Die Polizeichefin entfernte sich von der Menge und trat heraus auf die Terrasse. Sie stützte ihre Arme auf das Geländer und atmete tief ein und aus. Dabei spürte sie einen stechenden Schmerz und griff sich an den Rücken. "Diese verdammte Prellung", fluchte sie leise. In diesem Moment betrat eine zweite Person die Terrasse.
"Hallo Lin", sagte eine vertraute Stimme hinter ihr. Lin spürte, wie sie bei diesen Worten ein Schauer durchfuhr. Wie lang war es her, dass diese Stimme sie beim Namen genannt hatte. Dreißig Jahre? Die Person trat neben sie. Lin drehte ihren Kopf und blickte in die türkisblauen Augen Kyas. Der lauwarme Abendwind strich durch ihr silberglänzendes, langes Haar. Augenblicklich spürte sie, wie eine angenehme Wärme ihren Körper durchströmte.
"Kya." Für einen Moment schwiegen sie. Dann ergriff die Wasserbändigerin das Wort.
"Wie geht es dir? Du hast dir ein paar ziemlich üble Verletzungen zugezogen."
"Gut", antwortete sie knapp. Kya schüttelte den Kopf. "Konnte Lin nicht einmal ehrlich zu ihr sein?"
"Du solltest dich ausruhen, es-"
"Ich sagte, es geht mir gut", antwortete sie mürrisch. Kya legte eine Hand auf Lins Rücken und übte einen leichten Druck aus. Sofort spürte sie den stechenden Schmerz wieder und krümmte sich leicht.
"Aua, was soll das?!" Kya schaute sie mit ungläubigem Blick an.
"Es geht dir also gut, ja?" Sie war wütend. Lin verschränkte nur die Arme.
"Ich habe Stunden damit verbracht, die Heilung deiner Verletzungen zu beschleunigen, ich habe die ganze Nacht an deinem Bett gesessen und gehofft, dass du wieder aufwachst, ich-" sie stockte. Die Wut wich aus ihrer Stimme und sie senkte den Kopf.
"Ich habe mir Sorgen um dich gemacht, Lin. Ich weiß, dass es dir egal ist und du meinst, dass mich deine Probleme nichts angehen, aber ich werde mir immer Gedanken um dich machen. Ob du es willst oder nicht." Mit diesen Worten wandte sie sich zum Gehen, denn sie wusste, dass es keinen Zweck hatte, weiter auf Lin einzureden.
"Warum, Kya?", fragte Lin und drehte sich um. Ein letztes Mal hob sie ihren Blick und sah in die smaragdgrünen Augen, die sie fast zu durchbohren schienen. Sie öffnete den Mund, schloss ihn aber gleich wieder.
"Es tut mir leid." Mit diesen Worten verschwand sie im Haus und ließ die etwas verwirrte Lin einfach stehen.
Tenzin trat hinaus auf die Terrasse.
"Ein wunderschöner Abend, nicht wahr?" Diese Bemerkung riss Lin aus ihren Gedanken.
"Ja, sicher."
"Lin, ich möchte mich bei dir bedanken. All die Jahre, die wir zusammen für diese Stadt gearbeitet haben. Ich hätte mir keine tatkräftigere Unterstützung vorstellen können."
"Nicht so bescheiden, Tenzin. Die Stadt hat dir als Mitglied des großen Rates viel zu verdanken. Jetzt ist es deine Aufgabe, dich um deine Kultur zu kümmern und das Volk der Luftnomaden zurückzubringen." Sie legte eine Hand auf seine Schulter.
"Avatar Aang wäre stolz auf dich." Sie umarmten sich, wie alte Freunde es taten.
"Tenzin, die Präsi- oh, störe ich?" Pema trat auf die Terrasse.
"Nein Schatz, ich habe mich nur von Lin verabschiedet. Die Präsidentin wollte noch etwas?" Pema nickte und Tenzin eilte hinein.
"Dann wünsche ich euch für morgen eine gute Reise." Lin streckte Pema ihre Hand entgegen, doch diese umarmte sie stattdessen. Zuerst war sie etwas überrascht, doch dann erwiderte sie die Geste.
"Gruppenkuscheln!" Bevor Lin sich versah, hingen Ikki und Meelo wie zwei kleine Kletten an ihr. Es war ein ungewöhnlicher Anblick, denn Lin mochte Umarmungen nicht sonderlich. Doch diese Kinder waren ihr in der Zeit irgendwie ans Herz gewachsen. Aber das würde sie natürlich nie zugeben.
Währenddessen saßen - fern abseits von den Blicken der anderen - zwei junge Luftbändiger auf einem kleinen Hügel und schauten in den sternenklaren Nachthimmel.
"Warum kommst du nicht mit uns zum südlichen Lufttempel?", fragte er.
"Meine Bestimmung ist es, hier bei Korra zu bleiben", antwortete sie. Er griff nach ihrer Hand.
"Wann werden wir uns wiedersehen?" Sie lächelte ihn an.
"Bald", erwiderte sie und legte ihren Kopf auf seine Schulter. Am Himmel flog eine Sternschnuppe vorbei. Er wünschte sich nichts sehnlicher, als an ihrer Seite sein zu können. Seit ihrer ersten Begegnung im Erdkönigreich war viel geschehen. Nach den ersten Trainingsstunden unter ihrer Leitung, stellte er sich als talentierter Schüler des Luftbändigens heraus. Von da an verbrachten sie oft Zeit zusammen und entwickelten nach und nach starke Gefühle füreinander. Seit kurzem waren sie zusammen und auch die Tatsache, dass er für eine Weile weit weg sein würde, um seine Ausbildung im Luftbändigen fortzuführen, würde nichts an ihren Gefühlen ändern. So genossen sie - Kai und Jinora - die letzten Stunden des Abends.
Gegen Mitternacht kehrte Ruhe auf der Insel ein. Tenzin, Pema und die Kinder schliefen die letzte Nacht zusammen im großen Familienbett, ein paar Räume weiter schnarchte Bumi und träumte von Abenteuern in der Geisterwelt mit seinem kleinen Geisterfreund Bum-Ju. Kai schlummerte in einer Hängematte und auch Korra und Asami schliefen seelenruhig in ihrem Bett. Nur eine lag noch hellwach in ihrem Bett und starrte an die Decke - Kya.
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Avatar Korra - A story continues//changes
FanfictionDie Geschichte der vereinten Republik geht weiter! Als Korra von ihrer Reise nach Ba Sing Se zurückkehrt, erfährt sie von Tenzins großen Plänen für den Wiederaufbau der Luftnation. Doch die Wege der Familienmitglieder trennen sich erneut, denn seine...