Kapitel 8: Geheimnisse

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Kya klopfte an die Tür des Zimmers 212. Als niemand antwortete, öffnete sie langsam die Tür. Das Zimmer war leer, das Bett verlassen. "Vielleicht wurde sie verlegt?" Sie lief den Gang entlang und ging die Treppe hinunter. Sie hatte so eine Ahnung. Auf dem unteren Gang kam ihr Yi entgegen.

"Hey Kya, schön dich zu se-"

"Wo ist die Polizeichefin?"

"Du scheinst es ja wirklich eilig zu haben, was?" Kya zog fragend eine Augenbraue hoch. Yi seufzte.

"Sie ist gegangen." Kyas Augen weiteten sich.

"Sie hat sich gegen den Rat des Arztes selbst entlassen."

"SIE HAT WAS?!" Yi versuchte die aufgebrachte Kya zu beruhigen.

"Ich habe alles versucht, aber sie wollte nicht bleiben."

"Wann war das?"

"Heute Morgen. Kya es-"

"Schon gut, du kannst nichts dafür. Sie war schon immer sturköpfig und wollte keine Hilfe von anderen."

"Warte ihr- ihr kennt euch?", fragte Yi verdutzt. Kya öffnete den Mund, schloss in jedoch gleich wieder und senkte den Kopf.

"Ja, wir sind zusammen aufgewachsen und-" sie stockte.

"Würdest du mir bitte ihren Entlassungsbericht geben?"

"Ja, natürlich." Die beiden gingen hinüber in das Schwesternzimmer. Dort lag die Akte noch auf dem Schreibtisch. Kya überflog den Bericht und schüttelte den Kopf. Dann fiel ihr Blick auf die Unterschrift des Arztes.

"Das darf doch nicht wahr sein", murmelte sie. "Ist er noch da?" Kya wies auf den Namen. Yi schaute auf die Uhr und nickte.

"Ich danke dir. Ich erkläre es dir später", sagte Kya, als sie eilig das Zimmer verließ. Sie lief schnurstracks den Gang entlang auf eine Holztür zu. Ohne anzuklopfen platzte sie in den Raum herein. Ein junger Mann saß gelassen an seinem Schreibtisch und schien sie erwartet zu haben. Sie knallte den Bericht auf seinen Tisch.

"Was soll das?!" fragte sie in heller Aufruhr.

"Hallo Kya, es ist schön dich zu sehen. Ich hoffe, du hast dich ausgiebig von deinen Überstunden erholt. Ich habe dich schon erwartet." Seine Stimme war ruhig. "Setzt dich doch. Möchtest du eine Tasse Tee?"

"Ich- uhm- na gut. Aber ich will Antworten." Er wies ihr mit einer Geste den Platz ihm gegenüber.

"Also, warum hast du sie gehen lassen? Als ich sie das letzte mal sah, war sie bewusstlos und schwer verletzt. Sie braucht medizinische Versorgung oder einen Heiler, der sich um sie kümmert. Wenn sie sich zu Hause ausruht, wird es ewig dauern, bis sie wieder gesund wird."

"Sie ist nicht zu Hause", sagte er. Die Wasserbändigerin sprang entsetzt auf.

"Was soll das heißen, sie ist ni-" Sie hielt inne, dann setzte sie sich wieder. Sie atmete tief ein und aus.

"Sie arbeitet wieder, nicht wahr?" Der junge Arzt nickte. Die Wut wich aus ihrem Gesicht und tiefe Sorgenfalten zeichneten sich auf ihrer Stirn ab. Sie machte sich Vorwürfe, weil sie nicht bei ihr geblieben war.

"Warum hast du mir nicht Bescheid gesagt?"

"Lin hat mich persönlich darum gebeten, dir nichts davon zu sagen."

"LIN?! Moment ihr-"

"Ja, wir kennen uns. Und das schon einige Jahre." Damit hatte sie nicht gerechnet. Er begann zu erzählen.

"Vor einigen Jahren behandelte ich einen jungen Officer. Er hatte eine Streifschussverletzung. Als ich ihn bat mir zu erzählen was passiert war, brach er in Tränen aus. Er sagte, es sei alles seine Schuld. Ich hatte keine Ahnung wovon er sprach. Nachdem ich ihn beruhigt hatte, beichtete er mir, dass es ein zweites Schussopfer gab, dass sich vor ihn geworfen und die Kugel kassiert hatte - Chief Beifong. Er habe sie angefleht ihn ins Krankenhaus zu begleiten, doch sie weigerte sich und sagte, sie brauche keine Hilfe.

Am selben Abend klopfte es an meiner Tür. Ich öffnete und vor mir stand der Chief. Sie sagte: "Ich habe noch nie jemanden um Hilfe gebeten, aber ich schätze, jetzt brauche ich welche." Ich brachte sie in ein Zimmer und untersuchte ihre Wunde. Die Kugel war nicht zu sehen. Ich sagte ihr, es würde einen größeren Eingriff erfordern, doch sie schaute mir in die Augen und wies mich an, die Kugel sofort zu entfernen. Ich wusste, dass sie es ernst meinte. Ich verpasste ihr also eine Lokalanästhesie und entfernte die Kugel. Nachdem ich die Wunde genäht hatte, stand sie auf und sagte "Danke". Dann verließ sie das Hospital. Ich brauchte eine Weile um zu realisieren, was gerade passiert war.

Im Laufe der Zeit brachte sie des Öfteren verletzte Kollegen hierher. Wenn ich gerade Dienst hatte, konnte ich sie mit viel Mühe überreden, sich am Abend, wenn alle gegangen waren durchchecken zu lassen. Ich wusste, dass sie es nur ungern tat und ich musste ihr versprechen, es für mich zu behalten."

Kya hatte interessiert zugehört. Lin hatte ihr nie davon erzählt.

"Aber warum wollte sie nicht, dass ich von ihrer Entlassung heute morgen erfahre?"

"Sie sagte, es ginge dich nichts an." Kya versuchte nicht zu zeigen, wie sehr sie diese Worte verletzten.

"Kya, wir wissen beide, dass sie nur nicht will, dass du dir Sorgen um sie machst."

"Tja, nur hat sie eine sehr fragwürdige Art das auszudrücken." Der junge Mann stand auf und legte ihr eine Hand auf die Schulter.

"Pass auf sie auf", sagte er. Dann verließ er den Raum.



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