Ich klopfe vorsichtig an die massive, dunkle Tür von Luc's Zimmer und trete einen Schritt zurück. Durch seine geschlossene Zimmertür wirkt der geräumige Flur düsterer und antik.
Kurz darauf öffnet Luc die Tür und ein heller Lichtstrahl fällt in die Wohnung.Dadurch, dass Luc mitten in der Tür steht, strahlt das Licht direkt an ihm vorbei.
Nennt mich ruhig kitschig, aber mit seinen hellen blonden Haaren, den klaren blauen Augen und dem wunderschönen Lächeln, entspricht Luc so ziemlich genau meiner Vorstellung von einem Engel.
Einem perfekten Engel.
Es fehlt nur noch ein Heiligenschein und Flügel und die Szenerie wäre perfekt."Wärst du dann so weit oder möchtest du weiter sabbern?", fragt Luc verschmitzt, der mein offensichtliches Starren wohl richtig gedeutet hatte. "Wenn du dich vielleicht noch einmal im Kreis drehen könntest, könnte ich mich komplett von deinem großen Ego überzeugen", lächle ich ihn zuckersüß an.
Beim Lachen gibt Luc die Tür frei und ich kann beim Eintreten einen ersten Blick in sein Zimmer werfen. Es ist größer als meins, was auch irgendwie Sinn ergibt, weil er hier permanent wohnt. Trotzdem habe ich nicht erwartet, was ich hier sehen kann."Bist du etwa ein Künstler?", staune ich mit offenem Mund. Überall hängen selbst bemalte Leinwände neben dutzenden von Zimmerpflanzen herum und viele Kunstwerke liegen noch unfertig auf seinen vielen Staffeleien.
Sie sehen echt schön aus und man kann zugeben, dass Luc ziemlich begabt ist. "Ach das, ja. Kunst ist ein kleines Hobby von mir, das mich durch schwere Zeiten begleitet hat. Ich kann durch sie alle meine Gefühle ausdrücken, was mir schon oft geholfen hat."Er wirkt plötzlich ein bisschen traurig und sein Lächeln verzieht sich, als ob er an etwas Negatives denken würde.
Da schüttelt er auf einmal seinen Kopf und wirkt wieder so fröhlich wie zuvor. Hätte ich nicht drauf geachtet, könnte ein Jeder meinen, dass diese Situation niemals passiert wäre."Warum tust du deine Kreationen so ab? Du hast wirklich Talent. Ich finde deine Kunst sehr schön.", frage ich ihn ablenkend.
Ich schaue ihn aufmunternd an.
"Na dann warte erstmal ab, was ich dir jetzt zeige!", ruft Luc enthusiastisch. Er nimmt meinen Ellenbogen und zieht mich mit zu seinem Panoramafenster. Von hier aus sieht man zwar nicht das Meer, dafür aber die komplette Stadt. Da wir so weit oben sind, kann man jedes Gebäude überblicken und mir wird klar, warum er sich damals für dieses Zimmer entschieden haben muss.Die Aussicht wirkt einfach majestätisch und ich bekomme leichte Gänsehaut bei dem Gedanken, wie alt Saint-Malo schon ist. Ich kann mir vorstellen, dass die gesamte Stadtgeschichte von hieraus zu erkennen sein sollte, wenn man sie denn kennen würde.
Ich überfliege die schönen Bauten mit meinen Augen, als plötzlich eine alte Kathedrale in mein Blickfeld springt.
Luc muss das Glitzern in meinem Blick bemerkt haben und ihm dann gefolgt sein, da er mir auf einmal erklärt, was es mit der Kirche auf sich hat."Das ist die Kathedrale von Saint-Malo. Sie entstand glaube ich im 12. Jahrhundert und kann zusammen mit unserer berühmten Stadtmauer, als das Wahrzeichen der Altstadt gesehen werden. Ich habe die Kathedrale schon öfters als Motiv für meine Bilder verwendet.", erzählt er stolz. "Sie ist so natürlich und herrschaftlich und zugleich auf ihre eigene Weise mysteriös."
Ich drehe mich zu ihm um, blicke hoch und schaue ihm direkt in seine Augen. "Luc, bring mich sofort zu dieser atemberaubenden Kirche! Ohne Wenn und Aber.", sage ich todernst.
Er wirkt überrascht von meinem Wechsel des Tonfalls, reagiert aber gelassen.
"Wenn Sie keine weiteren Wünsche haben, Mylady.", erwidert er mit einem angezogenem Mundwinkel und verbeugt sich tief. Ich kichere."Gleich in derselben Straße gibt es auch einen Starbucks. Dort könnten wir auch eine kleine Erfrischung zu uns nehmen, falls es Ihnen genügt.", zieht er mich auf und lacht.
Bitte was? "Einen Starbucks?! Das ist ja ganz und gar nicht passend für die Altstadt von Saint-Malo", quengele ich ihn an, als ob er in kleinster Weise etwas dafür können würde. Der Zauber dieser Stadt wurde damit ein kleines bisschen zunichte gemacht. Als ob so ein großer Konzern, es bis in diese kleine Hafenstadt schafft.Nichtsdestotrotz muss ich ja zugeben, dass mir die Sachen von Starbucks schmecken... deswegen ist es einigermaßen okay.
"Na komm kleiner Quälgeist. Ich zeige dir deine Kathedrale und bringe dir ein bisschen was über unsere Lebensweise hier bei. Aber nur, wenn du mir einen Frappuccino bei Starbucks ausgibst!"
"Das kriege ich wohl noch hin. Deal."
Ich verabschiede mich kurz bei Luc, um mich nochmals frisch zu machen und gehe danach zur Wohnungstür, an der er schon geduldig auf mich wartet.
Wir verabschieden uns noch schnell von Tante Lisette, der wir versprechen, zum Abendessen wieder zurück zu sein und verlassen das Loft.
Ich bin gespannt, was ich heute alles noch so sehen und erleben werde._________________________________________
Hey Leute, sorry dass ich mich so lange nicht gemeldet habe! Ich hatte eine unkreative Phase, in der ich einfach keine Motivation zum Schreiben gehabt habe.
Ich hoffe, in der nächsten Zeit mehr Kapitel hochladen zu können, kann aber nichts versprechen, da ich in der Klausurenphase bin.
Trotzdem viel Spaß beim Lesen!Eure Kritik nehme ich gerne an:)
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Zwei Facetten
RandomEine Entscheidung von außenstehenden Personen kann alles verändern. Man kann in ein anderes Land geraten. Man kann dort neue Freunde finden. Man kann sich verlieben. Kira ist ein ganz normales Mädchen. Sie ist 16 Jahre alt, hat keine Geschwister und...