Kapitel 5: Komisches Verhalten

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Wir kommen bei den Steintreppen an, verabschieden uns und gehen nach Hause. Obwohl ich es eigentlich nicht will, hole ich den einen Brief hervor und lese ihn, dann noch einmal und noch einmal und noch einmal. Schlussendlich lese ich ihn bestimmt um die zwölf Male und jedes Mal werden meine Gedanken noch mehr beflügelt. Ich lasse mich nach hinten fallen und starre an die Decke. Es ist wirklich komisch. Warum fühle ich mich alleine von einem Brief so? Ich weiß doch nicht einmal, von wem der ist und ich konnte heute auch niemanden feststellen, der mich beobachtet hat. Alle haben mich wie immer behandelt. Noch einmal schaue ich auf den Brief. Wenn du mich suchst wirst du mich finden. Das stimmt schon einmal nicht. Ich habe heute gesucht und doch niemanden gefunden. Vielleicht bin ich dir näher als du denkst... Wer soll das sein? Einfach nur frustrierend. Genervt erhebe mich, lege den Brief in eine gesonderte Schublade und mache mich daran mir einen Tee zu machen.


*Ding Dong*


Ist das Makoto? Hat er vielleicht etwas vergessen? Ich gehe zur Tür und bin etwas überrascht Rei vorzufinden. „Hallo, Haruka-senpai. Hast du Zeit?", fragt er und schiebt unsicher seine Brille zurecht. Ich nicke und lasse ihn eintreten. „Willst du einen Tee?", frage ich und gehe wieder in die Küche. „Ja, gerne.", nimmt er das Angebot an und setzt sich ins Wohnzimmer. Ich brühe den Tee auf und fülle Rei und mir dann einen ein. Wenig später setzt ich mich zu ihm und sehe ihn erwartend an. Er wird schon einen Grund haben, wenn er mich aufsucht. „Also... du fragst dich bestimmt, warum ich hier bin.", fängt Rei unsicher an und weicht meinen Blick aus. Ich nicke und warte auf seine weiter Erklärung. „Also ich... ähm, wie fandest du die Briefe?", fragt er plötzlich und wird sogar rot. Will er mir ausweichen oder ist er nur dafür hergekommen? „Habe ich doch heute morgen schon gesagt, ich verstehe sie nicht.", antworte ich ehrlich. „Und was genau hast du daran nicht verstanden?" „Warum sie mir die Briefe geschrieben haben, schließlich beachtet mich auch sonst niemand.", antworte ich wahrheitsgemäß. „Sie trauen sich bestimmt nur nicht dich anzusprechen." Ich zucke nur mit der Schulter und trinke meinen Tee. „Und fandest du einen so gut, dass du die Person kennen lernen willst?", fragt Rei langsam. Etwas überrascht von dieser direkten Frage, muss ich erst einmal überlegen. Vielleicht bin ich dir näher als du denkst. „Rei, verheimlichst du mir etwas?", frage ich und treibe ihm damit die Röte ins Gesicht. Er schüttelt schnell den Kopf und versucht sich hinter seiner Tasse zu verstecken. „Hast du mir etwa einen von den Briefen geschrieben?", frage ich direkt. Rei dreht sich schnell weg, aber ich könnte schwören, dass er noch röter geworden ist. Jetzt verstehe ich gar nichts mehr. Er ist doch jetzt mit Nagisa zusammen, warum sollte er mir einen Liebesbrief schreiben und ist dieser Eine von ihm? „Nein, Haruka-senpai, ich habe dir kein Brief geschrieben, aber ich kann mit einer Person mitfühlen, die es eventuell getan haben könnte. Also wollte ich dich fragen, ob du einen davon ansprechend fandest.", antwortet er und sieht jetzt wieder gelassen aus. Überrascht ziehe ich meine Augenbraue hoch und mustere ihn. Er kennt jemanden, der mir eventuell einen Liebesbrief schreiben wollte? Wer soll das bitte sein? Und warum nur eventuell? Ach man, das ist alles so verwirrend. Die Klingel läutet, bevor ich antworten kann, was nicht gerade schlecht ist, ich weiß eh nicht, was ich sagen soll. Sollte ich ihm vielleicht von diesen einem Brief erzählen?


Wenig schlauer mache ich mich auf den Weg zur Tür, öffne sie und werde freudestrahlend von Makoto begrüßt. Wie kann der nur immer so gute Laune haben? „Hey, Haru-chan.", sagt er und kratzt sich am Nacken. Irgendwie sieht er verlegen aus. Was ist den heute bitte los? Haben alle irgendetwas genommen, damit sie sich so benehmen? Ich lasse Makoto herein und gehe wieder ins Wohnzimmer. „Rei, was machst du den hier?", fragt Makoto überrascht, als er unseren Freund erblickt und setzt sich zu uns. „Äh, also... ich dachte nur, dass es nett wäre Haruka-senpai mal wieder zu besuchen.", stammelt Rei. Ich kann sehen, dass Makoto ihn das nicht abkauft, aber dennoch nickt er verstehend. Dann folgt Stille. In Folge meiner Gastgeberrolle schiebe ich Makoto meine Tasse herüber. Ich will nichts mehr trinken und habe keine Lust wieder aufzustehen, um ihn einen eigenen Tee zu machen, also ist es so am einfachsten. Makoto nimmt sie an und nippt an dem Tee. Jetzt ist es an Rei einen überraschten Gesichtsausdruck aufzusetzen. „Ihr trinkt aus der gleichen Tasse?", fragt er. „Ist doch nichts dabei.", antworte ich. Makoto und ich teilen viele Sachen und oft genug habe ich auch schon mit seinen Besteck gegessen oder wir teilen uns eine Flasche. Ist das etwa so interessant? „Das machen wir schon seitdem wir ganz klein sind.", erklärt Makoto und lehnt sich etwas zurück. „Aha, okay.", sagt Rei und sieht immer noch etwas verwirrt zu der Tasse. Dann ist es erst einmal still. Ich sage meistens eh nicht viel, aber die Beiden schweigen sich nur an und scheinen ein Blickduell auszufechten. Kann dieser Tag noch absurder werden? Alle benehmen sich so bizarr.


„Ich glaube, ich sollte langsam gehen.", bricht Rei nach einiger Zeit die Stille und erhebt sich, ohne das wir eine wirkliche Unterhaltung geführt haben.

Wir verabschieden ihn und bleiben alleine im Wohnzimmer zurück. Kurz danach hören wir, wie Rei das Haus verlässt. „Warum habt ihr euch eben so komisch verhalten?", frage ich meinen Freund rechts neben mir und sehe ihn prüfend an. „Äh.. haben wir doch gar nicht.", stottert Makoto und schluckt schwer. „Doch.", antworte ich, wende mich Makoto zu und lehne mich zu ihm herüber. Makoto wird rot und weicht etwas zurück. „Das hast du dir nur eingebildet.", sagt er schnell und sieht zur Seite. Ich habe mir das nicht eingebildet! Was spielen die hier für ein Spiel? Ich stütze mich mit meine Hände neben ihm ab und beuge mich kniend immer weiter über Makoto. Er sieht auf und stützt sich auf seine Unterarme, um vor mir zurückzuweichen. Ich fixiere seinen Blick um eine Antwort zu bekommen und klettere unbemerkt immer weiter über ihn. „Haru?", fragt Makoto verunsichert und läuft weiter rot an. „Ich habe mir das nicht eingebildet.", bestehe ich auf eine Antwort, ohne unsere Nähe wahrzunehmen. Mittlerweile liegt Makoto nur auf seine Ellenbogen abgestützt unter mir und versucht meinem Blick auszuweichen. Ich will endlich wissen, was hier los ist. Aber heute will das mit dem Starren nicht funktionieren. Normalerweise muss ich Makotos Augen nur lange genug fixieren und bekomme dann meine Antwort. Aber heute ist es anders, Makoto weicht immer weiter meinem Blick aus und versucht so weit weg wie möglich von mir zu kommen. Ich verstehe das alles nicht. Was ist mit ihm los? Ist ja nicht so, als wenn ich ihn küssen wollen würde oder so... Warte was? Wie komme ich jetzt bitte auf küssen? Ich will niemanden küssen und ganz bestimmt nicht Makoto. Wir sind doch nur beste Freunde.... Ich habe ein Problem damit, wie du mit den Gefühlen andere umgehst. Warum muss ich jetzt daran denken? Ich habe doch überhaupt keine Gefühle, für keinen. Arrg, ich hasse das, egal wie viel ich überlege es tauchen nur noch mehr Fragen auf. Ich komme Makotos Gesicht näher, um ihn so zu zwingen mich anzusehen. Wir sind nur noch Zentimeter von einander entfernt, aber das bemerke ich gerade gar nicht. Ich will einfach nur eine Antwort. „Warum seid ihr so komisch?", frage ich noch einmal mit Nachdruck. Nun kann Makoto seinen Blick auch nicht mehr abwenden und schaut mir direkt in die Augen. Ein eigenartiges Gefühl durchzuckt mich. Sein Blick ist irgendwie so intensiv und seine Augen funkeln so geheimnisvoll. Das habe ich noch nie bei ihm gesehen. Bevor ich meine Gedanken ordnen kann, dreht mich Makoto plötzlich auf den Rücken. Etwas überrascht finde ich mich unter ihm wieder und sehe in seine Augen, die meinen ganz nahe sind. Ich kann sogar seinen warmen Atem auf meinen Lippen wahrnehmen. Sein Blick ist anders als sonst. Irgendwie undefinierbar. Makoto beugt sich zu mir herunter und sodass sein Kopf neben meinem ist. „Du solltest niemanden so nahe kommen, wenn du nicht willst, dass er etwas mit dir anstellt.", flüstert mir Makoto ins Ohr. Seine Stimme ist so anders, so dunkel, so ungewohnt und doch so verführerisch. Dann steht er auf und verlässt mein Haus, ohne mich noch einmal anzusehen.

Durcheinander bleibe ich liegen. Was hat er damit gemeint, etwas anstellen? Ich schüttel meinen Kopf. Es ist alles so verwirrend und ich weiß nicht, warum alle auf einmal so merkwürdig sind. Seitdem ich die Briefe bekommen habe, ist es wie verhext. Was ist nur los? Ich schließe meine Augen, aber scheitere daran einen klaren Gedanken zu fassen. Ich will nicht mehr. Ich verstehe nichts mehr. Ich glaube ich lasse morgen die Schule einfach ausfallen oder besser noch, ich verbringe den ganzen Tag im Wasser. Ja, das ist eine super Idee. Ich sehe auf die Uhr. Es ist schon nach neun Uhr. Ich erhebe mich, packe mir schnell meine Tasche zusammen und verlasse dann mein Haus. Ich will schwimmen und zwar jetzt.


Schnellen Schrittes lege ich die Entfernung zu dem ITSC zurück und verschaffe mir unrechtmäßig Zutritt. Coach Sasabe wird das schon verstehen... hoffe ich zumindest. Schnell bin ich in der Schwimmhalle und entledige mich meiner Kleidung. Ich steige auf den Startblock, setzte Schwimmbrille und Kappe auf und dann kann ich endlich schwimmen. Ich springe ab und gleite wie ein Vogel durch die Luft, bevor ich mit meinen Händen einen Spalt schaffe und mit meinen Körper hindurch gleite. Das Wasser umgibt mich und lässt meine Gedanken komplett verschwinden. Endlich frei, frei von meinen Gedanken und diesen kuriosen Tag. Ich schwimme und schwimme. Bahn um Bahn nutze ich die Nacht.


Fortsetzung folgt...

Liebesbrief MakoHaruWo Geschichten leben. Entdecke jetzt