Emily Bronté

9 0 0
                                    

Wasserdunst stieg auf, während ich ihm in der Badewanne vorlas.
Manchmal sah er zu mir, mal waren seine Augen geschlossen.

"Es ist schon traurig, dass Emily Bronté nur 30 Jahre alt geworden ist.
Ich meine, sie hätte mindestens noch mal genau so viele Jahre leben können."

Jetzt lag sein Blick auf mir.
Ich sah ihm über den Rand des Buches bei seiner Überlegung zu.

"Vielleicht hätte sie einfach nur ein Problem mit sich selbst.
Nicht jeder kann mit Erfolg umgehen.", sagte ich, als ich mein Buch bei Seite auf den nahegelegenen Stuhl legte.

"Und außerdem sind wir Menschen früher sowieso nicht alt geworden...
Warum machst du dir darüber Gedanken?", wollte ich wissen.

"Vielleicht ist es irgendwann nicht mehr so wie heute.
Wenn man morgens aufsteht, will man sterben, weil jeden Tag etwas unerwartetes passieren könnte."

"Und deshalb muss man jeden Tag leben, mit ganzem Herzen."

Er blickte wieder zu mir. Zwar sah er etwas zerbrochen aus, aber ich wusste, dass er tief in sich, zufrieden mit seinem Leben war.

"Und du bist doch einzigartig." tröstete ich ihn, indem ich meine Hand auf seinen Arm legte, der auf dem Wannenrand lag.

"Ohne dich, würde etwas fehlen."

"Ohne dich auch" erwiderte er und beugte sich zu mir.

"Es ist schön, dass ich dich zum Lächeln bringen konnte.", meinte ich.

Nach unserem gemeinsamen Schweigen beugte er sich noch näher zu mir vor.
Ich nahm sein Gesicht in meine Hände und gab ihm einen intensiven und langen Kuss.
Als sich unsere Lippen voneinander trennten, sahen wir uns an.
Es waren überraschte und glückliche Blicke, die wir wechselten.
Verlegen und etwas peinlich berührt, setzte Robin sich wieder hin.
Doch ich musste noch immer lächeln.
Nun schwiegen wir wieder und ich griff nach seiner Hand.
Und wir begannen mit unseren Fingern zu spielen.

Die ganze Nacht lagen wir eng beieinander.
Immer, wenn ich mich nur ein kleines Stück von ihm entfernte, kam er mir wieder näher.
Umgekehrt war es genau so.
Wir konnten uns nicht wirklich voneinander trennen.
Es war unser erstes Wochenende und es war uns heilig.

Das schwarze Band Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt