Thomas Fischer

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Es war einer diese Tage wie Tommy sie hasste. Es war kalt und es regnete Bindfäden. Tommy war 10 Jahre alt und obdachlos. Es war wohl mehr als ein Jahr her das seine Mutter sich mit ihrem neuen Freund nach Asien abgesetzt hatte und ihn zurückgelassen hatte. Er hatte keine weiteren Verwandten da sein Vater bereits vor seiner Geburt verstorben war und so blieb ihm nur das Heim. In dem hatte er sich nicht wohl gefühlt und hatte nach 2 Monaten eine Chance zur Flucht genutzt. Seit diesem Tag war er nun alleine unterwegs, quer durch Deutschland. Mal fuhr er per Anhalter, mal schwarz in der Bahn. Gelegentlich bekam er etwas Geld zugesteckt das er sich was zu essen kaufen konnte. Sonst lebte er aus der Mülltonne und von dem was er unteranderem im Wald fand. Geklaut hatte er nie, das kam nicht in Frage für ihn.
Nun wanderte er durch einen Wald irgendwo in Bayern. Wo genau wusste er wie meistens nicht. Er war an einem kleinen Bahnhof zwischen Nürnberg und München ausgestiegen da der Schaffner ihn fast entdeckt hatte. Während er nun durchnässt über den schlammigen Boden schlurfte stand er auf einmal vor einem hohen Zaun. Fast hätte er ihn nicht gesehen da er wegen dem Regen die Augen zugekniffen hatte. „Mist, jetzt muss ich darum herumlaufen. Warum steht eigentlich mitten im Wald ein Zaun? Wie Blöd ist das denn?" Er blickte nach links und rechts und entschied sich links herum zu gehen. Nach einer Weile konnte er erkennen das hinter dem Zaun ein riesiges Haus, nein eine Villa stand. Er hielt an und betrachtete das Haus mit offenem Mund. „Wow, das ist ja mal ein Schuppen. Wer hier wohnt der hat es gut." Die letzten Worte sagte er mit einer gewissen Traurigkeit, denn Ihm ging es alles andere als gut. Als er weiterging übersah er eine Wurzel und stolperte über diese. Er fiel dabei gegen den Zaun und löste einen stillen Alarm aus, was er nicht wusste. Viel schlimmer war aber, dass er sich bei dem Sturz anscheinend den Knöchel verstaucht hatte, denn er konnte nicht mehr richtig auftreten. Bei jedem Versuch aufzustehen sackte er wieder zusammen. Er fing an zu weinen, sowohl aus Frust als auch wegen der Schmerzen, er konnte einfach nicht aufstehen. Er versuchte auf allen vieren weiterzukommen, aber das war sehr mühsam. Auf einmal schreckte er auf, denn er hörte Hundegebell und eine Stimme von der anderen Seite des Zauns: „Ey Junge! Was machst du hier auf meinem Grund und Boden?" Er drehte sich um und sah einen Collie auf sich zu stürmen. Hinter dem Hund kam ein Mann im Regenmantel und großen Schlapphut. Der Hund hörte auf zu bellen als er auf gleicher Höhe war und wedelte einfach nur noch mit dem Schwanz. Der Mann kam zu seinem Hund und betrachtete den sich freuenden Hund und das Häufchen Elend auf der anderen Seite. „Merlin, was ist los?" Die Frage war scheinend an den Hund gerichtet denn der guckte sein Herrchen mit freudigem Blick und raushängender Zunge an. Dann wand er sich Tommy zu und fragte: „Hast du dich verletzt Junge?" Tommy nickte und sagte: „Geht schon. Ich komme schon weiter." Er versuchte ein weiteres Mal aufzustehen, nur um sofort wieder zusammen zu sacken und vor Schmerzen auf zu schreien. Der Hund jaulte mit und der Mann sagte: „Beweg dich nicht Junge. Ich komme und hole dich da weg." Tommy war verängstigt: „Nein, lassen sie mich einfach! Es geht schon." Der Mann schüttelte den Kopf: „Keine Sorge ich werde dir nichts tun. Ich werde mir mal deinen Fuß ansehen. In 50 Metern ist ein Tor. Warte wo du bist." Er ging los und Tommy wollte, konnte aber nicht, wegrennen. Der Mann würde bestimmt die Polizei rufen und dann müsste er zurück ins Heim, oder schlimmeres. Er weinte und konnte vor Tränen und Wut fast nichts sehen als er auf einmal eine nasse Zunge in seinem Gesicht spürte. Er riss die Augen auf und der Collie, Merlin, stand vor ihm und leckte ihm durch das Gesicht. Der Mann war noch ein Stück weiter weg. Dieser beobachtete was sein Hund mit dem Jungen machte und wunderte sich über die Reaktion des Collies. Er sagte nichts, sondern ging zu den Beiden hin und sagte: „Merlin, der Junge ist doch schon nass genug, da musst nicht auch noch du nachhelfen. Komm ich nehme dich Huckepack und bringe dich ins Haus." Tommy wich zurück. Der Mann merkte dieses und kniete sich vor den zitternden Jungen und sagte: „Du brauchst wirklich keine Angst vor mir zu haben, ich werde dir nichts tun und nichts machen was du nicht willst. Okay?" Tommy nickte und der Mann entgegnete: „Willst du ins trockene, an einen warmen Kamin und soll ich mir deinen Fuß ansehen?" Schüchtern sagte Tommy: „Ja." „Na siehst du. Dann hebe ich dich jetzt auf meinen Rücken und dann gehen wir ins Haus." Der Mann nahm Tommy relativ einfach hoch und Tommy hielt sich an den Schultern des Mannes fest. Am Tor angekommen hielt der Mann seine Uhr vor einen kleinen Chip und die Tür ging auf. Merlin, der Collie, ging brav neben den Beiden her. Kurz hinter dem Tor stand ein geländefähiger Golfwagen mit Dach. Tommy wurde von dem Mann auf den Beifahrersitz gesetzt und der verstauchte Fuß wurde vorne hochgelegt. Merlin sprang auf die Lagefläche und der Mann fuhr mit dem Gefährt los. Erst hier wurde die Größe des Grundstücks klar. Tommy staunte nicht schlecht. Sie erreichten einen Weg und folgten diesem bis zu einer Garage die unter dem Haus lag. Der Mann sagte: „Drückst du bitte einmal auf den gelben Knopf auf dem Armaturenbrett?" Tommy sah ihn verwundert an, tat aber wie gesagt. Sofort öffnete sich das Garagentor und die drei fuhren in die Garage ein. Tommy dachte er träumt. Die Garage war riesig. Mehrere Autos, unterschiedlichster Bauweise, standen dort. Der Mann hielt vor einem Aufzug, Merlin sprang von der Ladefläche und Tommy wurde wieder Huckepack genommen. Beim näher kommen öffnete sich die Aufzugstür. Die drei betraten den Aufzug der sie ins 1. OG des Hauses brachte. Dann gingen Sie einen langen hellen Flur entlang in ein großes Wohnzimmer wo ein großer Kamin gemütliche Wärme verbreitete. Vor dem Kamin stand ein Sessel mit Fußhocker auf den der Mann Tommy absetzte. Er legte Tommy Fuß vorsichtig auf den Hocker. Tommy sagte schüchtern: „Ich mache ihnen doch alles dreckig mit meinen Sachen." Der Man sah ihn verwundert an: „Lass dass bitte meine Sorge sein, ja? Ich werde jetzt versuchen dir den Schuh auszuziehen." Tommy nickte. Der Mann öffnete die Schleife des völlig ausgetretenen Sneakers aber schon beim Versuch den Schuh zu öffnen schrie Tommy auf. Sein Gönner betrachtete den Fuß und sagte: „Ich denke, dass ich den Schuh aufschneiden muss, sonst komme ich da nicht ran." Tommy schluckte: „Ich habe keine anderen Schuhe." „Verstehe ich schon, aber es hilft nichts. Entweder aufschneiden oder höllenschmerzen." Tommy sagte sofort: „Aufschneiden." Also holte er eine Schere während Tommy die Pfote von Merlin hielt, der diese sofort als er hingesetzt wurde auf sein gesundes Bein gelegt hatte. Der Mann kam wieder und hatte eine große Verbandstasche dabei. Bevor er anfing sagte er: „Ich bin ja sowas von unhöflich, ich habe mich noch nicht einmal vorgestellt. Mein Name ist Joseph Maximilian von Fürstenbrück und wie heißt du?" Tommy staunte über das ‚von' in dem Namen und sagte: „Mein Name ist Thomas Fischer, aber alle nennen mich Tommy." „Hallo Tommy, es freut mich deine Bekanntschaft zu machen." Tommy nickte nur schüchtern. „Dann wollen wir mal deinen Schuh aufschneiden." Vorsichtig schnitt Herr von Fürstenbrück den Sneaker auf und außer einem kurzen Schmerz spürte Tommy nichts davon. Erst als der Fuß nicht mehr stabilisiert wurde zuckte er vor Schmerz heftig zusammen. Dann schnitt Herr von Fürstenbrück auch den Socken auf um den Fuß zu begutachten. „Ich muss jetzt fühlen und auch vielleicht mal drücken. Meinst du das du die Schmerzen aushalten kannst Tommy?" Er nickte und antwortete: „Ich hoffe Herr von Fürstenbrück." Dieser nickte und tastete vorsichtig den Fuß ab. Tommy zuckte gelegentlich zusammen, versuchte aber stark zu sein. Nach kurzer Zeit sagt dann Herr von Fürstenbrück: „Du hast Glück im Unglück Tommy. Es ist nichts gebrochen, nur leider sind Verstauchungen oft schmerzhafter wie Brüche. Der Fuß muss verbunden und stabilisiert werden, allerdings würde ich vorschlagen diesen vorher zu waschen...und den Rest des dazugehörigen Jungen gleich mit." Er lachte dabei und Tommy wusste nicht sofort was gemeint war und sah ihn verwundert an. „Tommy, ich meine das ich dir anbiete in meine Badewanne zu steigen und dich mal richtig zu waschen." Tommy dachte er traut seinen Ohren nicht. „Ich darf bei Ihnen baden? So richtig?" Herr von Fürstenfeld nickte: „Ja, das habe ich dir gerade angeboten." Tommy wich zurück, zu schlecht waren seine Erfahrungen. „Ich weiß nicht...ich kenne sie ja gar nicht...ich..." „...habe Angst"; vervollständigte Herr von Fürstenbrück den Satz und Tommy nickte. „Tommy, so kannst du nicht wieder raus. Dein Fuß muss behandelt werden, du hast nur noch einen Schuh, bist pitschenass und dreckig. Ich biete dir für alle diese Problem Abhilfe und obendrein würde ich dir was zu Essen kochen. Du siehst aus als hättest du schon länger nichts Vernünftiges mehr gegessen." Bei den letzten Worten leuchteten Tommy Augen. „Das würden Sie für mich tun Herr von Fürstenberück?" „Wenn nötig auch noch mehr, aber lass uns vorne anfangen. Erst mal baden und dann den Fuß behandeln. Ich trage dich ins Gästebadzimmer und lasse dir ein Bad ein." Tommy lächelte und fühlte sich das erste Mal seit Monaten wieder wie ein Kind. Herr Von Fürstenbrück nahm Tommy auf den Arm und trug ihn, gefolgt von Merlin, in das Badezimmer.

Von FürstenbrückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt