VII - Narben der Vergangenheit

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Von den Klonkriegen bekam Ezra in den nächsten Wochen so gut wie nichts mit. Wenn die Flotte im Orbit Coruscants nicht wäre oder das ständige kommen und gehen der Jedi, wenn sie an die Front zogen oder bei Verhandlungen helfen sollten, die allesamt keine Früchte trugen, würde der Krieg an Ezra völlig unbemerkt vorüberziehen.

Alles was in den Hallen des Jedi-Tempels zu spüren war, war diese allgemeine Unruhe, die in der Luft lag, wie ein schweres Gewitter am Horizont.

Der Jedi-Meister Cin Drallig schien es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, Ezra bis in alle Ewigkeit zu quälen – mit stundenlangem Stillsitzen (wirklich stundenlang – mehrmals am Tag – und morgens vor dem Frühstück), mit langweiligen versteiften Regeln und Sitten des Ordens, die er ihm erklärte, und mit der stumpfen Langeweile eines einheitlichen Tagesablaufs, den Ezra kein Stück weit gewohnt war.
Es war der Rebell in ihm, der sich so dagegen wehrte und ihn daran hinderte, sich an den Alltag im Tempel gewöhnen zu können.

Stattdessen wurde er immer wagemutiger – nachts, wenn ihm ein Traum aus dem Schlaf gerissen hatte, trainierte er für sich allein, ohne das Licht einzuschalten. Zwischen den Meditationsstunden, die Ezra manchmal sogar zusammen mit einigen Jünglingsgruppen absolvierte, schlich er durch die Gänge, und stahl sich in die großen Archivräume, die Anakin ihm einmal gezeigt hatte. Er brachte sich sogar dazu, zu lesen, auch wenn das genau wie das Zählen nie wirklich zu seinen Stärken zählte.

Anfangs hatte er nach nichts bestimmten gesucht – doch mittlerweile versuchte er, an mehr Wissen über die Tempel heranzukommen – die Tempel der Macht, wie der auf Lothal. Wenn er mehr darüber wusste, konnte er vielleicht schneller herausfinden, was seine Aufgabe war, ohne noch länger zu hoffen, dass Kanans Machtgeist ihm wieder erscheinen würde – dahingehend tat sich bei seinen Mediationen nämlich gar nichts. Er war genauso unwissend wie vor vier Wochen.

Er fand nicht viel – einige Standorte, Bilder und alte Geschichten, die ihm nichts sagten, doch nicht wirklich etwas, was sich auf den Aspekt von Zeit beziehen könnte – vielleicht gab es dieses Wissen im Jedi-Orden, doch wenn, dann nicht für ihn zugänglich. Es war immer eine der Tempelwachen in der Nähe, wenn Ezra sich in den Archiven umsah – er versuchte nicht, sich vor den Wächtern zu verstecken, wusste er doch, dass dies ihr anhaltendes Misstrauen nicht lindern würde.

Anakin Skywalker war in den letzten Wochen nur einmal im Tempel gewesen, bevor er vom Orden wieder auf die nächste Mission geschickt wurde – diesmal an der Front und nicht in den Senat. Generell schienen in den Tagen die Gänge im Tempel immer leerer zu werden.
Immer mehr Jedi-Ritter und Meister zogen in den Krieg.

Cin Drallig hatte ihm erzählt, dass der Rat nicht mehr so häufig zusammenkommen konnte und wenn, dann nicht vollständig. Er hatte ihm auch erzählt, dass die Diskussion des Rates über Ezras Verbleib nicht weitergeführt werden konnte.

Ezra war bereits fast zwei Monate in dieser Zeit, als ihn der Jedi-Meister schließlich informierte, dass alle näheren Informationen über die Tempel in den Holocron-Kammern aufbewahrt wurden, die nicht für ihn zugänglich waren. Er hatte ihn auch gefragt, weshalb sich Ezra so dafür interessierte – der Achtzehnjährige hatte geahnt, dass diese Frage irgendwann aufkommen würde. Er hatte also genügend Zeit gehabt, sich eine Antwort darauf zurechtzulegen – die Wahrheit. Zumindest halb – er hatte einfach nur erwidert, dass er auf seinem Heimatplaneten einmal einige Höhlen betreten hatte, die zu einem Tempel gehören könnten.

Er hatte die Malereien an den Wänden erwähnt, die auf die drei Figuren hindeuteten, die Sabine damals als Götter der Macht bezeichnet hatte. So hatte Ezra sie allerdings dem Jedi gegenüber nicht genannt – er hatte es dabei belassen, die Figuren zu beschreiben.
Drallig hatte nichts darauf erwidert – einzig an seinem verschlossenen Gesichtsausdruck hatte Ezra erkennen können, dass die Figuren dem Meister bekannt waren. Es minderte Ezras Neugier kein bisschen.

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