-Kapitel 15-

1.9K 37 0
                                    

Mein Wecker reißt mich aus meinem viel zu kurzen Schlaf.
Ja, ich habe meinen Wecker gestern nicht ausgemacht und ja, auf die Uhr hab ich gestern auch nicht mehr geschaut. Ich wollte einfach nicht mehr wissen, wie früh es war, als das linke Ohr und das Kissen sich gefunden haben.
Müde krabble ich aus dem Bett, nachdem ich fünf Mal auf ‚snooze' gedrückt habe.
Mein träger Körper macht einfach, dass was er will, und mein Kopf folgt diesem. Zuerst Badezimmer und dann Kaffee.
Nach dem dritten Schluck der schwarzen Brühe fühle ich mich in der Lage ein Brot zuschmieren. Vorher war die Angst um meine Finger zu groß.
Bis es an der Tür klingelt. Immer noch mit leicht schleppender Kopf-Körper-Koordination schleiche ich zur Tür.
In dieser steht ein wutentbrannter, tätowierter 81er.
„Bist du dumm?" mit zusammengekniffenen Augen Blick ich in seine. „Was ist dein Problem?" blaff ich zurück.
„Was mein Problem ist?" frag er rhetorisch und mit einem leicht schwachsinnigen Unterton.
„Mein Problem ist ganz einfach. Ich komme gerade ins ‚Junior' und sehe, dass wirklich alles und ich meine Ausnahmslos alles, eingeräumt ist. Nicht einmal leere Kartons stehen da noch. Warum hast du das gemacht?! Ich habe dir gestern gesagt wir machen das morgen." meckert er los. Doch was sein Problem ist verstehe ich immer noch nicht. Anscheinend merkt er es und redet weiter. „Man Marten schneidet meine Eier ab und hängt die irgendwo auf. Er hat gesagt du trägst keine Kisten und du machst es trotzdem. Ich sage dir: Wir räumen die Scheisse morgen ein und jetzt ist morgen und es ist alles eingeräumt. Mmmh wann bist du ins Bett? Sicher nicht gestern, sondern heute." zum Ende hin wird er ruhiger und sein Tonfall ist nicht mehr so aufgebracht und wütend.
So langsam ergibt alles einen Sinn. „Marten hat dich auf mich angesetzt." stell ich ungläubig fest. Mein Gegenüber verdreht nur die Augen „Ja, natürlich hat er das gemacht. Du bist ihm Scheisse wichtig. Er meinte du seist schlau, aber wenn du es erst jetzt gecheckt hast..." er lässt das Ende mit einer Wirkung offen und das weiß er.
Das Marten sowas macht war mir klar, nur ich wollte es nicht wahrhaben. Ich bin schließlich kein Baby, um das er sich kümmern muss.
Seufzend verdrehe ich die Augen und lasse meinen Kopf sinken. „Was willst du jetzt hier Tomasz?" übergehe ich einfach alles.
„Ich soll dir helfen, aber die Hilfe brauchst du nicht mehr. Da unten stehen zwanzig Männer, die auf dich warten und dich unterstützen wollen, aber nein Nia macht wieder alles das was sie will." hält er mir eine Predigt.
Im Grunde hat er recht. Ich habe, dass gemacht was ich will, nur habe ich keine Anweisung von Marten bekommen, was ich nicht das und was ich darf.
Mir tut es schon verdammt leid, dass alle nur wegen mir hier sind. Okay, also eigentlich wegen Marten, aber er hat sie nur zu meiner Hilfe geschickt.
Geschlagen hebe ich meine Arme und seufze theatralisch. „Na gut. Ich habe gestern nicht mehr geschafft zu putzen..." erklingt meine Stimme. Der Riese vor mir schüttelt ungläubig den Kopf und nickt. Ohne etwas zusagen steht er sich um und geht wieder.
Natürlich war es eine unaufgeforderte Aufforderung ihm zu folgen.
Immer noch müde schnappe ich mir meinen Schlüssel und trotte ihm wie ein verlorengegangener Hund hinterher.
An der Bar sitzen wirklich zwanzig Männer in Kutten und alle haben diesen mürrischen Gesichtsausdruck. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Jungs einen internen Wettkampf am laufen haben....
Ein entschuldigender Blick ziert mein Gesicht.
Und da kam mir die Idee, was wir gestern Abend gemacht haben.
„Wer will alles eine heiße Schokolade?" und auf einmal ist es stiller als zuvor. Die Stimmung wirkt angespannt und man könnte eine Stecknadel auftrumpfen hören.
Plötzlich räuspert sich Nasty und alle Köpfe drehen sich blitzschnell zu ihm. „Dicka, als ob. Bist du komplett bescheuert?!" seine Stimme schneidet die Stille. Nastys Gesichtsausdruck ist einschüchternd und kalt. Bis er auf einmal ein Grinsen in seinem Gesicht aufblitzt. „Wir wollen eine mit diesen kleinen bunten Marshmallows und Streuseln." alle fangen zustimmend an zu lachen und ich mache mich an die Arbeit für alle das dunkle Getränk zu machen.
Friedlich, lachend und quatschend sitzen, wir vier Stunden später immer noch an der Bar. Mittlerweile ist jeder schon bei seiner dritten heißen Schokolade oder einem Kaffee. Ausgelassen reden wir und lerne die Jungs kennen. Sie erklären mir geduldig wie Marten sich das mit der Sicherheit vorgestellt hat. So erfahre ich auch, dass wir in jeder Toilette, an der Bar, im Restaurant und im Büro Notfall-Knöpfe haben werden. Dies soll auch den Girls, dann beim Einlass, gesagt werden. Die Idee finde ich mega gut und blühe direkt auf. Aber das sind nicht die einzigen Themen, wir unterhalten uns gefühlt über alles, nur nicht über den Club.
Fragen stelle ich keine, das Recht dazu habe ich nicht.
„Nia, wenn dich mal wer dumm anquatschst, dann musst du nur die 81ziger erwähnen und die lassen dich in Ruhe. Jeder weiß, dass man sich nicht mit uns anlegt." sagt Adam mit einer liebevollen Strenge. Ich nicke und wir quatschen weiter. Niemals hätte ich auch nur geahnt, dass die Jungs solche tratsch Tanten sind.
Die Woche lief ansonsten reibungslos und bin froh darüber, dass soweit alles fertig ist.
Jetzt stehe ich hier, die Sonne ist schon vor Stunden untergegangen, in meinem neuen Büro.
Das Büro ist komplett modern eingeräumt und auf dem technisch neusten Stand. Um es mal so zu sagen, er hat verdammt viel Geld im Apple-Store am Jungfernstieg gelassen. Wir haben beide einen Computer mit zwei Bildschirmen, dazu hat er darauf bestanden mir noch ein MacBook Pro zu kaufen, denn es kann passieren, dass wir mal außerhalb des Büros arbeiten müssen. Daran glaube ich eher nicht, aber ich darf ihn auch privat nutzen und wenn er meint, dann soll er meinen.
Also um genau Zusein hat er dies alles Tomasz gesagt und wir haben die Sachen geholt.
Wann Marten kommt weiß ich immer noch nicht.
Dann haben wir für die Bar und den Service, jeweils zwei iPad Pro's geholt und für das Büro auch noch einmal zwei. Er hat etwas übertrieben, aber seine Worte waren "Es muss alles funktionieren und lieber doppelt, als alles geht nicht und wir haben keine Ausweichmöglichkeiten." eigentlich hat er ja schon recht und wenn er das Geld dafür hat, soll er machen.
Die Möbel im Büro sind alle anthrazitfarben und es ist ein mega geiler Kontrast zu dem Creme und dem altrosa, was sehr zart ist. Im ersten Augenblick dachte ich es passt vielleicht nicht, aber es passt perfekt mit der großen Fensterfront. Unsere Schreibtische sind beide Höhenverstellbar und stehen sich gegenüber.
Ich staune nicht schlecht. Es sieht soooo gut aus. Vor allem, nachdem ich in der letzten Nacht oder besser gesagt: heute Morgen, die letzten Sachen eingeräumt habe.
Mein Blick ist verträumt nach draußen gerichtet. In meinen Gedanken vertieft, wie ich wo was einräume, merke ich erst, dass jemand den Raum betreten hat, als sich Hände um meine Hüften schlingen. Ohne mich umzudrehen, weiß ich wer hinter mir steht. Der einzigartige Duft von ihm gepaart mit Weed, Zigaretten und seinem Parfüm werde ich immer erkennen. Und sind wir mal ehrlich: kein anderer würde sich trauen mich so anzufassen.
"Du siehst heiß aus.", raunt er in mein Ohr. Einen kurzen Moment schaue ich an mir runter. Meine Füße stecken in weißen Sneaker, dazu habe ich eine schwarze, enganliegende Jogginghose und einen weißen Loyal-Hoddie kombiniert, den Max mir vor einigen Wochen mitgebracht hat. Es ist einer der ersten Hoodies gewesen.
Deswegen glaube ich nicht, dass ich 'heiß' aussehe, weswegen ich seinen Kommentar auch mit einem Augenverdrehen kommentiere. "Marten... wir müssen reden.." versuche ich den ersten Schritt zu machen, denn so geht es nicht weiter. Schon wieder könnte ich ihm die Sachen vom Leib reißen und mich von Marten verwöhnen lasse...
"Wenn eine Frau das sagt, endet es nie gut." kommt es von ihm trocken. Doch zu meinem Verwundern lässt er mich los. Langsam drehe ich mich zu ihm um. Er hat mich nur losgelassen, aber er steht immer noch dicht vor mir. Meinen Kopf lege ich in meinen Nacken, um in seine Augen blicken zu können.
"Das..." mein Finger zeigt mehrmals zwischen ihm und mir hin und her, "... kann so nicht weiter gehen. Wir arbeiten zusammen und ich schlafe nicht mit jemanden mit dem ich arbeite und schon gar nicht mit meinem Chef." stell ich klar, doch es klingt nicht sehr überzeugend. Mein Gegenüber holt kurz Luft und beginnt dann einen Monolog, der mein Herz zum Schmelzen bringt, doch ändert dieser auch meine Meinung?
Unsere Augen finden keinen Weg aneinander vorbei.

030 oder 040Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt