Kapitel 11 - Saurer Apfel

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Fast die gesamte Rückfahrt musste Sylvia sich dazu zwingen, die Tränen zurückzuhalten

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Fast die gesamte Rückfahrt musste Sylvia sich dazu zwingen, die Tränen zurückzuhalten. Um nichts in der Welt wollte sie Edgar mit einem verweinten Gesicht gegenübertreten. Sie würde keine Schwäche zeigen. Das war sie sich selbst schuldig.

Ihr Plan war einfach. Sie würde rasch ihre Unterlagen holen, möglichst ohne Edgar eines Blickes zu würdigen, und sich dann schnellstmöglich auf den Weg zur Uni zu machen. Entweder würde sie ein Taxi nehmen — keine gute Wahl, da zu teuer —, oder den Bus — auch nicht gut, da sie so sicher zu spät kommen würde.

Vor der gemeinsamen Wohnung angekommen, rieb sie ihre schwitzigen Handflächen an ihrer Hose, während sie versuchte, das bleischwere Gefühl in ihrer Magengrube wegzuatmen. Edgars Auto war draußen geparkt. Das hieß, eine Begegnung mit ihm war nun unvermeidlich. Sie hatte die Hoffnung gehegt, dass er vielleicht schon an der Uni wäre, aber dem war offensichtlich nicht so.

Mit zitternden Händen zog sie den Schlüssel aus der Tasche und, gegen den Kloß in ihrem Hals ankämpfend, steckte sie ihn ins Schloss. Bilder von Edgar und Amelie schossen ihr durch den Kopf. Sie hörte ihr Stöhnen und sah ihre entblößte Brust, die Edgar so zärtlich mit seiner Hand gestreichelt hatte. Eine Welle von Übelkeit überkam sie und sie wollte schon umkehren, als sie von innen eine Stimme hörte.

Scheiße.

„Sylvia, bist du das?"

Klar, wer sonst, oder hast du Amelie erwartet? Das hätte sie ihm gern an den Kopf geworfen, doch sie sagte nichts und trat wortlos durch die Tür. Plötzlich sprang sie ein anderer Gedanke an. Was, wenn Amelie hier war und die Nacht mit Edgar verbracht hatte? Nein, so dreist würde selbst er nicht sein und so verstört wie Amelie ausgesehen hatte, als sie aus seinem Büro geflüchtet war, wäre sie für sowas nicht bereit. Hoffentlich.

Das sollte dir doch egal sein. Edgar ist nicht mehr dein Problem. Hol deine Sachen für die Uni und mach dich vom Acker. Aber schnell. Bevor er noch sein Süßholzraspeln auspackt.

Zielstrebig steuerte sie ihr kleines Arbeitszimmer am Ende des Flurs an, doch Edgar kam ihr bereits entgegen und baute sich vor ihr auf, seine muskulösen Arme vor seinem Körper verschränkt. Den dunklen Augenringen nach zu schließen, hatte er nicht viel Schlaf gehabt. Sogar seine sonst immer perfekt gestylten Haare hingen ihm in ungekämmten schwarzen Strähnen ums Gesicht.

Geschieht ihm recht.

Jedoch machte es ihr seine versteinerte Miene schwer, herauszulesen, ob er verärgert oder besorgt war. Kleine Schweißperlen standen ihr auf der Stirn. Sie versuchte ihm auszuweichen, doch er packte sie am Oberarm und hielt sie zurück. Der säuerliche Geruch von Alkohol waberte ihr entgegen und Sylvias Frühstück rebellierte in ihrem Magen.

Doppelte Scheiße.

„Wo denkst du denn, dass du hingehst?" Er beugte sich zu ihr hinunter und sein alkoholisierter Atem hüllte ihr Gesicht ein wie eine ekelhafte Dunstglocke. Ihr wurde übel. „Kommst die ganze Nacht nicht heim und schneist hier einfach so rein, ohne etwas zu sagen. Weißt du eigentlich wie viele Sorgen ich mir um dich gemacht habe? Ich hab die ganze Nacht kein Auge zugetan."

Entlieben - Wenn Herzen heilenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt