Mehr als nur ein Essen

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Im Voraus: Teil zwei kommt morgen.

Draco pov

Ich blicke auf meine Taschenuhr. Harry ist schon über eine Stunde zu spät. Seufzend bezahle ich mein Getränk und die Vorspeise, die ich während des Wartens bestellt habe und verlasse das Restaurant. Ausgerechnet heute. Ausgerechnet heute musste er zu spät kommen. Naja, von zu spät kommen kann nicht die Rede sein. Er ist gar nicht erst aufgetaucht. Bestimmt wieder irgendein Notfallmeeting, eine Mission oder weiß der Geier was. Langsam habe ich es satt. Ich liebe Harry wirklich über alles, aber dass er sich nicht mal die Zeit nimmt, mir zu schreiben, wenn er mich versetzt, macht es nur noch schlimmer. Ich verlange ja keinen ausführlichen Brief. Sowas wie "Schaffe es nicht-Notfallmeeting. H.P." würde mir ja schon reichen. Ist das zu viel verlangt? 

Ich wollte ihn heute etwas Wichtiges fragen. Und er wusste, dass dieses Date mal wirklich wichtig ist. Und trotzdem ist er nicht gekommen. Nicht mal eine Nachricht. Nichts. Und dafür habe ich mir sogar Muggelgeld besorgt und mit so einem komischen Rededing eine Reservierung in seinem liebsten Muggelrestaurant ausgemacht. 

Ich verschwinde in eine dunkle Gasse, von wo ich ins Malfoy Manor appariere. In einem Porträt im Salon entdecke ich meinen Patenonkel. Mein Vater sitzt davor und die beiden scheinen eine sehr spannende Diskussion über irgendwas zu führen. Überrascht sieht mein Vater mich an. "Du guckst, als hätte ich dich mit dem Porträt knutschend erwischt." sage ich. Dann halte ich kurz inne und füge an: "Wenn das jemals passieren sollte, drehe ich durch. Ich liebe ihn und ich weiß, dass er das irgendwie ist, aber er ist auch ein Bild." Mein Patenonkel im Porträt nickt. Mein Vater verdreht nur die Augen. 

"Ich war eigentlich nur überrascht, dass du schon zurück bist." "Ich war über eine Stunde weg." sage ich und zaubere für die Blumen, welche eigentlich für Harry gedacht waren, eine Vase herbei. Ich stelle sie auf den Tisch und gehe dann in Richtung Treppe. "Was ist los?" höre ich Severus hinter mir fragen. "Ich will nicht drüber reden." murmle ich. Dann wünsche ich den beiden eine gute Nacht und verschwinde nach oben. In meinem Zimmer angekommen, lasse ich mich auf das Bett fallen und starre die Decke an. Es ist nicht so, als würde Harry mich andauernd versetzen, aber wirklich selten kommt es leider auch nicht vor.  Und wären wir nur auf einen Kaffee verabredet gewesen, wäre es auch nur halb so schlimm, aber der Fakt, dass er wusste, dass dieses Date wichtig war und er trotzdem nicht gekommen ist und auch nicht geschrieben hat, macht es so viel schlimmer. 

Ich stehe wieder vom Bett auf, öffne das Fenster und setze mich ins Fensterbrett. Der Sommer geht langsam zu Ende und die Nächte werden kühler. Es hat angefangen in Strömen zu regnen. Mich soll es nicht stören, ich mag Regen. Und er passt zu meiner Stimmung. Nachdem ich einfach nur eine Weile nach draußen gestarrt habe, entscheide ich mich, zu Bett zu gehen. 

~*~*~

"Gut, dann sehen wir uns in zwei Wochen zur Kontrolle. Auf Wiedersehen." verabschiede ich meinen Patienten und lege die Akte zur Seite. Der Mann verlässt den Raum und ich beginne alles für den nächsten Patienten vorzubereiten. Ich höre, wie sich die Tür hinter mir öffnet. "Bitte warten Sie im Wartezimmer. Sie werden aufgerufen." sage ich nur, ohne mich umzudrehen. 

"Dray?" Ich fahre herum. Harry steht im Behandlungszimmer und schließt gerade die Tür hinter sich. Ich verschränke die Arme vor der Brust. "Du hast nicht auf meine Briefe geantwortet." sagt er. "Hab sie verbrannt." meine ich nur schulterzuckend. Das ist gelogen. Sie liegen ungeöffnet auf meinem Nachttisch. 

Das Date, was man schwerlich als solches bezeichnen kann, da ich einfach nur alleine rumsaß und ein Glas Kirschschorle getrunken habe, ist mittlerweile fast eine Woche her. Seitdem habe ich Harry weder gesehen, noch mit ihm gesprochen, noch ihm geschrieben. Ich bin einfach sauer und ich habe keine Lust mehr, ihm alles durchgehen zu lassen, nur weil ich Angst habe, ihn zu verlieren. 

"Du siehst gut aus." sagt Harry. "Tue ich nicht. Stell dir vor, ich habe einen Spiegel. Ich weiß, dass ich aussehe, als wäre ich in den letzten Tagen dreimal gestorben." "Es tut mir leid, dass ich nicht da war." "Ich muss arbeiten." sage ich und drehe mich wieder um. 

"Ist das jetzt dein Ernst? Es war nur ein Essen! Du kannst nicht ernsthaft deswegen jetzt so sauer sein!" 

Ruckartig drehe ich mich wieder um und sehe ihn wütend an: "Es war nicht nur ein Essen! Und eins war es schon gar nicht! Ich saß schon oft genug irgendwo rum und habe auf dich gewartet, bis ich nach Stunden, als ich die Hoffnung aufgegeben hatte, dass du noch kommst, gegangen bin! Und das, was für dich nur ein Essen war, war für mich das Essen, bei dem ich dich fragen wollte, ob du mit mir zusammen ziehen willst." Harrys Gesichtszüge entgleisen: "Du- was?" 

"Ich dachte wohl, dass dir unsere Beziehung genauso wichtig ist, wie mir. Aber da lag ich wohl falsch. Jetzt geh bitte. Ich hab einen Termin." Harry nickt und verschwindet aus dem Behandlungszimmer. Ich drücke die Tür hinter ihm ins Schloss und lehne mich dann mit dem Rücken dagegen. Kurz darauf breche ich in Tränen aus und lasse mich auf den Boden sinken. 

Möglichst schnell bekomme ich mich wieder ein, verdecke mit einem Zauber meine verheulten Augen und räuspere mich einige Male, um meine Stimme wieder hinzubekommen. Dann atme ich tief durch und bitte meinen nächsten Patienten herein. 

Durch einen Zwischenfall mit einem sehr schwer verletzten Auror wird mein Tag sehr in die Länge gezogen und es ist schon weit nach Mitternacht, als ich endlich wieder im Malfoy Manor bin. Noch knapp drei Stunden Schlaf, dann muss ich wieder aufstehen. 

Das Haus ist so still, dass ich meine Schritte von den Wänden widerhallen höre. Würde ich es nicht schon mein Leben lang so kennen, würde es mir vielleicht Angst machen. Müde betrete ich mein Zimmer und bleibe wie erstarrt in der Tür stehen. 

Auf meinem breiten Fensterbrett , wo ich sonst stundenlang sitze und lese oder einfach nur aus dem Fenster starre, ist eine Art kleines Picknick angerichtet und überall in meinem Zimmer stehen Kerzen, wovon einige schon runtergebrannt sind. Auf dem Boden, Bett und überall sonst sind Rosenblätter verstreut. Harry sitzt in meinem Sessel und schläft. 

Er wollt mich überraschen...

Ich gehe zu ihm und hebe ihn vorsichtig hoch. Harry hat nach Voldemorts Tod einen tiefen, ruhigen Schlaf entwickelt, was ich wirklich gutheiße. Vor allem im Moment, weil ich ihn so nicht wecke. Sanft lege ich ihn auf mein Bett, zaubere ihm bequemere Kleidung an und decke ihn dann sanft zu. Dann gehe ich zum Fensterbrett. 

Auf den Tellern ist das einzige, was Harry zuverlässig kochen kann-viel zu harte Spaghetti ohne Soße mit Würstchenstücken. Unter meinem Glas mit Kürbissaft, ist ein Zettel eingeklemmt. 

"Mit dir ist es immer mehr als nur ein Essen."

Drarry OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt