4. Kapitel

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In der Schule wollte mir der Vorfall von gestern nicht mehr aus dem Kopf gehen. Vielleicht auch gerade weil es die Schule war und weil der Unterricht so langweilig war, dass man sich nicht wirklich konzentrieren konnte. Namjoon saß fröhlich neben mir und lächelte blöd vor sich hin. Jin war eigentlich schon seit einem Jahr aus der Schule raus und studierte Medizin, er wollte aber unbedingt seinen Freund zur Schule bringen. Ein komischer Vogel, passte aber zu Namjoon.

Während mein bester Freund unserem Mathematiklehrer aufmerksam zuhörte, welcher uns wiederholt Stochastik eintrichtern wollte, schweiften meine Gedanken erneut zu dem Jungen. Irgendetwas an ihm war seltsam. Wie viele Menschen würden schon mitten in der Nacht auf einen Baum klettern? Und woher kam diese Wunde? Er hätte sich in der Dunkelheit noch etwas brechen können.

„Yoongi, komm bitte an die Tafel und stelle die Lösung der dreizehnten Aufgabe in einem Baumdiagramm dar." Da hatte es wohl jemand mal wieder auf mich abgesehen. Wie gerne ich jetzt schlafen würde, doch ich rappelte mich auf die Beine und schlenderte langsam nach vorne.

Es war eine Aufgabe über Blut. Es gab eine Frau, welche schwanger war und der Vater hatte sie verlassen. Die Frau war Rhesus negativ und es war ihr zweites Kind mit dem Mann, von welchem man den Rhesusfaktor nicht kannte. Dabei kann es sein, dass das Kind Rhesus positiv ist und die Mutter Antikörper gegen das Blut ihres Kindes entwickelt. Was etwas gefährlich wäre. Wir sollten also die Wahrscheinlichkeit für genau diesen Fall errechnen. Manchmal sind die Aufgaben im Unterricht erschreckend genau geschildert.

Etwas unsicher zeichnete ich das Diagramm an die Tafel und rechnete die Wahrscheinlichkeiten aus. Ein prüfender Blick Richtung Namjoon genügte, dass ich mich sicherer fühlte. Er zeigte mir mit einem Daumen nach oben, dass meine Gedankengänge richtig waren und ich mir keine Sorgen machen musste. Namjoon war echt immer ein Retter in der Not. Zufrieden drehte ich mich weg und ließ meinen Gedanken wieder freien Lauf. Was der Junge wohl gerade machte? Und woher kannte ich die Lösung für die Aufgabe?

Doch jetzt hielt ich stutzend inne. Ich hatte mich eigentlich nie mit Stochastik genauer befasst und hatte eigentlich keine Ahnung, was ich hier an die Tafel geschrieben hatte. Noch einmal sah ich zu meinem besten Freund, doch er hatte sich schon wieder seinem Blatt zugewandt, um die nächsten Aufgaben zu bearbeiten.

Etwas erstaunt stand ich verloren vor der Klasse. Auch der Lehrer schien überrascht über meine neue Fähigkeit. Ich hatte mich eigentlich nie angestrengt, vor allem nicht in Mathe, aber anscheinend schlummerte da ein verborgenes Talent in mir.

Night Love ~Yoonkook~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt