Kapitel 6

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„Piaaaaaa! Aufstehen!" Tom stupst sie unsanft an. „Piaaaa! Mama hat gesagt, dass wir heute einen Tagesausflug nach Verona machen! Zu Romeo und Julia! Das alte, tote Liebespaar welches du so toll findest. Und Papa möchte auch mitkommen!" Pia dreht sich einmal müde um und brummt nur etwas unverständliches für Tom. Eigentlich freut sich Pia auf Verona, denn schon als kleines Mädchen wollte sie immer mal in die Stadt von dem legendären Liebespaar, aber sie ist einfach zu müde, um aufzustehen. Die Nacht war für sie einfach zu ungewohnt anstrengend, um auch nur ein Auge für ein paar Sekunden aufzumachen. Nach einer Weile geht Tom ins Badezimmer. Zufrieden versucht Pia wieder einzuschlafen. ˋWas für ein komischer Traum das doch... waaaaaar!ˋ Ihre Gedanken werden durch einen eiskalten Wasserschwall, der sich auf ihr Gesicht ausbreitet, unterbrochen und sie schreckt wütend auf. „Man Tom, du Mistkröte! Ich wollte nicht im Bett duschen!" Sie sieht Tom böse an, der unschuldig guckend zwei Wassergläser in der Hand hat und so tut als würde er die Gläser gerade ausgetrunken haben. „Das war ich gar nicht. Unser Zimmer hat wohl ein Leck!" Er schaut nach oben zur Decke und zuckt mit den Achseln. „Na warte, das bekommst du zurück!" Schnell springt Pia auf und rennt dem flüchtenden Tom hinterher. „Du kriegst mich eh nicht!" Kichernd rennt er durch das Hotelzimmer. „Hey! Kinder! Es leben auch noch andere Gäste im Haus. Wir sind nicht alleine hier! Pia, lass deinen Bruder in Ruhe und beeile dich! In 20 Minuten ist Abfahrt!" Empört sieht Pia ihre Mutter an „Immer bist du auf seiner Seite!" und geht dann aber schnell ins Badezimmer.

Auf der Autofahrt ist es wieder einmal sehr ruhig, aber Pia ist froh, dass es ein Familienausflug ist und alle vier Personen der Familie dabei sind. Als sie nachts sich ins Hotelzimmer geschlichen hat, ist ihr Vater immer noch nicht im Zimmer gewesen, aber er muss irgendwann wieder gekommen sein. Sie haben sich für den Urlaub einen italienischen Leihwagen ausgeliehen, der die ganze Zeit auf italienisch navigiert, beziehungsweise versucht das Auto es ist zumindest, denn mit dem Vater als Fahrer hat es keine Chance den richtigen Weg zu zeigen. „Ach verdammter Mist!", flucht der Papa wütend. „Wieso kann dieses dämliche Auto sich nicht auf deutsch stellen?! Ich kann englisch, deutsch und russisch sprechen, aber doch kein italienisch!" „Papa, ich kann doch italienisch und kann dir das übersetzen." meldet sich Pia zu Wort und sie möchte ihm natürlich nur helfen, aber ihr Vater motzt sie genervt voll. „Ach, und wieso sagst du das nicht gleich? Da lässt mich meine Tochter einfach eine halbe Stunde orientierungslos herumfahren. Jetzt sind wir schon fast in Amerika!" Tom kichert. „Nein, Papa! Amerika ist doch ganz woanders." Pia verdreht genervt die Augen und gibt Tom ein Zeichen, dass er lieber ruhig sein soll. Dann widmet sie sich ihrem Vater wieder zu. „Ich habe doch von Anfang an gesagt, dass ich dir helfen kann, aber du wolltest das alleine schaffen. Das ist doch immer das selbe. Es ist nicht meine Schuld, wenn du dir nicht helfen lässt. Also... du musst die nächste Ausfahrt raus und dann auf die gegensätzliche Fahrbahn zurück Richtung Rom. Wir sind einfach nur in die falsche Richtung gefahren." Ihr Vater brummt fluchend, aber blinkt um die Ausfahrt zu nehmen und Pias Wegbeschreibung zu folgen. Pia kann die Gedanken ihres Vaters lesen. Seine Mimik und Haltung sagt aus, dass er jetzt viel lieber bei der Arbeit wäre und sich von seiner Praktikantin Kaffee bringen lassen würde. Für ihren Vater ist ein Urlaub unnötige Zeitverschwendung und alle Urlauber fahren aus Langeweile in den Urlaub. Er könnte ja auch einfach zuhause bleiben und sich dort eine schöne Zeit machen. Naja, wenn Pia sich etwas wünschen würde, dann würde sie auch lieber bei Johann sein. Er hat sich immer noch nicht bei ihr gemeldet. Sie sieht zu ihrer Mutter, die eine Broschüre über Verona liest und sich aus den Streitigkeiten raus hält. Zu oft hat sie sich schon mit ihrem Ehemann gestritten und so langsam verliert sie die Energie um sich weiter zu streiten. Im Gegensatz zu ihrem Mann fährt sie gerne in den Urlaub. Es ist ja schließlich nur einmal im Jahr. Pia seufzt traurig. Ihre Eltern waren einst das absolute Traumpaar. Sie haben zusammen gelacht, sich gegenseitig unterstützt und sich sehr geliebt. Doch mit der Zeit haben sie sich auseinander gelebt. Genauer gesagt war das mit der unglücklichen Geburt von Tom vor acht Jahren. Ursprünglich sollte Pia zwei Geschwister bekommen, doch bei der Geburt ging etwas schief und das zweite Kind starb kurz darauf. Ihre Eltern haben Tom nie gesagt, dass er eigentlich noch eine Schwester bekommen sollte. Es war auch nie seine Schuld, aber wenn sie sich streiten, fällt oft sein Name und es geht immer wieder um seine Geburt. Doch er bekommt mit, dass er ein großer Streitpunkt in der Ehe seiner Eltern ist und er gibt sich oft die Schuld daran. Sehr oft kommt es deswegen vor, dass er nachts zu Pia unter die Decke schlüpft und sie mit ihm über schönere Sachen redet. Solch eine Beziehung ist eigentlich nicht gut für kleine Kinder und vor allem auch nicht für die Eltern gut. Pia sieht nachdenklich zu Tom, der ein Kinderbuch über Fußball liest. „Pia!" Sie wird von ihrem Vater aus ihren Gedanken gerissen. „Wir sind jetzt fast wieder in Rom. Kannst du bitte wieder navigieren? Sonst wird das heute nichts mehr mit Verona und ich möchte nicht umsonst so viel Geld für diese Stadtführung ausgegeben haben.

ZARA - Der Tod liegt auf dem FriedhofWo Geschichten leben. Entdecke jetzt