und doch fühlte es sich so an, als gäbe es nur ihn und mich in diesem Raum.
Sebastian Cornway zog eine Augenbraue in die Höhe und sah mich verblüfft an. Ihm war jegliche Gefühlsregung anzusehen. Eine beachtliche Schwäche für einen hochrangigen Mann. Mir hatte man immer beigebracht, meine Gefühle hinter einer Maske zu verbergen. Und genau das tat ich jetzt. Ich verbarg meine Angst, meine Sehnsucht, meine Sorge und meine Liebe.
Meine Maske war hart, provokativ und undurchdringlich. Er würde mich nicht brechen. Das ließ ich nicht zu.
"Genau in diesem Augenblick befreien meine Männer den König aus seinem Kerker und bringen ihn zurück in die Heimat. Glaubt Ihr also wirklich, Ihr seid klüger als ich?"
Seine Miene war bestürzt und für einen Moment lang verlor er die Kontrolle und verschaffte mir Einblick in seine Seele. Er war ein Bastard, das Kind seines Vaters und dessen Mätresse, nie dazu geboren, König zu werden. Und doch war er auf dem besten Weg dorthin. Ein gebrochener Mann, unschlüssig, was nun zu tun war. Unschlüssig darüber, ob er mich foltern oder töten sollte.
Doch so schnell wie er die Kontrolle verlor, umso schneller errichtete er wieder eine Mauer und verbarg seine Gefühle vor mich. Er schien nicht mehr im Mindestens bestürzt, sondern grinste nun selbstgefällig. Und ehe ich meinen Dolch ziehen konnte, wirbelte er ich herum, sodass mein Rücken an seinen Oberkörper gepresst und hielt mir ein Messer an die Kehle.
Ich keuchte auf und schloss die Augen. Wenn es das war, was Gott für meine Zukunft voraussah, dann sollte es so sein. Dann sollte Cornway mich töten.
Doch es geschah nichts dergleichen.
"Tötet mich", forderte ich ihn röchelnd auf. Dann sah ich das Chaos, welches sich im Bordell abspielte. Gina lag verletzt am Boden und war mir am nächsten. Amalia und Violett schlugen sich gut gegen die Männer, würden ihnen aber nicht auf Dauer stand halten können und Agnes. Ich zuckte zusammen, als einer von Cornways Männern ihr das Schwert in die Brust rammte und sie zu Boden ging.
All diese Opfer für einen sinnlosen Krieg eines besessenen Mannes. Eines Mannes, der keinerlei Liebe erfahren hatte, der keinerlei Grenzen kannte und sich niemals an die Regeln hielt.
"Tötet mich einfach, dann ist es vorbei", sagte ich noch einmal und versuchte meine Stimme fest und entschlossen klingen zu lassen.
Der Druck an meiner Kehle nahm zu und ich bereitete mich auf den kommenden Schmerz vor. Bereitete mich darauf vor, dass ich Matthew nie wiedersehen und mein Kind nie kennen lernen würde. Mein Leben wäre hier zu Ende.
Die Klinge ritzte meine Haut und mein Blut floss meinen Hals hinunter. Ich wimmerte leise und wartete auf den Gnadenstoß, als Cornway plötzlich in meinen Rücken fiel und ich einen Sprung zur Seite machte und so dem Messer entkam.
Dann stürmten, wie aus dem Nichts, Männer hinter der Theke hervor und griffen die feindlichen Wachen an, erledigten sie und versammelten sich im Raum. Ich war sprachlos. Mir fehlten die Worte und Erleichterung überkam mich, als ein Mann sich durch die Wachen schob und vor ihnen stehen blieb.
Es war Matthew.
Er sah schrecklich aus. Überall war Blut und in seinem Gesicht verliefen rote Striemen. Sein Bart war gewachsen, ebenso seine blonden Haare, die sich wild lockten. Doch er lebte und das war das Wichtigste.
Matthew war am Leben.
Schwäche überkam mich, meine Knie wurden weich und ich wäre beinahe unsanft auf den Boden gefallen, hätte mich nicht starke Arme an sich gezogen.
"Du lebst", flüsterte ich überglücklich und schluchzte laut. Ohne das ich es kontrollieren konnte, liefen mir zahllose Tränen über die Wangen und ich schlang meine Arme fest um meinem Mann.
Gott hatte es also anders gewollt. Er wollte, dass wir glücklich wurden - dass wir eien Familie wurden.
"Nur wegen dir", flüsterte er zurück, löste sich ein Stück von mir und presste seine Lippen auf die meinen. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, ihn wieder in meine Arme schließen zu können und seine Lippen zu berühren.
Sie waren trotz des Blutes weich, voll und sehnsüchtig. Unsere Zungen begannen zu tanzen und die Schmetterlinge in meinem Bauch flogen wild durcheinander. Wie sehr hatte ich mir gewünscht, ihn noch einmal wieder zu sehen. Wie sehr hatte ich mich davor gefürchtet, dass er ohne mich weiter leben würde.
Doch das alles war nicht mehr wichtig. Es zählte nur noch, dass Cornway tot war und wir beide beinahe unversehrt aus der Sache rausgekommen waren.
Als wir uns von einander lösten, standen auch in seinen Augen die Tränen.
"Ich hatte Angst, ich würde dich nie wieder sehen", kam es von ihm atemlos und er strich mir eine Strähne aus der Stirn. Diese Geste hatte mir gefehlt. Alles an ihm hatte mir gefehlt.
"Mir ging es genauso", gab ich zu und legte meine Stirn gegen die seine. Wir hatten es geschafft.
Und dann fiel mir ein, dass ich ihm noch etwas Dringendes zu sagen hatte, was ihn sicherlich noch glücklicher machen würde.
"Matthew, ich muss dir noch etwas sagen", begann ich leise und löste mich von ihm. Er musterte mich besorgt und zog die Augenbrauen zusammen.
"Ich trage dein Kind in mir"
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Die Auserwählte
Tarihi Kurgu"Es liegt an dir, Lyla" "Aber wie soll ich mich entscheiden?" "Folge einfach deinem Herzen..." Ein Mädchen vom Land. Ein König und ein Herzog. Lyla liebt sie beide, doch sie kann nur einen wählen. Wie wird ihre Entscheidung bloß ausfallen: Ist es...