Kapitel 10: Die Entscheidung

303 8 4
                                    

Erzähler

Haruka schreibt die letzte Nachricht auf Rei's Handy und schalte es dann vorsichtshalber aus. Er will gar nicht wissen, was sie danach alles schreiben. Er sollte erleichtert sein. Er weiß, dass Makoto ihn liebt und er liebt ihn genauso. Nur hatte er das bis eben nicht gewusst. Also warum fühlt er sich dann so bedrückt? Wovor hat er Angst? Gedankenverloren erhebt er sich und verlässt sein Haus in Richtung Strand und der Plattform. Er hatte gehofft, da er jetzt weiß, warum er so viel in den letzten Tagen überlegt hatte, jetzt glücklich zu sein, aber irgendwie ist das nicht der Fall. Irgendwie fühlt er sich aufgewühlter als vorher.

Der Wind bläst eine kalte Brise zu Haruka und lässt ihn wiederholt erzittern. Es ist sehr kalt draußen und er hatte, abwesend wie er war, nicht einmal eine Jacke angezogen. Er war zu sehr mit sich selbst beschäftigt und sein dünner Pullover vermag es nicht dem kalten schneidenden Wetter zu trotzen. Wenn er jetzt allerdings noch einmal umdrehen würde, würde er zu spät kommen und dann wäre Makoto zu Recht beunruhigt. Harukas Schritte werden langsamer. Er hat die Nachricht einfach geschrieben, ohne darüber nachzusinnen, was danach passiert. Er hat keine Ahnung, was ihn da geritten hat, schließlich hat der Schwarzhaarige keinen Plan, was er sagen oder machen soll. Er steigt die Treppen zur Plattform hinauf und lehnt sich mit seinen Ellenbogen auf das Geländer. Die Aussicht ist wunderschön, aber im Moment kann er sie nicht in sich aufnehmen, auch den kalten Wind spürt er kaum noch. Seine ganze Konzentration ist auf seine Gedanken gerichtet. Was soll er nur machen, wenn Makoto ihm gegenübersteht?


Makoto geht mit hängenden Schultern seinem geglaubten sicheren Untergang entgegen. Seine Gedanken rotieren und wollen ihn einfach nicht in Ruhe lassen. Er malt sich ein schlimmes Szenario nach dem anderem aus. Eins, wo Haru ihn sagt, dass er seine Gefühle nicht erwidert und dann einfach geht. Ihn verlässt und nie wieder zu ihm zurückkehrt oder eins, wo er Haru und seine Heimat verlassen muss, um über ihn wegzukommen. Tränen sammeln sich in Makotos Augen, wobei er alles mögliche versucht sie aufzuhalten. Auch wenn er sich nur das Schlimmste ausmalt, so will er dennoch nicht seinem besten Freund Schmerzen bereiten, was soviel heißt, dass er seine Tränen nicht zeigen darf. Er will nicht seinem besten Freund wegen seinen dummen und doch ehrlich, ewig anhaltenden Gefühlen Leid zufügen, also muss er sich zusammenreißen. Er muss stark sein. Langsam geht Makoto über den Sand am Strand und kann schon die Treppe zur Aussichtsplattform sehen. Sein Magen zieht sich zusammen, er will dort nicht hoch. Er will wieder dahin zurück, als seine Gefühle noch geheim waren. Dort, wo er Haruka noch als seinen besten Freund bezeichnen konnte. Was würden sie eigentlich sein, wenn das alles ein schlimmes Ende nehmen würde? Alte Bekannte? Einfach nur Nachbarn?

Mit zögernden Schritten geht er die Treppe hinauf und will bei jeder Stufe eigentlich nur Halt machen, umkehren und einfach weglaufen. Aber das wäre etwas, was er sich nicht verzeihen könnte, also geht er widerwillig weiter.

Er erreicht die Plattform und sieht seinen Freund am Geländer lehnen. Seine vorangegangenen Gedanken sind urplötzlich weg.

„Haru!", ruft er tadelnd, läuft zu seinem Freund, um ihm kurz danach seine Jacke überzustülpen und seinen Schal um dessen Hals zu legen. „Es ist zu kalt um ohne Jacke herumzulaufen. Du könntest-", fängt er an seinen Freund zu schelten, um sich kurz danach der Situation bewusst zu werden. Seine Hände, die noch eben den Schal um Harukas Hals gelegt haben ziehen sich abrupt zurück und er schaut verlegen zu Seite. Eben ging ihm noch so viel durch den Kopf aber jetzt, ist sein Kopf so leer und trostlos wie die offenen See. Haruka, der noch eben verdattert war, fängt sich wieder und ein Lächeln stiehlt sich auf seine Lippen. Genau so ist Makoto. Wenn er besorgt ist, vergisst er alles um sich herum. Und meistens ist er genau in dem Fokus des Brünetten, der ihm mit besorgten grünen Augen ansieht und ihm wieder eine Standpauke hält, weil er wieder etwas nicht beachtet hat, ob nun aus Absicht oder Unwissenheit. Oft genug weiß Haruka selbst nicht, warum er seinem Freund so viele Problem bereitet, aber jetzt weiß er es. Er war und ist süchtig. Süchtig nach der Aufmerksamkeit seines Freundes, die ihn schon so oft gerettet hat und sich als etwas Besonderes fühlen lassen hat. Aber genau diese sonst wunderschönen Augen sind auf den Boden gerichtet und die sonst freundliche Haltung ist in sich zusammengefallen, so als wollte Makoto sich so klein wie möglich machen, um im Boden zu versinken. Nach kurzem Zögern fasst Haruka den Schal und legt ihn um Makotos Hals, ohne die Enden aus den Händen zu verlieren. „So wird dir aber kalt.", sagt er und endlich sieht sein Freund zu ihm. Schüchtern, verängstigt und doch neugierig ruht Makotos Blick auf ihm, unfähig etwas zu sagen oder zu machen.

Liebesbrief MakoHaruWo Geschichten leben. Entdecke jetzt