XII - Die Welt zwischen den Welten

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Die Macht sang durch den Kyber des Planeten, ein Lied das einen Orkan formte, mit dem Riss als sein Auge.

Seine Gedanken waren schon längst verklungen, als er ihre Bedeutung begreifen konnte. Wie sollte er ein Portal verschließen, dessen Schlüssel nicht zu sehen war?

Der Tempel auf Lothal hatte ein Bildnis gezeigt, Götter der Macht, die den Schlüssel markierten – doch hier konnte Ezra weder die Tochter, noch den Sohn erkennen, nicht einmal einen Hinweis – bloß blankes Nichts und ein Riss in der Macht.

Ezra atmete tief ein und aus. Suchend bewegte er seine Finger, die bisher auf der unsichtbaren Machtmauer geruht hatten, strich an dieser entlang, bis seine Fingerkuppen über den Riss fuhren – ein Stromschlag durchzog seine Nerven, seine Hand wurde schlagartig taub. Zischend zog Ezra die Hand zurück, ballte sie zur Faust, bis die Muskeln brannten, sich seine Fingernägel in die Handfläche bohrten.

Er umklammerte das kalte Handgelenk, starrte auf den Spiegel unter seinen Füßen – der Spalt, den er darin sehen konnte, pulsierte, schwarze Nebelschwanden sickerten heraus, verpufften in seiner Nähe zu silbernen Funken. Seine Hand schien verrußt – ein schwarzer Fleck inmitten der grauen Wirbel seiner Gestalt, der nur langsam wieder verblasste, genau wie die Taubheit in seinen Fingern.

Wenn es die Macht war, die er durch den Spiegel sah – wenn auch nur in einer Form, die er begreifen konnte – dann war dieser Riss Teil der Dunkelheit. Und auch durch genau diese ausgelöst.

„Auf Lothal hab ich das Tor mit der hellen Seite geöffnet. Was passiert, wenn ich es mit der Dunkelheit öffne?“, fragte er leise, lenkte seinen Blick vom Spiegel weg, wieder auf die Mauer vor ihm.

Sieh hin, Ezra, antwortete die Macht mit Kanans Stimme. Ein Windstoß stieß gegen seinen Rücken, näher zur Wand hin.

Erneut berührte Ezra den Spalt, biss sich auf die Lippe, um das kalte Brennen auszublenden. Er rief sich das warme Gefühl in Erinnerung, das er gehabt hatte, wenn er bei seiner Familie war. Wenn er zusammen mit Zeb versuchte, Chopper zu fangen. Die Flugstunden mit Hera. Das Training mit Kanan. Die Gespräche mit Sabine.

Der Bruch in der Macht wurde sichtbar, das Schwarz darin flammte in silbernen Flammen auf, die sich wie Blitzstrahlen ausbreiteten, Muster in die Luft zeichneten, Kreise und Linien, Symbole und Buchstaben in einer ihm unbekannten Sprache, die sich Kreisförmig abzeichneten, ein Tor bildeten, das silbern leuchtete, wie ein kleiner Stern.

Erneut drängte die Macht gegen seinen Rücken, schubste ihn näher zu dem nun offenen Eingang – Ezra atmete noch einmal tief ein, während die Taubheit verblasste, die bis zu seiner Schulter hochgekrochen war, und ging einen Schritt vor. 

Es fühlte sich an, als würde er die Oberfläche von Eiswasser durchbrechen - es kribbelte unangenehm unter der Haut, ihm wurde die Luft aus den Lungen gepresst. Abgrundtiefe Dunkelheit umhüllte ihn, als das silberne Licht verblasste, er hörte Stimmen, die Worte flüsterten, die er nicht verstehen konnte.

Erst als die Luft in seine Lungen zurückkehrte, erlaubte er sich die Augen zu öffnen, die er unbewusst geschlossen hatte.
Abermillionen funkelnde Sterne empfangen ihn, leuchtende Linien, Pfade, die in alle Richtungen führten und sich in der Tiefe verloren, strahlende Kreise, die die Tore in andere Welten und Zeiten führten. Es war die Galaxie, alle Galaxien, gleichzeitig an einem Ort, und dennoch weit voneinander entfernt.

Es sah genauso aus, wie er es in Erinnerung hatte, und gleichzeitig völlig anders. Die Lichter wirkten bunter, heller, vielfältiger. Die Bilder in den Sternen hatten andere Formen, zeigten Wesen, deren Gestalt er weder kannte, noch beschreiben konnte.
Die Luft, wenn es Luft war, kribbelte auf seiner Haut, zog sich durch seine Venen, als würde die Macht durch ihn hindurch pulsieren.
Ezra drehte sich um - Ilums Portal trug dieselben unbekannten Symbole wie auf der anderen Seite, selbst der Riss quer über dem Tor war zu sehen, silbrig strahlend diesmal, als würden Sterne dahinter leuchten. 

Guardian - A Star Wars StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt