XIV - Die Kunst des Lichtschwerts

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Noch bevor das Shuttle vor ihnen auf dem Vorplatz des Tempels aufsetzte, spürte Cin eine Unruhe in der Macht. Sie wirkte wie die See seiner Heimat, kurz vor einem Sturm, mit Wellen, die gegeneinander krachten.
Als sich die Ladeluke öffnete, schwappte ihm diese Empfindung nur noch stärker entgegen.

Zwei Jedi-Ritter nahmen die vier Jünglinge in Empfang und geleiteten sie zurück in den Jeditempel - Illin blieb neben Cin stehen, blickte mit ebenso besorgten Gesichtsausdruck zu dem Schiff, aus dem eben sein Padawan trat. Doch die Unruhe kam nicht von Samuel - stattdessen sah der junge Jedi dem letzten Passagier nach, der, ohne den Meistern Beachtung zu schenken, aus dem Shuttle stürzte.
Cin konnte Ezras Ausdruck nur kurz sehen, bevor dieser an ihnen vorbeistürmte - Aufgewühltheit und Zerrissenheit konnte er erkennen. Der Sturm in der Macht folgte dem Jungen, bis dieser im Inneren des Tempels verschwand.

„Was ist geschehen?”, fragte Illin in diesem Moment seinen Schüler, der die beiden Meister jetzt erreicht hatte. Der Blonde zuckte mit den Schultern. Cin konnte seine Unsicherheit durch die Macht spüren, stärker noch, als es seine Mimik zeigen konnte.

„Wir haben über den Krieg geredet - ich hätte damit gar nicht erst anfangen dürfen, es hat Ezra irgendwie - aus dem Gleichgewicht gebracht”, murmelte Padawan Jaec reuevoll.
„Der Krieg ist für niemanden ein leichtes Thema, Padawan”, meinte Cin, verschränkte die Arme hinter dem Rücken. Er sprach jedoch nicht aus, dass ihn diese offensichtliche Zerrissenheit Ezras überraschte - vom Krieg hatte der Junge hier im Tempel eher wenig mitbekommen können, und wenn doch, dann hatte er immer eher neutral auf das Thema reagiert.
„Was genau, war seine Reaktion?”, entschied sich Cin schließlich, zu fragen.

„Er wirkte nachdenklich, verschlossen und eigentlich hat er sich fast sofort zurückgezogen. Ich werde aus Ezra einfach nicht schlau. Er wirkt immer so fröhlich, er ist mutig und entschlossen, aber er wirkt auch, als würde er das Gewicht der gesamten Galaxis auf den Schultern tragen. Er ist immer so gefasst und ruhig und hat unglaubliche Kontrolle über sich selbst. Aber eben - es war so wie damals, als er Meister Baaro zum ersten Mal gesehen hatte”, sagte Sam, kratzte sich gedankenverloren hinter dem Ohr. „Als wäre das Thema ein Trigger - nur hatte er diesmal keine Panikattacke.”

Cin wusste, wovon der Padawan sprach - er hatte dasselbe beobachten können.

„Das ist nicht alles, was dich aufwühlt, Sam”, sagte Illin in dem Moment, betrachtete den Jüngeren mit neugieriger Miene. Samuel nickte leicht, zupfte an seinem Ärmelsaum herum.

„Ezra hat mir von seinem ersten Lichtschwert erzählt.”

Cin blinzelte - hob überrascht die Augenbrauen. Er hatte geglaubt -

„Und er hat mir sein neues gezeigt - es funktioniert einwandfrei”, ergänzte Samuel.
„Wenn er bereits eine solche Waffe hatte, sollte euch das nicht überraschen”, sagte Cin langsam und leiser, denn inzwischen hatten sie den Tempel betreten und passierten eine Gruppe anderer Jedi-Ritter. Cin wollte nicht, das ihr Gespräch belauscht werden konnte.

„Das ist es auch nicht - Meister Illin, ihr wisst, dass ich mich gerne mit den Farben von Kyberkristallen beschäftige. Sein Lichtschwert ist violett”, erklärte Samuel zögerlich, als würde es ein Problem darstellen.

„Und das stört dich?”, fragte Cin den Padawan, der erst herumdruckste - er wirkte, als wäre es ihm peinlich, seine Gedanken auszusprechen.

„Naja -  äh - also Lila ist eine Mischung von Blau und Rot", murmelte der Blond, stockte aber, senkte den Blick. Er schien sich seiner eigenen Gedanken nicht sicher zu sein.

„Du meinst also, die violette Lichtschwertfarbe deutet an, dass Ezra nicht nur die helle Seite der Macht nutzt?”, fragte Cin ruhig, in der Hoffnung, das er erkannt hatte, worauf der Padawan hinauslaufen wollte.

„Ich - nun ja, bei Meister Windu trifft das auch zu”, stammelte Samuel, zupfte an seinem Ärmelsaum herum, bevor der die Arme verschränkte.
„Weil er Vaapad erlernt hat”, sagte Meister Illin und neigte nachdenklich den Kopf. “Der schwierigste aller Lichtschwertkampfstile. Ein Meister dieses Stil nutzt seine Gefühle und ist in der Lage, Teile der dunklen Seite für sich zu nutzen, ohne sich von ihr einnehmen zu lassen.”

„Wer weiß - vielleicht bedeutet das nur, dass Bridger in der Lage wäre, diesen Stil zu meistern?”, schloss Cin und lächelte leicht - er glaubte seinen eigenen Worten nicht, wusste er doch, dass Meister Windu diesen Stil niemandem lehren würde, dem er nicht vertraute. Und er selbst hatte ihn schon seit Jahren niemandem mehr beigebracht.
„Bridger mag durch seine spätere Ausbildung anfälliger für die Dunkelheit sein, dennoch, Padawan Jaec - man sollte nicht zu viel in simple Farbgebungen hineininterpretieren. Nur die Farbe eines Kyberkristalls bestimmt nicht den Charakter einer Person und schon gar nicht dessen Handlungen.”

„Ja - ich weiß”, murmelte der Jüngere schließlich, löste die verschränkten Arme wieder.

„Ich werde mit Bridger noch einmal reden. Du solltest dich ausruhen, Padawan. Ich bin sicher, du hattest nicht viel Zeit, schlafen zu gehen”, sagte Cin, nickte Meister Illin und seinem Padawan zu, bevor er sich von ihnen abwandte. Er wollte sichergehen, dass Ezra es schaffte, sein Gleichgewicht zurückzuerhalten - und vielleicht schaffte Cin es sogar, dass sich der Junge ihm gegenüber noch weiter öffnete.

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