Kapitel 11: Die Abreise

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Als Tenzin aufwachte, fand er seine Frau schlafend neben sich. Von den Kindern war jedoch keine Spur zu sehen. Vorsichtig stand er auf und trat zum Fenster. Er schaute hinaus, konnte aber niemanden entdecken. Er warf sich seine Robe über und ging hinunter in den Garten. Mit einem Satz sprang er zur Seite und konnte gerade noch ausweichen, als Korra auf einem Luftball angeprescht kam, dicht gefolgt von Ikki. Gleich darauf folgten Meelo, Kai und Jinora.

"Guten Morgen Tenzin."

"Guten Morgen Papa."

"Guten Morgen alle zusammen. Seid ihr bereit für die Abreise?" Die drei Luftbändiger nickten und trotzdem entging ihm der kleine Funken Trauer in ihren Augen nicht. Er wusste, dass es für sie alle nicht leicht war.

Am Frühstückstisch herrschte trotz der Umstände eine heitere Stimmung. Alle unterhielten sich angeregt, hier und da waren Gespräche über Zukunftspläne zu hören und nichts wies darauf hin, dass es das letzte gemeinsame Zusammensein der Familie war.

Der tatsächliche Abschied verlief relativ unspektakulär. Die Bisons standen grasend auf der Wiese, als die Luftbändiger in die warmen Strahlen der Vormittagssonne traten. Aus der großen Gruppe bildeten sich zwei kleinere, die sich nun gegenüberstanden. Jinora umarmte ihre Eltern ein letztes Mal und auch ihre Geschwister. Dann stand sie vor Kai. Die beiden schauten sich in die Augen und sie gab ihm einen Kuss auf die Wange. Kai war sichtlich verlegen und stammelte nach Worten suchend vor sich hin. Jinora kicherte, legte ihm einen Finger auf den Mund, um ihm zu zeigen, dass sie ihn auch ohne Worte verstand. Auch Korra und Asami kamen dazu. Da die großen Abschiedsworte am Abend zuvor schon gesagt worden waren, stiegen sie schweigend auf ihre Bisons. Die Verbleibenden wünschten ihnen einen guten Flug.

"Yip yip!" Und dann erhoben sich die Bisons in die Höhe und flogen in Richtung Süden. Ein letztes Mal noch schauten sie zurück, dann verschwanden sie in flauschigen Wattewolken. Korra legte ihre Hand auf Jinoras Schulter als sie bemerkte, das eine Träne über ihre Wange rollte.

"Was haltet ihr davon, wenn wir uns einen richtig schönen Abend zu dritt machen?", fragte Asami aufheiternd.

"Ich koche uns was leckeres." Jinora nickte und Korra stimmte begeistert zu.

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Es war später Nachmittag im Polizeipräsidium. Auf dem Schreibtisch des Chiefs stapelten sich die noch zu bearbeitenden Formulare. Seit heute morgen arbeitete sie unablässig und trotzdem schien der Stapel nicht kleiner zu werden. Sie rieb sich ihre müden Augen. Die letzten Nächte waren hart gewesen. In Gedanken versunken starrte sie ins Leere. In ihrem Kopf spielte sich das Szenario der Abschiedsfeier erneut ab. Sie dachte an Kya. Fast dreißig Jahre lang hatten sie nichts voneinander gehört und dann war sie plötzlich da gewesen. Sie hatte sie mit dem selben Blick angeschaut wie damals - einer Mischung aus Besorgnis und liebevoller Fürsorge. Kya war schon immer so gewesen. Sie dachte an ihre Worte und die unbeantwortete Frage nach dem Warum. Die Situation erschloss sich ihr nicht vollständig. Was war es, das Kya so beschäftigte und worüber sie anscheinend nicht reden konnte. Sie kannten sich seit ihrer frühen Kindheit und hatten nie wirklich Geheimnisse oder dergleichen voreinander gehabt. Andererseits waren dreißig Jahre eine lange Zeit gewesen, die einen Menschen verändern konnten. Hatte Kya sich verändert? Oder war sie, Lin Beifong, es, die sich verändert hatte? All diese Gedankengänge schwirrten wild in ihrem Kopf umher. Sie schüttelte den Kopf und versuchte sich wieder ihrer Arbeit zuzuwenden. Sie würde mit Kya reden - nur nicht jetzt. Später. Irgendwann mal.

Avatar Korra - A story continues//changesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt